Der Goldkocher
wirksam. Dippel soll fünf verschiedene Sorten davon besitzen. Stell dir vor: fünf!« Pfarrer Porstmann trommelte nervös mit den Fingern auf den Tisch. »Und wir? Wenigstens ein Pulver brauchen wir! Nur eine kleine Probe, um unserer Gemeinde wieder Mut zu geben!«
»Ich habe alle Versuche von Böttger nachgestellt. Immer wieder und ganz sorgsam. Alle Materien hab ich vorher auf ihre Reinheit geprüft, auch das Feuer ganz sorgsam nach Böttgers Anordnungen verwahrt. Irgendwo muss das Geheimnis verborgen liegen.«
»Lips, wir haben aber keine Zeit mehr. Die Herren wollen, dass die Versuche eingestellt werden, wenn du nicht bald eine Probe ablegst.«
»Aber…«
»Ja, ich war auch ohne Worte. Aber bedenke doch: Deine Versuche hier unten verschlingen große Summen! Alle setzen stark aus ihrem Vermögen zu. Jeder hat gegeben, was er konnte. Wenn du nicht endlich eine erfolgreiche Probe ablegst, dann kann selbst ich nichts mehr ausrichten.« Pfarrer Porstmann zog einen Geldsack hervor und legte ihn auf den Tisch. Einen Augenblick hielt er seine Hand darauf, dann nickte er. »Wir müssen Zeit gewinnen. Mach unserer Gemeinde Mut und gib uns ein Zeichen. Nur ein kleines. Es braucht keine ganze Kupferstange zu sein. Du wirst es schaffen, ich weiß es und vertraue dir.« Pfarrer Porstmann stand in der Tür. »Diesmal werden auch alle Stillschweigen darüber bewahren. Nur der engste Kreis unserer Gemeinde wird anwesend sein. Es wird nichts nach draußen dringen.«
Pfarrer Porstmann schloss die Tür hinter sich. Lips nahm den Geldsack und schüttete ihn auf dem Tisch aus. Es waren fünf Münzen von reinem Gold.
41
Am nächsten Morgen wurde Lips hoch in die Bibliothek gerufen. Der Richter Brandenburg stand mit dem Apotheker und Pfarrer Porstmann vor dem Tisch, auf dem in einer Reihe einige kostbare, reich verzierte Schaugefäße aus Porzellan standen. Lips erkannte die Gefäße sofort wieder: Der Vater hatte sie damals bei dem Einbruch gestohlen.
»Ja, das sind die Gefäße«, sagte der Apotheker und prüfte sie, ob sie unversehrt waren.
»Sie sollten auf dem Schiff nach Hamburg gebracht werden«, sagte der Richter. »Ein Seemann hatte sie unter einer Ladung mit Stoffen verborgen. Wir haben den Seemann mit der Rute examiniert, bis er uns den Hehler in der Rosenstraße verraten hat. Der Wirt vom Güldenen Horn. Ich hatte schon länger ein Auge auf ihn. Wir haben das ganze Haus durchsucht und große Mengen Diebesware gefunden. Sehr viele Pistolen und Gewehre, Messer und Degen. Auch Uniformen, falsche Pässe, Brandbomben, einen dicken Sack mit falschen Talern, dessen Herkunft der Wirt natürlich nicht erklären konnte. Leider hat der Wirt sich selbst im Kerker entleibt, bevor wir ihn gründlich examinieren konnten.«
»Und was hat das alles mit unserem Lips zu tun?«, fragte Pfarrer Porstmann.
»Wir haben auch den Sohn des Wirtes ins Verhör genommen, ein Junge von neun Jahren. Nach einigen Schlägen gestand er, dass er etwas gelauscht hatte. Es wären an einem späten Abend zwei Männer gekommen, die in der Kochemer Sprache gesprochen haben, sodass er nichts verstanden hat. Er hätte aber deutlich den Namen ›Lips‹ gehört.«
Lips zuckte zusammen, als er seinen Namen hörte. Der Richter sah ihn kühl an, und dem Apotheker blieb für einen Augenblick der Mund offen. Lips wusste nicht, was er sagen sollte, und sah hilfesuchend zu Pfarrer Porstmann.
»Nun?«, fragte der Richter. »Kannst du dir einen Reim darauf machen?«
»Nein«, sagte Lips, und er merkte, wie er zu schwitzen anfing. Er zwang sich, ganz ruhig dazustehen und sich nicht mit dem Ärmel die heiße Stirn zu wischen.
»Der Name ist selten!«, sagte Pfarrer Porstmann und machte ein nachdenkliches Gesicht. »Aber ich habe ihn schon einmal gehört.«
»Verstehst du denn die Kochemer Sprache?«, fragte der Apotheker.
»Nur, was alle wissen«, sagte Lips rasch, froh über die abschweifende Frage. »Moos steht für Geld, und noch ein paar Ausdrücke kenne ich. Was man so auf der Gasse mitbekommt.«
Der Richter sah Lips weiter fragend an. »Im Protokoll steht, dass dein Vater ein Schnallenmacher namens Arnold war.«
Lips nickte. Jetzt flog alles auf, dachte er in Panik.
»Antworte bitte laut vernehmlich, wenn ich dich etwas frage.«
Lips räusperte sich. »Sehr wohl, Herr Richter.«
»Und du bist aus Sachsen nach Berlin gekommen?«
»Ja, Herr Richter, mit meiner Mutter. Wir wollten nach Kossin, wo meine Mutter einmal in Stellung gewesen war.«
»Wie
Weitere Kostenlose Bücher