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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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kichern. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sie jetzt alleine weiterschlenderte. Lips wagte sich nicht umzudrehen.
    »Womit bitte kann ich dem Herren dienen?«, fragte ihn der Krämer.
    Lips antwortete nicht und sah auf die Messer.
    »Beste Klingen, der junge Herr!«, sagte der Krämer und hielt ihm ein Messer hin.
    Lips fröstelte. Er wusste Frieder in seinem Rücken; dann spürte er, wie ihn etwas streifte und sich jemand neben ihm vorbeugte. Frieder griff nach dem Messer und strich mit dem Daumen prüfend über die Klinge.
    »Einen Taler, der Herr!«, sagte der Krämer.
    Frieder wog das Messer in der Hand, zog Rotz und legte es zurück. »Komm mit!«, flüsterte er, als er sich wegdrehte.
    Lips überlegte einen Augenblick und sah Frieder nach, dann folgte er ihm in einigem Abstand. Frieder schlenderte hinter der Hure her. Beide schauten noch in einige Auslagen, blieben dann stehen, konnten sich nicht recht entscheiden, dann erstand Frieder nach einigem Hin und Her ein Tuch für sie, und sie gingen vom Markt. Frieder sagte ihr etwas, worauf sie sofort ihren Rock raffte und in Richtung Mühlendamm davoneilte. Lips folgte Frieder um den Markt herum, an der Nikolai-Kirche vorbei, dann die Königsstraße hinunter, über die Lange Brücke am Schloss vorbei bis zur Domkirche und verschwand dort im Tor zum Kirchhof.
    Lips wartete etwas, bis er durch das Tor folgte. Frieder schritt langsam zwischen den Gräbern und beugte sich zu einem Leichenstein, als könne er lesen. Sie waren allein auf dem Kirchhof.
    Lips trat neben Frieder. »Was willst du?«
    Frieder stand andächtig vor dem Leichenstein, als wäre es das Grab eines Verwandten. »Wollte schon nach dir schicken!«, sagte er. »Hast du inzwischen ausbaldowert, wo der Apotheker den Geldsack versteckt hat?«
    »Nein«, sagte Lips. »Wie soll ich das denn rausbekommen? Ich komm doch nicht in die Wohnung. Außerdem…«
    »Ich brauch Bares«, unterbrach Frieder. »Und zwar schnell!«
    »Was ist denn mit…« Lips wollte erst ›Vater‹ sagen. »Was ist denn mit Tullian?«
    »Vergessen kannst du deinen Herrn Vater!«, sagte Frieder wütend. »Gesungen hat der Herr Haupträuber! Immer das Maul groß aufgerissen, aber selbst hat er nicht standgehalten! Verraten hat er uns, der Herr Haupträuber. Er hat alle mit reingezogen, die sie mit ihm im Güldenen Euter erwischt haben!«
    »Nein, das glaub ich nicht! Der Vater verrät doch niemanden!«
    »Ist aber so! Ich konnte grad noch abhauen. Irgend jemand muss uns verraten haben. Der Wirt hat mir später gesagt, dass die gleich nach Tullian gefragt haben. Die wussten, dass er da war. Das war kein Zufall!« Frieder spie auf den Boden, drehte mit dem Stiefel auf dem Flatschen und lachte auf. »Dein Herr Vater hält's jetzt sogar mit dem Popen. Singt und betet jeden Tag im Kerker. Vorher hat er noch getönt: Der größte Bandit war er gewesen! Größer noch als Nickel List! Widerlich!« Frieder schaute von der Seite hinüber zum Tor, durch das ein Totengräber trat, und drehte diesem den Rücken zu. Der Totengräber warf sich eine Schaufel über die Schulter, beachtete sie nicht weiter und ging in eine entfernte Ecke.
    »Hätte ich mir denken sollen, dass da was nicht stimmte! Dein Herr Vater hatte es ja schon vorher mit dem Popen hier.«
    »Wie, mit welchem Popen?«, fragte Lips irritiert.
    »Stell dich nicht dumm!«, sagte Frieder ganz ruhig. »Du bist doch sonst so ein Gescheiter! Du weißt schon, von wem ich spreche.«
    »Nein, welcher Pope denn?«
    »Willst du mich verscheißern!? Dieser Proßmann oder wie der heißt!«
    Lips schrak zusammen, als er den Namen des Pfarrers hörte. »Pfarrer Porstmann?«
    »Proßmann oder Porstmann«, sagte Frieder. »Was weiß ich! Jetzt hör mir gut zu. Ich sag's nur einmal: Ich warte im Schwarzen Adler auf dich. Du gibst mir in den nächsten Tagen Bescheid, wo der Geldsack ist und wann ich am besten ins Haus kann.«
    »Nein, Frieder, da mach ich nicht mit!«, sagte Lips und überlegte fieberhaft, wie er sich herauswinden konnte. Er beobachtete Frieder, der regungslos dastand und auf den Leichenstein schaute. Nur der hervorstehende Halsapfel schlich langsam auf und ab.
    »Du bist ein Kochemer«, sagte Frieder. »Vergiss das nie! Wir Kochemer haben unsere Gesetze und unsere Ehre! Wer dagegen verstößt, der…«
    »Pah!« Lips lachte auf und hatte eine Idee. »Von wegen Ehre! Ihr habt euch doch an meinem Mädchen vergangen! Und du redest da von Ehre! Nein, nichts hab ich mehr mit euch zu tun. Gar

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