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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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und schaute nach den Gaffern, die noch immer vor der Apotheke standen, da sah er, wie Pfarrer Porstmann mit Richter Brandenburg von der Nikolai-Kirche her auf die Apotheke zukam. Ein Gaffer musste etwas von dem Gespräch mitbekommen haben, denn er zeigte auf das Fenster, und die Gaffer sahen zu ihm hinüber. Lips schloss rasch das Fenster, verhängte es mit einem Tuch und erbrach das Siegel.
    Mein Son!
    Was führ ein Son bist du!!! Warum schikst du kain Gelt!! Der Volterer hat mir die Schrauben angelegt und mich mit meinem Brächeisen ganz zerhaun. Ich brauch neu Obiumpillen. Wenn du den Geldsak vom Aboteker nicht findest, dan sag dem Pfaff, er soll dir Geldgebn, sonst erzehl ich über den Kunkel. Der Pfaff hat mich auf den Kunkel angesezt, dann ist der Pfafff auch dran. Aber sey vorsichtik. Es darrf nichts rauskommen. Ich darf nix meehr zugeben, sonst stößßt mir der Schaafrichter mit dem Rad die Knochen aufm Richtplaz kaputt, bevor er mir den Kopp runta haut. Ich bete jeden Tag mit dem Pfaff hir, das ich Gnade auf dem Richtplaz krieg und der Schaafricher gleich haut. Der Richttag wird bald angesetzt! Sie wolln dein Vota den Kopf runterschlagen!
    Du musst das blau finden, das ich dem Pfaff geschickt hob. Was er hat habn wollt, dann gibt er dir schon! Habs vorher zu Lesen gegebn. War von dem Böttger. Eine Aufstellung von lauter Ärzen und so.
    Lieba Son. 2.000 Thala, dan komm ich raus! Drunta gets nicht, sonst bringd mich der Schaafrichter um! Der gibt mir auch nix umsonst, damit ich nix merke. Der Hund thut 50 Thala verlangen führs Obium! Morgen komm ich wider auf die Volterbang. Mach zu! Ich warte und vertrau dir!
    Der Vata
    Wie im Taumel saß Lips da. Immer wieder las er die Zeilen. Alles schwirrte durcheinander, die ganzen Verdächtigungen und Ungereimtheiten, die zur Gewissheit wurden, je länger er darüber nachdachte. Gleichzeitig sträubte sich alles in seinem Inneren, und er wusste nicht mehr, was er glauben sollte. Er schlug die Hände vor das Gesicht und rieb die Augen. Eine bessere Welt wollte Pfarrer Porstmann bauen! Eine Insel der Erwählten! Ohne Lügen und Niedertracht! Ein gottgefälliges Leben ganz ohne Sünde! Er bekam wieder das Bild vor Augen, wie Pfarrer Porstmann aus der Nebentür der Nikolai-Kirche trat, und er sah, wie der Pfarrer Anna folgte. Von Unruhe getrieben ging Lips im Laboratorium auf und ab. Je länger er nachdachte, desto gewisser wurde er. Der Pfarrer hatte sich an Anna vergangen, und den Vater hatte er angestiftet, Kunkel zu ermorden! Alles nur wegen Böttgers Materialliste! Lügen und Mord für eine bessere Welt! Und Vertrauen sollte Lips haben! Vertrauen!
    Er hatte dem Pfarrer damals, als er ihm seine Lügen gebeichtet hatte, noch selbst gesagt, dass sich die Banditen im Güldenen Euter in der Dresdner Vorstadt trafen. Dort war der Vater auch verhaftet worden. Wie Richter Brandenburg neulich von Pfarrer Porstmann mitten im Satz unterbrochen worden war, als der von einem Hinweis gesprochen hatte! Alles fügte sich zusammen, es gab keinen Zweifel. Die Drecksarbeit hatte der Pfarrer den Vater machen lassen und den Apotheker noch am Tag, bevor das Laboratorium von Kunkel abbrannte, zu einem Kredit von tausend Talern ermuntert. Das war dann der Lohn für den Vater gewesen, der inzwischen alles verprasst haben musste! Lips hatte dem Pfarrer vertraut, ihm seine Lügen gestanden! Sogar die falsche Goldprobe hatte er im Vertrauen abgelegt! Und jetzt standen die ersten Gaffer vor dem Haus! Die Hatz auf ihn würde jetzt beginnen! Bald würde der König Soldaten nach ihm schicken.
    Er schrak auf. Über sich hörte er ein Schurren. Stühle wurden gerückt. Wie im Fieber steckte er das Horchrohr zusammen und schob es in den Kamin.
    »Sie hat also gestanden, Bruder?«, hörte Lips die Stimme des Richters.
    »Ja, sie hat einen schweren Fluch auf unser Haus geladen«, sagte Pfarrer Porstmann. »Sie wollte ihre Hexerei nicht gestehen, wir mussten sie scharf examinieren.«
    »Wer hat die Instrumente angelegt?«, fragte der Richter. »Der Scharfrichter Meister Coblenz?«
    »Nein, Bruder«, sagte Pfarrer Porstmann. »Es soll alles streng im Geheimen bleiben, und unser Vorgehen muss von gutem Effekt sein. Ein Kochemer-Bandit ist uns zu Diensten. Ich bin aus Zufall auf ihn gestoßen. Er bewacht die Hexe oben in der Kammer vom Heinrich. Die Kammer liegt abseits, sodass niemand etwas mitbekommt. Jetzt brauchen wir den Kochemer noch, aber ich glaube, er spekuliert auf das Geld im Haus. Beizeiten

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