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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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gerade der Hausknecht mitkriegt! Der hat mich auf der Pike. Oder bist du etwa ein Hasenfuß?«
    »Nein, aber die anderen auf meiner Stube, die kriegen das doch mit.«
    »Quatsch! Du sagst denen, dass du zu den Huren gehst.«
    »Ich? Ehm… Nein, außerdem hab ich doch gar kein Geld.«
    »Dann sagst du, dass du mit mir gehst. Da fragt dann keiner mehr nach. Hör mal, alleine schaff ich es nicht mit der Goldsuppe!«
    »Nein, außerdem wird der Herr Apotheker mich rauswerfen, wenn…«
    Böttger zog ein schmales Buch unter der Schürze hervor. Er strich über den braunen Ledereinband, in den goldene Buchstaben gepresst waren, und hielt es hoch. »Hier, ich glaub, ich hab den Stein der Weisen gefunden!«
    Lips musste schlucken und sah ungläubig auf das Buch.
    »Ja!«, sagte Böttger und stellte sich in die Tür, sodass er sehen konnte, wenn der Apotheker den Flur entlangkam und blätterte in dem Buch. »Jetzt stoß schon weiter, sonst denkt der Zorn, dass wir eingeschlafen sind. Ich hol dich dann in der Nacht ab.«
    Abends lag Lips lange im Dunkeln und hörte den beiden Stubennachbarn zu, die sich über das Krüppelkind des Apothekers ausließen, welches im verzehrenden Fieber läge. Der Apotheker habe selbst einen Sud gekocht. Der Krüppel habe das Zeug aber nicht trinken wollen, und die Anna hätte ein paarmal Zucker nachgegeben. Der habe sich weiter gesträubt und das Maul nicht aufgemacht, bis sie ihm den Sud durch einen Trichter reingeschüttet haben.
    »Die Anna fackelt nicht lange!«, sagte Bohne und lachte. »Der reicht's, hat sie gesagt. So hat die sich das nicht vorgestellt!«
    Dann kehrte Ruhe ein, und Lips überlegte, ob er wirklich mit Böttger ins Laboratorium schleichen sollte. Ein Hasenfuß war er nicht, sagte er sich trotzig, aber wenn sie erwischt wurden? Er dachte an die Bücher, die im Laboratorium waren, und das Schriftzeug, das achtlos herumlag. Den Stein der Weisen hätte Böttger gefunden! Nein, er konnte nicht anders. Er musste mitgehen!
    Etwas später hörte Lips den regelmäßigen Atem der Burschen. Er zog sich wieder die Hose an, stellte sich ans Fenster und sah hinüber zum Haupthaus. Oben bei Pfarrer Porstmann flackerte noch ein Licht, auch in der Kinderstube. Einmal meinte er den Schatten von Anna zu sehen, der gebrochen über die Decke huschte. Wenn er den Stein der Weisen finden würde, dann würde er Anna das schönste Kleid nähen lassen! Plötzlich hörte er, wie hinter ihm die Tür aufging. Böttger hielt in der einen Hand seine Stiefel, in der anderen ein Talglicht. »Wir können nicht über den Hof«, flüsterte Böttger. »Fetzer ist los. Wir müssen über den Dachboden.«
    Auf Zehenspitzen stiegen sie im Gesindehaus die Treppe hoch. Böttger zog ein Schlüsselbund hervor und öffnete die Tür zum Dachboden. Der verwirrende Geruch von vielen verschiedenen Kräutern umnebelte Lips. Im Flackerlicht sah er, dass der Dachboden mit Bretterverschlägen abgeteilt war. Überall standen Körbe, Kisten und Säcke herum. Tücher waren ausgebreitet, auf denen Pflanzen trockneten. Lips folgte um einige Ecken herum.
    »Halt mal das Licht.« Böttger blieb vor einem Schrank stehen, fasste ihn mit beiden Händen und hob ihn herum. Ein Loch war dahinter in die Wand geschlagen, welches das Gesindehaus vom Haupthaus abteilte. Böttger zog ein paar Bretter hervor. »Komm schon!« Lips kroch hinter Böttger her. Auf der anderen Seite der Wand stand ebenfalls ein Schrank, durch den sie ausstiegen. Sie standen in einer kleinen Kammer, in der es süßlich-scharf nach verfaulenden Kadavern roch. Lips hörte ein Röcheln und hielt den Atem ganz flach. Der Lichtschein fiel auf ein Lager, worauf der dumme Heinrich schlief. Auf seiner Brust lag eine regungslose Ratte.
    »Diese Sau!«, schimpfte Böttger leise. »Widerlich mit dem! Brauchst aber keine Angst zu haben, der schläft. Hab ihm was verpasst.«
    »Was denn?«
    »Du willst auch immer alles wissen, was?« Böttger öffnete die Tür und hörte ins Haus, dann winkte er. »Leise jetzt!« Sie schlichen eine Treppe hinunter. Auf jeder Etage blieb Böttger stehen und horchte einen Augenblick, dann schlichen sie weiter, bis sie schließlich unten im Laboratorium waren. Rasch verhängte Böttger das Fenster zur Straße und ermahnte Lips, leise zu arbeiten. Unter seinem Hemd zog er ein paar gefaltete Blätter hervor, in denen er Chemikalien verborgen hatte. Lips musste zuerst den Ofen anfeuern, dann ließ Böttger ihn eine dünne Kupferplatte in kleine Stücke

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