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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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Recht. Dann ging ich nach Britannien, weil ich hörte, der König will neue Universitäten gründen. Aber die Zeiten sind schlecht!« Cornelius seufzte bedauernd.
    Gwyn erzählte von seiner Lehrzeit in London, wobei er das tragische Ende des Fallen verschwieg. Die beiden Reisenden verstanden sich bald prächtig und plauderten angeregt. Cornelius erstaunte das enorme Wissen des jungen Fabers und seine klugen gewandten Worte. Der wiederum hörte den klaren Erzählungen des Meisters zu. So vergingen die nächsten Stunden wie im Flug.
    Gwyns Hoffnung, bald auf einen breiteren Pfad zu treffen, erfüllte sich jedoch nicht. Der Wald wurde immer dichter, und das Gehen begann allmählich, beschwerlich zu werden. Aber nach dem Stand der Sonne schien die ungefähre Richtung noch zu stimmen.
    An einem kleinen Bachlauf hielten sie an.
    Cornelius erklärte, dass er Hunger habe. Auch Gwyn hatte seit seinem Aufbruch in den nebeligen Morgenstunden nichts mehr gegessen. Er hatte noch etwas Brot und ein Stück harten Käse. Das sollte reichen, bis er wieder auf eine Schenke traf. Seit einer Weile drückte ihn auch seine Blase. So verschwand er im Gebüsch. Nach ein paar Schritten lehnte er seinen Bogen an einen Baum. Ringsum entdeckte er frisch gegrabene Löcher in dem sandigen Uferboden. Kaninchen!
    Der ganze sandige Uferhang war wohl mit Gängen durchzogen. Gwyn beschloss, eine Schlinge zu knüpfen. Ein gebratenes Wildkaninchen wäre was anderes als altes Brot und ein Stück Käse. Dieses Art zu jagen war wohl nicht erlaubt, aber bereits als Kind war dies für Gwyn, seinen Bruder und die Mutter oftmals die einzige Möglichkeit gewesen, nicht zu verhungern.Voller Vorfreude auf ein üppigeres Mittagsmahl, pisste er mit wohliger Erleichterung an einen Baum.
    Da hörte er die Stimmen …
    Erst konnte er nur schwer verstehen, aber einige Worte kamen ihm bekannt vor. Er erinnerte sich an den schwerfälligen Tonfall mancher Fuhrknechte, die aus dem nördlichen Teil Schottlands kamen. Jene Männer sprachen das Britische so hart und kehlig, wie er es jetzt aus dem dichten Grün hinter sich hörte. Aber diese Stimmen hier klangen zudem laut, bedrohlich, gefährlich. Vorsichtig schlich Gwyn näher. Er ließ sich auf den Boden gleiten und kroch dort bis zu der Stelle, wo er sein Bündel und seinen Bogen zurückgelassen hatte.
    Es waren vier Männer. Übel aussehende, zerlumpte Gestalten. Einer war sehr klein, wohl wie ein Zwerg gewachsen, kaum größer als ein Kind. Der kauerte auf dem Boden und kramte in Cornelius’ Reisesack. Ein anderer, ein grobschlächtiger, nur in Lumpen gehüllter Mann, hielt den Gelehrten mit einem langen Knüppel in Schach. Zwei weitere Burschen hielten ebenfalls dicke Eichenknüppel in den Händen. Dem Grobschlächtigen schien das umständliche Kramen in Cornelius’ Gepäck zu lange zu dauern. Er riss den Sack an sich und leerte ihn auf den Waldboden. Heraus fielen Bücher, Pergamente, zum Teil in ledernen Hüllen, und kleine Kästchen aus Holz und Leder, dazu zwei lange Hemden und eine Leibbinde aus dem Fell einer Katze.
    Gwyn hatte sich hinter einem Baum langsam aufgerichtet. Keiner der Männer bemerkte ihn. Aber jetzt verstand er auch ihre Sprache besser. Ganz sicher waren es Schotten, wahrscheinlich desertierte Kriegsknechte.
    Der Grobschlächtige schien so etwas wie der Anführer der vier Männer zu sein. Als er auf den verstreuten Inhalt sah, wurde er wütend.
    »Bücher! Da folgt man solch feinen Herren, und sie sind nur Bücherfresser!« Er sah Cornelius verächtlich an. Der zwergenhafte der Tagediebe kauerte noch immer auf dem Boden herum, befühlte die Pergamentrollen und blätterte in den Handschriften.
    »Was? Das sind Bücher? Hab noch nie welche gesehn.«
    Er ergriff eines der in Leder gebundenen Pergamentbände und besah sich einige Seiten. Dann hielt er es an die Nase und schnüffelte daran. »Stinkt wie Eberpisse!«, kicherte er. Er legte seinen häßlichen Kopf schief und sah Cornelius an. Plötzlich riss er blitzschnell ein Blatt aus dem Buch heraus und stopfte es sich in den Mund.
    Sogleich fing Cornelius zu jammern an. »Oh nicht, lieber Herr, ich bitt Euch, haltet ein! Eine seltene Ausgabe des Sacramentarium. Ich bitt Euch um Christi willen, lasst mir mein Buch!«
    Die Strolche begannen zu grölen.
    Es war aber auch ein grotesker Anblick, wie Cornelius van Brunschwigg, von einem Bein auf das andere hüpfend, versuchte, dem Burschen am Boden das halb verschluckte Pergament wieder zu entreißen.

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