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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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weichen Händen und starken Lenden.«
    »Ja«, sagte Gwyn, »so dachte ich auch einst. Aber ich täuschte mich.«
    Agnes hatte sich auf einen Schemel gesetzt. Dabei hielt sie sich den Bauch. Sie schloss einen Moment die Augen, während sie weitersprach. »Der Meister war eifernd und misstrauisch wie eine Katze. Hätt er von unserer Buhlschaft erfahren, er hätt uns beide töten lassen. Denn er war stark im Glauben, und dieser ging ihm über alles. Er sagte mir, einen Verrat von mir könnte er nicht dulden, niemals. Dies hieße für ihn, Gott zu verraten. Niemals könne er dies tun. Da waren wir einen Tag erst verehelicht, als er mir dies sagte. Ich weiß es noch wie heute, denn es geschah in diesem Raum.«
    Gwyn atmete tief ein.
    Sie nannte den Verstorbenen nicht bei seinem Namen, sondern nur nach seinem Stand Meister.
    Er antwortete nicht, und so sprach sie weiter. »Als Bath hungerte und du deinen Wachdienst tatest, sprach er immer öfter diese Worte. Da glaubte ich, dass er zumindest etwas ahnte.« Ihr Gesicht war müde und ihre Stimme auf einmal eindringlich und bittend. Nichts mehr von der Schalkhaftigkeit zuvor war zu spüren. »Gwyn, ich musste es tun. Unserer Liebe und unserer Sicherheit wegen. Hätte er uns ertappt, ersäuft oder verbrannt hätte man uns beide. Gwyn, er liebte Gott mehr als mich, mehr als seine Arbeit, mehr als uns alle. Er hätte bestimmt über uns gerichtet. Nie hätte er unsere Liebe geduldet, weil er sie nie verstanden hätte.«
    Jetzt liefen ihr Tränen über die Wangen, und sie beugte sich nieder vor ihm. Sie wollte seine Hände greifen, aber er zog sie hastig zurück und erhob sich. Alles in ihm war durcheinander. Er konnte keinerlei klaren Gedanken mehr fassen.
    »Schweig, Agnes, schweig. Bitte …«
    Er schritt langsam durch das Schlafgemach und öffnete die Türe. Kühle Luft wehte ihm entgegen, und für einen Augenblick glaubte er den Geruch des Beinhauses, den Geruch nach Wein zu riechen, so wie er ihn noch in Erinnerung hatte, als die beiden Mönche den Leichnam des Toten wuschen und vorbereiteten für die Beisetzung.
    »Er hätte uns vernichtet, Gwyn, uns beide, dich und mich!«
    Gwyn wandte sich nicht um, sondern eilte den finsteren Gang hinunter, der in die große Halle führte.
    Und er hörte noch ihre Stimme, wie sie ihm laut nachrief.
    »Gwyn, bleib, in Christi Namen, so bleib doch hier!«
    Er lief nicht zurück in die Werkstatt, wo das Schlagen der Hämmer anzeigte, dass die Männer mit ihrer Arbeit wieder fortfuhren. Er lief die Treppe hinunter und stürzte hinaus auf die dunklen Straßen von Bath.
    Dort roch die Luft nach Kalk und Torf, nach frisch geschlagenem Holz und nassem Lehm. Überall in Bath wurde gebaut und repariert. Von weit her kamen Baumeister und Steinmetze, Tischler und Zimmerleute, Schmiede und vor allem große Scharen an Knechten. Sie fanden alle Arbeit, und damit hatte der unselige Krieg um Bath wenigstens einigen etwas Auskommen verschafft. Dieser Ruf nach Arbeitskräften würde wahrscheinlich erst wieder in zwei bis drei Jahren weniger werden, aber im Moment kamen Tagelöhner und Knechte sogar aus dem Süden von Britannien.
    Leise wanderte Gwyn durch die Gassen, immer gewahr, nicht über einen Haufen Gerät und Baugestein zu stolpern. Bis in die späte Nacht hinein wurde gearbeitet, und beim ersten Sonnenstrahl waren die Handwerker schon wieder auf ihren Baugerüsten zugange.
    Gwyns Gedanken waren bei Agnes. Was sie ihm da anvertraut hatte, war ungeheuer gewesen. Er spürte alleine bei den Worten sein Herz schlagen, und es war ihm ein unwohles Gefühl, das sich ihm durch den Leib zog wie ein schweres Magengrimmen. Er liebte seine Frau, und nach dem tragischen Ende des Borden war ihm die Trauer leichter gefallen, als Agnes beschlossen hatte, ihn zu ehelichen. Er war glücklich gewesen. Dies noch viel mehr, als er sich an den Gedanken gewöhnt hatte, das Kind, welches in ihrem Leib heranwuchs, war sein, ihr eigenes. Sollte er da nicht glücklich sein? Der gefeierte und geehrte Sprecher von Bath, jüngster Goldschmiedemeister in Britannien, wohlhabend und verehelicht mit einer auffallend schönen und klugen Frau. Aber jetzt?
    »Straft Ihr mich, Herr«, fragte er halblaut, »so deutet mir, warum?« Und da er keine Antwort erwarten konnte, schritt er weiter. »Dann straft mich, aber ich gestehe Euch Buße. Ich will Buße tun, denn ich habe gesündigt …«
    Unmerklich war es kälter geworden. Die milden Frühlingsabende lagen noch fern. Gwyn ging

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