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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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angesichts der Farce, die da vonstattenging.
    Der Lord wandte sich nun an Jack, den Schweinehirten. »Du hast etwas an dich genommen, was dir nicht gehört. Das ist Diebstahl. Dafür sollte ich dir die Hand abhacken lassen. Das Diebesgut aber ist noch da. Ich lass dir die Hand, und dafür erhältst du 20 Hiebe mit der Neunschwänzigen. Damit ist allen Gerechtigkeit getan. Die Hiebe sollen dir gleich morgen in der Früh nach der Messe passieren.«
    Zuerst sah Jack ungläubig drein, dann begann er zu jammern. »Herr … verzeiht, Eure Lordschaft!«
    »Hör auf mit der Jammerei!«, befahl der Lord.
    »Ich … nicht die Neunschwänzige, ich bitt Euch sehr!«, bettelte der Schweinehirt.
    »Raus mit dem Kerl!«, befahl der Burgherr ungehalten, und jeder konnte sehen, wie sehr ihn das Ganze nicht mehr interessierte.
    Zwei Knechte schleppten den flehenden Mann hinaus, bis seine Stimme nicht mehr zu hören war.
    Gwyn fröstelte bei dieser Entscheidung. Er erinnerte sich an die Belagerung um Bath, als der Magistrat die Auspeitschung befohlen hatte, sollte jemand betrunken bei seinem Wachdienst angetroffen werden. Die Neunschwänzige war eine Peitsche mit langen ledernen Riemen, neun an der Zahl. An jedem Ende dieser Riemen hatte der Henker einen kleinen Stein oder eine Bleikugel gebunden. Bei der Züchtigung kam es immer zu bösen Blutungen tief unter der Haut, und es wäre nicht das erste Mal, dass ein Verurteilter nach einer solchen Züchtigung verstarb. War der Henker gar noch ungeübt oder selbst betrunken, überlebte ein Delinquent die Tortur ganz sicher nicht. So kam die Strafe fast einem Todesurteil gleich. Sween war nach dem Urteilsspruch plötzlich verschwunden.
    Gwyn wollte noch einmal Einspruch erheben. Er wandte sich an den Haushofmeister.
    »Herr Wilhelm von Cluny, ich bitt Euch, noch einmal bei Eurem Herrn vorstellig zu werden. Diese Strafe ist zu hart für den Mann. Gibt es für seine Schuld doch nicht den geringsten Beweis.«
    »Bemüht Euch nicht, Herr Carlisle. Wenn Seine Lordschaft richtet, duldet er keinen Widerspruch. Der Schweinehirte hat etwas genommen, was ihm nicht gehört. Das verstößt gegen britisches Gesetz. Ihr hörtet es, man hätte ihm auch die Hand nehmen können.«
    »Aber Sir, …«
    »Wenn ein Lehnsherr zu Gericht sitzt, erhält der Freie wie der Unfreie ein Urteil. Ob dies auch immer gerecht, tut nichts zur Sache«, sagte Herr von Cluny trocken.
    Gwyn war um Worte sehr verlegen. Er wusste nichts mehr zu sagen.
    Das Urteil sollte auch ein Signal für all diejenigen sein, die von diesem Spruch hören würden. Es würde sich herumsprechen, bis über die Grenzen des Lehens hinaus. Jedermann wusste dann, dass eine Verfehlung hart geahndet wurde.
    »Seine Lordschaft wünscht, dass Ihr noch bleibt. Morgen zur Morgenandacht will er einen Auftrag mit Euch besprechen«, sagte der Mann mild.
    »Ja, Sir.«
    Gwyns Antwort war müde.
    »Ich denk, Ihr freut Euch gar nicht?«, fragte der Haushofmeister.
    »Sir, wie sollt ich mich freuen? Verzeiht mir, aber …«
    »Seid nicht gram, junger Freund, aber Lord Towe ist das Gesetz. Er macht es, und er spricht es. Dies ist sein Recht. Unser König selbst gab es ihm.«
    Gwyn verbarg sein Gesicht in den Händen. Er nickte und wusste dabei, dies war nicht recht. Aber was konnte er noch tun?
    »Seine Lordschaft ist wohlhabend, es wird ein feiner Auftrag für Euch und Euer Haus werden«, sagte der Mann.
    Gwyn lehnte eine Einladung ab, sich in einem warmen Bett auszustrecken. Stattdessen fragte er nach Sween. Als er hörte, dass dieser in den Stallungen einen Schlafplatz gefunden hatte, machte auch er sich auf den Weg dorthin.
    Gwyn betrat das langgestreckte Gewölbe der Pferdeställe durch eine kleine Pforte. Hier roch es angenehm mild nach Heu und Leder und nur ein wenig nach dem typischen Stallgeruch eines großen Pferdestalles. Gwyn schritt an einer langen Reihe von Pferden vorbei. Er erkannte eine stattliche Anzahl feiner Reitpferde und die etwas gröberen Turnierpferde, welche die Ritter auch bei Kriegshandlungen als Reittiere einsetzten. Gwyn zählte wenigstens fünf Dutzend Tiere, die in langen Reihen an der Wand festgebunden waren, um dort die Nacht zu verbringen. Die Tiere wurden von Halbwüchsigen bis hin zu Kindern umsorgt. Die Aufsicht in diesen Stallungen hatte ein Stallmeister inne, der für alles in diesen Räumen verantwortlich war. Als Gwyn sich ihm vorstellte, wies ihm der Mann höflich einen Schlafplatz zu. Dort fand Gwyn schon seinen

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