Der Goldvulkan
den Horizont an dieser Seite verdeckte.
Nördlich vom Golden Mount, von der lotrechten Steilwand, die ins Wasser eintauchte, hatte das Meer keine andre Grenze als die Kreislinie des Himmels.
Die durch die leichte Brise gereinigte Atmosphäre war völlig klar und das Meer glitzerte von den goldnen Sonnenstrahlen.
Die Küste war öde und leer, kein fremder oder einheimischer Fischer zu sehen, obgleich die Mündungen des Mackensie an Seesäugetieren und Amphibien verschiedner Art so erstaunlich reich sind.
Auf der offnen See war das anders. Mit Hilfe des Fernrohrs entdeckte der Scout einige Segler und mehrere Rauchfahnen, die am nördlichen Horizonte schwebten.
»Das sind Walfänger, erklärte er, die aus der Behringsstraße kommen. In drei Monaten werden sie den umgekehrten Kurs einhalten. Die einen laufen dann bei St. Michel in die Mündung des Yukon ein, die andern suchen Petropawlowsk in Kamtschatka an der Küste Asiens auf und endlich verkaufen sie ihren Fang in den Häfen des Pazifischen Ozeans.
– Kommen denn keine von ihnen nach Vancouver? fragte Summy Skim.
– O doch; aber sie tun unrecht, sehr unrecht daran, denn es ist dort zu schwierig, die Mannschaft beisammenzuhalten. Die meisten Matrosen laufen davon und begeben sich nach Klondike.«
So war es in der Tat. Die Nähe der Goldminen verdreht diesen Matrosen, die eine gewöhnlich recht beschwerliche Fahrt hinter sich haben, gar zu leicht den Kopf. Um sie davor zu bewahren, halten sich die Walfängerkapitäne, wenn möglich, von den Häfen Britisch-Kolumbiens fern und suchen lieber die an der Küste Asiens auf.
Nach halbstündiger Rast, die sie sehr notwendig gebraucht hatten, begannen Ben Raddle und seine Gefährten die nähere Besichtigung des Plateaus des Golden Mount. Wie vorausgesetzt, befand sich die fünfundsiebzig bis achtzig Fuß im Umkreis messende Mündung des Kraters nicht genau in dessen Mitte, sondern etwas nordöstlich davon. Sich vorsichtig unter dem Winde haltend, um nicht von den daraus hervorwirbelnden, beißenden Rauchwolken getroffen zu werden, konnten sie bis an den Rand herantreten und in das Innere des Schlundes hinuntersehen.
Alles traf hier zusammen, die Angaben des armen Jacques Ledun zu bestätigen. Die Kraterwand senkte sich in schwacher Neigung hinab und ohne die unatembaren Gase, die augenblicklich jedes Eindringen verhinderten, mußte der Abstieg ins Innere ziemlich leicht sein.
Das den Grund bedeckende Goldpulver bestätigte noch weiter die Aussagen des Franzosen. Dieses außerordentlich seine und mit Erde und Schlacken vermischte Pulver konnte freilich nur eine lächerlich geringe Ausbeute liefern gegenüber der großen Anhäufung von Pepiten, die zu suchen die Gesellschaft den weiten Weg hierher unternommen hatte.
»Offenbar, sagte Ben Raddle, hat sich Jacques Ledun durch das Hindernis, das uns jetzt in den Weg tritt, nicht abschrecken lassen. Bei seinem Hiersein war der Vulkan wahrscheinlich auch völlig untätig und Ledun hatte ohne Gefahr bis zum Kratergrunde hinabsteigen können. Warten wir also, bis der Ausbruch sich beruhigt, bis die Rauchmassen sich zerstreuen, und dann gehen auch wir hinunter und sammeln Schätze mit vollen Händen, wie er sie gesammelt hatte.
– Und wenn das Aufwirbeln des Rauches nun nicht aufhört, fragte Summy Skim, wenn nun jeder Abstieg unmöglich wird?
– Dann warten wir einfach noch länger, Summy.
– Noch warten?… Worauf denn?
– Daß der Ausbruch für uns vollbringt, was wir nicht selbst tun konnten, das heißt, daß er das edle Erz auswirft, das in den Eingeweiden des Golden Mount aufgespeichert ist.«
Das war in der Tat das einzige, was man hier tun konnte, wenn damit auch manche Unannehmlichkeiten verknüpft waren. Für Leute, die nicht mit der Zeit zu rechnen brauchten, die der kalten Jahreszeit an der Mackensiemündung ebenso wie in Dawson City zu trotzen gewohnt waren, hätte das ja nicht so viel zu bedeuten gehabt. Wenn die Sache sich hier aber in die Länge zog, wenn der Vulkan sich vor Ablauf von dritthalb Monaten nicht völlig beruhigt oder nicht selbst seinen Reichtum an. Pepiten ausgeworfen hatte, dann war die Gesellschaft jedenfalls gezwungen, ihr Lager aufzuheben und nach Süden abzuziehen, wo sie gerade noch rechtzeitig eintreffen würde, für einen zweiten Winter festgehalten zu werden.
Dieser Gedanke beschäftigte gleichmäßig die vier Prospektoren, jeder erwog ihn aber nach eignem Temperamente.
Bill Stell lächelte etwas spöttisch in den Bart.
Weitere Kostenlose Bücher