Der Goldvulkan
Das war für ihn eine gar treffliche Lektion. Nach langjährigem Widerstande gegen das so ansteckende Goldfieber hatte er sich jetzt doch einmal davon packen lassen und nun – wie man im Volke zu sagen pflegt – hatte er die Bescherung. Er war mit einem Schlage kuriert und mit Hilfe seiner gewöhnlichen Philosophie nahm er seinen Mißerfolg noch mit Heiterkeit auf, indem er sich sagte, daß das bei einem Prospektor ja nicht anders sein könne.
Jane Edgerton blieb mit gefurchter Stirn am Kraterrande stehen und richtete den Blick auf die durcheinanderwirbelnden Rauchwolken, die vor ihr aufstiegen. Sie sah ein, daß es Fälle gibt, gegen die Energie und Entschlossenheit nicht ausreichen, und es erregte sie nicht wenig, hier durch Naturkräfte, gegen die ihr Wille ohnmächtig war, aufgehalten zu sein.
Summy Skim war der unglücklichste von allen. Noch einen Winter in der Hauptstadt von Klondike zuzubringen! Er zitterte und bebte schon bei dem Gedanken daran.
So antwortete er denn seinem Vetter auf dessen letzte Worte:
»Ja, das wäre ja ganz gut und schön, Ben, vorausgesetzt, daß es zu einem solchen Ausbruch kommt. Wird denn ein solcher erfolgen? Findest du nicht, daß der Vulkan schon jetzt sehr zahm ist? Er wirst kein Kieselsteinchen, nicht einmal eine Handvoll Asche aus. Man hört nichts von einer Detonation. Er raucht zwar, nun ja, doch in aller Ruhe, das brächt’ ich, auf mein Wort, auch noch fertig!… Sage mir, gibt dir das nicht zu denken?«
Ben Raddle machte eine abweisende Bewegung.
»Das wird sich ja zeigen,« sagte er.
Nach zweistündigem Verweilen auf dem Plateau begannen die vier den Abstieg über die Seite des Golden Mount, der binnen einer Stunde vollendet war. Vor drei Uhr nachmittags befanden sich Ben Raddle und seine Begleiter, zwar etwas ermüdet, doch heil und gesund, wieder im gemeinschaftlichen Lager.
Sobald sie allein waren, trat Summy Skim, von seiner fixen Idee getrieben, an seinen Vetter heran und erneuerte seinen Angriff.
»Höre, Ben, begann er, ich spreche in vollem Ernste. Wenn jene Eruption nun ausbleibt, wenn sie nicht vor dem Anfange des Winters erfolgt?«
Ohne zu antworten, wandte Ben Raddle den Kopf ab und Summy hatte nicht den Mut, noch weiter in ihn zu dringen.
Achtes Kapitel.
Wo Ben Raddle einen Entschluß kundgibt.
Als Ben Raddle diesen neuen Zug unternommen hatte, war er nach den, übrigens so glaubhaften Aussagen Jacques Leduns überzeugt gewesen, daß es hier genügen würde, die Pepiten im Krater des Golden Mount zusammenzuraffen, damit die Wagen zu beladen und den Weg nach Dawson City wieder einzuschlagen. Zu dieser leichten Aufgabe sollte – seiner Meinung nach – eine Woche genügen und die Her-und Rückreise dann in weniger als drei Monaten abgemacht sein. Seinem Vetter hatte er auch in ehrlichem Ernste versichert, daß die Karawane in Dawson City in den ersten Tagen des August, also zeitig genug wieder eintreffen würde, Skagway noch vor Eintritt der strengen Kälte, von da Vancouver zu erreichen und dann auf der Bahn nach Montreal heimzukehren.
»Welch unendlich langen Zug werden wir da brauchen, hatte Summy scherzend geantwortet, uns und die Millionen des Golden Mount zu befördern. Und die Überfracht, die wir zu bezahlen haben werden!«
Wenn diese Millionen an der angegebenen Stelle im Krater auch wirklich vorhanden waren, so ließen sie sich daraus jetzt doch nicht holen.
Dieses unerwartete Hindernis nötigte nun dazu, das Lager wenigstens für einen mehrwöchigen Aufenthalt einzurichten. Der Scout traf deshalb die geeigneten Maßregeln, den Lebensunterhalt der Gesellschaft und die Ernährung der Zugtiere bis zu dem Tage zu sichern, wo es sich nicht mehr werde aufschieben lassen, nach Süden zurückzukehren. Den Winter unter einfachen Zelten aushalten zu wollen, wäre ja die reinste Tollheit gewesen. Wie es auch kommen, ob die Reise hierher einen Erfolg haben mochte oder nicht, jedenfalls mußte der Polarkreis spätestens Mitte August wieder überschritten sein. Nach diesem Zeitpunkte wurde der Weg völlig ungangbar in einer Gegend, die von Stürmen und furchtbarem Schneetreiben gar so oft heimgesucht wird.
Vorläufig galt es also abzuwarten und dazu war eine reichliche Portion Geduld nicht überflüssig. Der Zustand des Vulkans und die Weiterentwicklung der Eruption verlangte auch unausgesetzte Aufmerksamkeit; ebenso wurden gewiß weitre Bergbesteigungen nötig. Weder Ben Raddle noch der Scout und am wenigsten Jane Edgerton schreckte vor der
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