Der Goldvulkan
dem ganzen Oberkörper über den Erdwall heraus, der sie beschützt hatte, und als sie ihren Anführer mit verhängtem Zügel einhergestürmt kommen sahen, glaubten sie sich von einer unerwarteten Gefahr bedroht und liefen über die Ebene davon, um hinter dem ersten Vorsprunge des Golden Mount Deckung zu suchen. Die Kanadier anderseits erschienen nun vor dem Gehölz, aber so verdutzt, daß sie gar nicht daran dachten, den entfliehenden Gegnern noch ein paar Kugeln nachzuschicken.
Hunter benützte die allgemeine Verwirrung. Ein Dutzend wilde Sprünge brachten ihn an den Kanal, über den sein keuchendes Pferd hinwegsetzte, und nun ging’s in tollem Ritt über die Ebene weiter.
Jetzt kamen die Kanadier einigermaßen zur Erkenntnis der Lage und lärmend stürmten sie auf den Kanal zu. Konnten sie aber hoffen, ein dahinjagendes Pferd zu erreichen, das vor ihnen schon einen großen Vorsprung hatte?
Nur ein einziger verließ nicht den Rand des kleinen Gehölzes und beteiligte sich nicht an der nutzlosen Verfolgung. Fest, wie im Boden eingewurzelt, auf den Füßen stehend, vollkommen ruhig und Herr seiner selbst, ergriff er sein Gewehr schlug es an und feuerte so schnell wie ein Blitz.
Der kühne Schütze konnte kein andrer sein als Summy Skim. Verließ der sich denn so auf seine Geschicklichkeit, daß ihn nicht einmal die Furcht, Jane zu treffen, beschlich, als er den Räuber niederstrecken wollte?
Tatsächlich wußte er jetzt gar nicht, was er wagte. Er hatte aufs Geratewohl geschossen, ohne zu zielen, mit der Unwillkürlichkeit einer Reflexbewegung.
Summy Skim fehlte sein Ziel aber bekanntlich niemals. Auch diesmal hatte er von seiner Geschicklichkeit einen neuen und noch erstaunlicheren Beweis als alle frühern geliefert. Gleich nach dem Schusse strauchelte Hunters Gaul schwerfällig, ob der Reiter ihm nun die Zügel hatte schießen lassen, um selbst das Gleichgewicht wieder zu finden, und Jane Edgerton glitt aus dem Sattel und blieb regungslos auf der Erde liegen. Das Pferd tat noch drei bis vier unsichre Schritte, dann brach es zusammen und Hunter stürzte zur Erde, wo er ohne Bewegung liegen blieb.
Das sich so plötzlich abspielende Schauspiel hatte die Kanadier völlig verdutzt. Alle schwiegen ratlos still. Auch Summy Skim, der, ungewiß über die Folgen seines überstürzten Handelns, den Blick starr auf die Ebene gerichtet hielt, rührte sich jetzt nicht. Etwa fünfzig Meter jenseits des Kanals lag Hunter. Tot oder lebend? Das wußte niemand. Noch etwas näher wälzte sich sein Pferd in den letzten Zuckungen. Es atmete noch mühsam und aus seinen Nüstern strömte Blut; und kaum zwanzig Meter entfernt – ein kleiner Fleck auf der weiten Fläche – da lag Jane Edgerton, die Summy Skim vielleicht getötet hatte.
Als sie aber ihren Anführer fallen sah, drang die Bande Hunters ordnungslos hinter der Schutzmauer des Berges hervor. Mehr bedurfte es nicht, die Kanadier wieder zur Besinnung zu bringen. Ein Regen von Blei zwang die Raubgesellen, zurückzuweichen, und belehrte sie, daß die Ebene für sie fortan verbotnes Land sei.
Was für die einen zutraf, galt hier aber leider auch für die andern. Wenn die Schützen Ben Raddles, denen sich auch der Scout mit seinen Leuten angeschlossen hatte, jetzt in der Lage waren, den Texanern zu verwehren, sich vom Vulkan zu entfernen, so konnten auch diese wieder die Kanadier abhalten, über den Erdwall am wiedereroberten Kanal hinauszugehen. Die Ebene war tatsächlich für beide Parteien ungangbar geworden.
Es hatte nicht den Anschein, als sollte sich ein Mittel gegen diese Lage der Dinge finden. Die Kanadier konnten nicht den Kopf über dem Walle sehen lassen, ohne durch einen Hagel von Geschossen begrüßt zu werden. Das lähmte allmählich ihre Spannkraft, und Ben Raddle befürchtete, es könne sie zu Torheiten verführen.
Summy Skim, der sonst so ruhig war, verfiel besonders einer heftigen Überreiztheit. Jane Edgerton auf der Erde und wie tot kaum dreißig Meter vor sich liegen zu sehen, ohne ihr beispringen zu können, das brachte ihn von Sinnen. Man mußte ihn mit Gewalt zurückhalten und wider ihn ankämpfen, daß er nicht nach der Barrikade lief, die Steine herunterwälzte und dem sichern Tode entgegenging, der ihn draußen belauerte.
»Sollen wir sie denn sterben lassen?… Pfui, wir sind erbärmliche Feiglinge! rief er ganz außer sich.
– Wir sind nur keine Tollhäusler, das ist alles, erwiderte ihm Ben Raddle ernsthaft. Beruhige dich nur und gönne
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