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Der Goldvulkan

Der Goldvulkan

Titel: Der Goldvulkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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zu suchen.
    Der Polizei fehlte es inmitten der sich drängenden Menge, der es fast an allem mangelte und die sich nur durch eine Art wunderbarer Luftspiegelung von Klondike hatte heranlocken lassen, nicht an Beschäftigung. Auf Schritt und Tritt begegnete man den Hütern der öffentlichen Ordnung in ihrer braungelben Uniform, immer bereit, bei den unaufhörlichen Streitigkeiten einzugreifen, die meist mit Blutvergießen zu enden drohten.
    Die Konstabler entledigten sich auch in rühmenswerter Weise ihrer oft gefährlichen, immer wenigstens schwierigen Aufgabe mit allem Eifer und dem Mute, der erforderlich war gegenüber dieser Welt von Auswandrern, in der alle sozialen Klassen – vor allem aber die unzähligen Deklassierten – rauh aneinanderstießen. Kam es den braven Männern denn gar nicht in den Sinn, daß es für sie einträglicher und daneben gefahrloser gewesen wäre, den Schlamm der Zuflüsse des Yukon auszuwaschen? Gedachten sie gar nicht mehr der fünf kanadischen Konstabler, die, fast zu Anfang der Ausbeutung Klondikes, mit zweihunderttausend Dollars in der Tasche von dort zurückgekehrt waren? Achtung vor ihrer Seelenstärke, daß sie sich nicht, wie so viele andre, hatten vom Pfade der Pflicht abdrängen lassen!
    Aus der Tageszeitung erfuhr Summy Skim, daß in Klondike die Lufttemperatur im Winter nicht selten bis sechzig Grad Celsius herabsänke. Glauben konnte er das anfänglich nicht; bedenklicher machte es ihn aber doch, als er im Schaufenster eines Optikers in Vancouver mehrere Thermometer sah, deren Skala sogar bis neunzig Grad unter den Gefrierpunkt reichte. »Ach was, sagte er für sich zur Beruhigung, die Klondiker prahlen mit ihrer außerordentlichen Kälte, andre Leute sollen nur darüber staunen lernen!« Immerhin machte die Sache Summy Skim einige Sorge und schließlich drängte es ihn unwillkürlich, die Schwelle des Ladens zu überschreiten, um die schreckeinjagenden Thermometer genauer zu besichtigen.
    Die verschiednen Modelle, die der Händler ihm vorlegte, waren alle nicht nach der im Vereinigten Königreiche angenommenen Fahrenheitschen Skala, sondern nach der hundertteiligen, nach Celsius, eingeteilt, die in der Dominion – wo noch etwas von der Franzosenzeit nachwirkte – allgemein eingeführt war.
     

    Equipierungsmagazin der Prospektolen.
     
    Zum eignen Leidwesen mußte Summy Skim sich dabei überzeugen, daß er sich vorher nicht getäuscht hatte. Die Thermometer waren tatsächlich alle für so unglaublich niedrige Temperaturen eingerichtet.
    »Sind denn diese Thermometer auch mit der nötigen Sorgfalt hergestellt? fragte Summy Skim, nur um etwas zu sagen.
    – Gewiß, mein Herr, versicherte der Optiker. Sie werden nichts daran auszusetzen finden.
    – Auch nicht an einem Tage, wo sie sechzig Grad unter Null anzeigen? fuhr Summy Skim ernsthaft fort.
    – Nein, erwiderte der Händler, das Wichtigste ist es doch, daß sie immer richtig zeigen.
    – Ja freilich, darauf kommt es vor allem an. Doch gestehen Sie mir’s nur, werter Herr, es ist wohl nur eine Art Reklame, daß Sie solche Wärmemesser im Schaufenster ausstellen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß in Wirklichkeit…
    – O doch… doch!
    – die Quecksilbersäule bis auf sechzig Grad unter Null sänke. 1
    – Das kommt ziemlich häufig vor, mein Herr, belehrte ihn der Händler eifrig, ja, ziemlich häufig; zuweilen sinkt sie noch weiter.
    – Noch weiter!
    – Warum nicht? meinte der Kaufmann, der das mit einer gewissen Selbstbefriedigung einwarf. Wünschen Sie vielleicht aber ein Instrument, das bis hundert Grad unter den Gefrierpunkt hinabreicht…
    – Nein nein, ich danke bestens, unterbrach ihn Summy Skim erschrocken. Sechzig Grad erscheinen mir schon mehr als genug!«
    Wozu hätte ein solcher Einkauf auch dienen sollen? Wenn die Augen durch den schneidenden Nordwind unter den Lidern wie verbrannt sind, wenn die ausgeatmete Luft in der Form von Schneeflocken niedersinkt, das halb vereiste Blut in den Adern zu erstarren droht, wenn man keinen metallenen Gegenstand berühren kann, ohne die Haut der Finger darauf zurückzulassen, und wenn man selbst noch vor dem loderndsten Feuer friert, als hätten die Flammen ihre Wärme verloren, da hat’s doch wahrlich kein Interesse mehr, zu wissen, ob die Kälte, die einen tötet, sechzig oder hundert Grad erreicht hat.
    Inzwischen verflossen die Tage und bei Ben Raddle machte sich einige Ungeduld bemerkbar. Sollte der »Foot-Ball« auf dem Meere eine Verzögerung erfahren

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