Der Goldvulkan
haben? Es war bekannt, daß er Skagway am 7. April verlassen hatte. Die Fahrt hierher beanspruchte aber nur sechs Tage und er hätte am 13. vor Vancouver in Sicht sein sollen.
Der zum Transporte der Auswandrer und ihres Gepäcks, mit Ausschluß jedes Frachtgutes, bestimmte Dampfer hielt sich ja hier nur sehr kurze Zeit auf. Vierundzwanzig, höchstens sechsunddreißig Stunden genügten für die Reinigung der Kessel, zur Einnahme von Kohlen und Trinkwasser und daneben für die Einschiffung einiger hundert Passagiere, die sich ihre Plätze schon vorher gesichert hatten.
Alle, die das zu tun versäumt hatten, mußten einfach auf andre Dampfschiffe warten, die erst nach dem »Foot-Ball« eintrafen, und da die Hotels und die Gasthäuser Vancouvers zur Aufnahme einer solchen Menschenmenge nicht ausreichten, sahen sich oft ganze Familien genötigt, unter freiem Himmel zu nächtigen.
Und doch: was waren die jetzigen Unbilden gegen die, die ihrer in der Zukunft harrten!
Die meisten dieser armen Leute fanden ja auch kaum mehr Behaglichkeit auf den Dampfbooten, die sie von Vancouver nach Skagway bringen sollten, wo dann für sie die fast endlose, schreckliche Reise begann, die sie endlich nach Dawson City führte. Die Kabinen des Vorder-und Hinterdecks entsprechen schon kaum den Anforderungen der vermögenden Passagiere, das Zwischendeck aber nimmt die Familien auf, die sich darin für sechs bis sieben Reisetage zusammenpferchen und obendrein für alle ihre Bedürfnisse selbst sorgen müssen. Die Mehrzahl solcher schickt sich außerdem darein, im Frachtraume gleich Tieren oder Gepäckstücken fast eingesperrt zu sein, und tatsächlich ist das immer noch besser, als etwa auf dem Verdeck alle Witterungsunbill, jeden eisigen Windstoß oder die in den dem Polarkreise so nahe liegenden Gegenden so häufigen Schneestürme aushalten zu müssen.
Vancouver war übrigens nicht allein von den aus allen Teilen der Alten und der Neuen Welt herzuströmenden Auswandrern überfüllt, es kamen dazu vielmehr noch hunderte von Goldgräbern, die es vorgezogen hatten, für die schlechte Jahreszeit der Eiswüste um Dawson City zu entfliehen.
Im Winter ist ja jede weitere Ausbeutung der Claims unmöglich; alle Arbeiten werden endgültig unterbrochen, wenn zehn bis zwölf Fuß hoher Schnee den Erdboden bedeckt, wenn auf den dicken Bodenschichten, die bei vierzig bis fünfzig Grad Kälte granithart geworden sind, Spitzhaue und Axt wie Glas zersplittern. Deshalb ziehen es die Prospektoren, die es irgend können, die, denen das Glück nur einigermaßen gelächelt hatte, immer vor, zeitweise nach den bedeutenderen Städten Kolumbiens zurückzukehren. Diese Flüchtlinge haben Gold auszugeben und sie geben es auch in so sorgloser Verschwendung aus, daß man sich davon kaum eine Vorstellung machen kann. Sie trösten sich mit dem Gedanken, daß das Glück ihnen nicht untreu werden könne, daß die nächste Saison wieder ertragreich sein werde, daß neue Lagerstätten entdeckt werden und ihnen die Goldklümpchen haufenweise in die Hände fallen würden. Diese Leichtsinnigen bewohnen in den Hotels die besten Zimmer und nehmen auf den Dampfbooten die besten Kabinen in Anspruch.
Summy Skim hatte bald die Erfahrung gemacht, daß zu dieser Sorte von Goldsuchern die lärmendsten, prahlerischsten und gewalttätigsten Patrone gehörten, die vor keiner Ausschreitung in den verrufensten Schenken und in den Kasinos zurückschreckten, wo sie, die Hände voll Gold, die Herren spielten.
Im Grunde machte sich der brave Summy Skim über diese Rotte jedoch keinen besondern Kummer. In der – freilich vielleicht irrigen – Voraussetzung, daß er niemals mit einem dieser rohen Abenteurer etwas zu schaffen haben könne, hörte er nur mit halbem Ohre auf das, was sich die Leute über jene Burschen erzählten, und bald dachte er daran überhaupt gar nicht mehr.
Am Vormittage des 14. April lustwandelte er mit Ben Raddle auf dem Kai, als sich plötzlich die Heulpfeife eines Dampfers vernehmen ließ.
»Sollte das endlich der »Foot-Ball« sein? rief Summy.
– Das glaube ich nicht, antwortete Ben Raddle. Das Pfeifen tönt von Süden her, der »Foot-Ball« muß dagegen von Norden her kommen.«
Wirklich handelte es sich hier auch um einen Dampfer, der sich Vancouver auf dem Wege durch die Juan de la Fucastraße näherte und der also nicht von Skagway kommen konnte.
Da Ben Raddle und Summy Skim eben nichts Besseres zu tun hatten, schlenderten sie durch eine dichte
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