Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Goldvulkan

Der Goldvulkan

Titel: Der Goldvulkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
wieder dieselben Hindernisse, die das Überschreiten des Chilkoot-Passes so beschwerlich machen. Immer die gezwungenen und manchmal langen Aufenthalte, wenn ein Gewirr von Schlitten und Gespannen die Straße verstopfte. Wiederholt mußten der Scout und seine Leute tüchtig mit zugreifen, um sich einen Durchgang zu öffnen.
    n den Seiten des Weges lagen die Kadaver von Maultieren in immer größerer Zahl, je höher man hinauskam. Eins nach dem andern waren die Tiere gestürzt, getötet vom Froste, von der Anstrengung und vom Hunger, und die Hunde, die trotz der Bemühung ihrer Führer die Schlitten hinter sich herschleppten, stürzten sich wiederum auf dieses unerwartete Futter und stritten sich heulend um die letzten Reste davon.
    Ein noch traurigeres Bild, den Leichnam eines vor Kälte und Erschöpfung eingegangnen Auswandrers zu sehen, den man irgendwo unter Bäumen oder auf dem Grunde von Vertiefungen hatte liegen lassen. Eine kleine Erhöhung der Schneeschicht, aus der eine Hand, ein Fuß oder ein Stückchen von der Kleidung herausguckte, verriet allein die Stelle des ephemeren Grabes, das der erste Frühlingswind wegwehen mußte. Anfangs wurde das Auge wohl unwiderstehlich von den unheimlichen Erhöhungen auf diese hingezogen, dann aber machte sich die Gewohnheit geltend und man zog mit zunehmender Teilnahmslosigkeit daran vorüber.
    Manchmal waren es ganze Familien, Männer, Frauen und Kinder, die alle, unfähig sich weiterzuschleppen, auf dem eisigen Boden zusammengebrochen waren, ohne daß ihnen jemand zuhilfe kam. Unermüdlich befleißigten sich Edith und Jane, unterstützt von ihren Gefährten, solchen Unglücklichen Hilfe zu bringen, sie durch ein wenig Aquavit wieder zu beleben. Was vermochten sie aber gegenüber der großen Menge von Bedürftigen auszurichten? Bald mußten sie diese Unglücklichen ihrem Schicksal überlassen und den erschöpfenden Aufstieg dieses »Kirchhofsweges« wieder aufnehmen.
    Alle fünf Minuten mußte Halt gemacht werden, entweder um die Maultiere verschnaufen zu lassen oder um das Freiwerden des verstopften Weges abzuwarten. An manchen Stellen, vorzüglich an scharfen Windungen, wurde dieser so schmal, daß das von vielen Auswandrern mitgeführte Material nicht ohne weiteres hindurchgelangen konnte. Verschiedene Stücke von zerlegbaren Booten übertrafen an Größe die Breite des Pfades und mußten deshalb abgeladen und einzeln von Zugtieren weitergeschafft werden, was natürlich auch für die hinterherkommenden Gespanne einen beträchtlichen Zeitverlust verursachte.
    An andern Stellen war der Weg wieder so steil, daß der Neigungswinkel zuweilen sogar fünfundvierzig Grad erreichte. Obgleich die Tiere mit scharfgezähnten Hufeisen versehen waren, weigerten sie sich hier doch, weiterzugehen, oder wichen wenigstens aus der Richtung ab, und nur durch anfeuernde Zurufe und den fleißigen Gebrauch der Peitsche konnte man sie dazu zwingen, eine solche Steigung der Straße zu nehmen, auf der die Zähne ihrer Hufeisen tiefe Eindrücke in dem festgefrornen Schnee und dazwischen manche Blutstropfen zurückließen.
    Am Nachmittage gegen fünf Uhr ließ der Scout die Karawane halten. Die erschöpften Maultiere hätten keinen Schritt weiter machen können, obgleich ihre Last im Verhältnis zu der andrer Gefährte nur eine leichte war. Rechts vom Engpasse öffnete sich hier eine mit harzigen Bäumen reichlich bestandene Art Schlucht. Unter dem Gezweige dieser Bäume standen die Zelte dann geschützt gegen die heftigen Windstöße, die jetzt als Folge der aufsteigenden Luftwärme zu befürchten waren.
    Bill Stell kannte diesen Platz, wo er schon mehr als einmal die Nacht zugebracht hatte; hier wurde also das Lager nach seinen Anweisungen aufgeschlagen.
    »Sie fürchten einen baldigen Sturm? fragte ihn Ben Raddle.
    – Ja, die heutige Nacht dürfte unangenehm werden, antwortete der Scout, wir werden uns kaum genug gegen das tolle Schneetreiben schützen können, das sich hier wie in einem Kessel zu fangen pflegt.
    – Wir sind aber doch in Sicherheit, bemerkte dazu Summy Skim, in Sicherheit schon wegen der Gestalt und der Lage dieser Schlucht.
    – Eben deshalb habe ich sie auch als Halteplatz gewählt,« erklärte Bill Stell.
    Die Erfahrung des Scout hatte ihn nicht getäuscht. Gegen sieben Uhr abends setzte ein tüchtiger Sturmwind ein, der mit ungeschwächter Kraft bis zum Morgen gegen fünf Uhr anhielt. Ihn begleitete ein Schneegestöber, bei dem es kaum möglich war, zwei Meter weit noch

Weitere Kostenlose Bücher