Der Goldvulkan
fragte er, sich unterbrechend, Ihre Wohnstätte?
– Schreiben Sie: Krankenhaus von Dawson City.«
Ben Raddle setzte die Feder wieder in Bewegung.
… Krankenhaus von Dawson City – – – – – einerseits ;
2. Dem Herrn Ben Raddle, Ingenieur, wohnhaft in Montreal, Jacques-Cartierstraße 29 – – – – – – – – – anderseits, sind folgende Verabredungen getroffen worden:«
Über den Tisch hinweg wechselten Edith und Summy einen Blick des Verständnisses, einen Blick, aus dem bei Summy ein freudiger Glanz ausstrahlte. Bei Edith schien sich ihm freilich ein Ausdruck innerer Erregung beizumischen, sie ahnte, daß bei der Sache ein Hintertürchen offen gelassen würde.
Siebentes Kapitel.
Der Chilkoot.
Bill Stell hatte recht, dem Chilkoot vor dem White-Paß den Vorzug zu geben. Dem zweiten kann man freilich gleich von Skagway aus nachgehen, während der erste erst bei Dyea anfängt. Nach Überschreitung des White-Paß hat man aber noch ungefähr acht Lieues (reichlich 351/2 km) bis zum Bennettsee auf sehr schlechtem Wege zu überwinden, wogegen nur sechzehn Kilometer den Lindemansee vom Chilkoot-Paß trennen, und dieser See führt wieder bequem zum Bennettsee, dessen südliches Ende nach drei Kilometern Weges erreicht wird.
Daß der eigentlich mehr Schwierigkeiten als der White-Paß bietende Chilkoot-Paß eine sehr steile, etwa tausend Fuß aufwärts führende Strecke enthielt, konnte Leute, die kein schweres Gepäck bei sich hatten, ja nicht weiter erschrecken. Jenseits des Chilkoot fanden sie dafür eine ziemlich gut erhaltene Straße, die erst am Lindemansee endigte.
Der erste Teil der Reise durch den Bergwall des Gebietes bot also, wenn er auch nicht allzu große Anstrengung kostete, doch mindestens große Schwierigkeiten.
Es herrschte ohnehin schon ein wirkliches Gedränge. (S. 100)
Am 27. April um sechs Uhr des Morgens gab Bill Stell das Signal zum Aufbruch. Edith und Jane Edgerton, Summy Skim und Ben Raddle verließen mit dem Scout und sechs seiner Leute Skagway und schlugen die Richtung nach dem Chilkoot zu ein. Zwei mit Maultieren bespannte Schlitten genügten für diesen Teil der Fahrt, der am Lindemansee sein Ende fand, wo Bill Stell eine Art Hauptniederlage errichtet hatte. Die ganze Strecke sollte unter den günstigsten Verhältnissen in kaum drei Tagen zurückgelegt werden.
Einer der Schlitten trug das gesamte Gepäck, der andre war den beiden jungen Mädchen überlassen, die ein ganzer Hause von Decken und Pelzfellen gegen den recht scharfen Wind beschützte. Sie hatten – wer konnte daran zweifeln? – niemals geahnt, daß ihre Fahrt in dieser Weise vor sich gehen würde, und Edith, deren rosa Nasenspitzchen aus dem Pelzwerk hervorlugte, richtete an Summy Skim wiederholt Worte aufrichtigsten Dankes, die dieser jedoch hartnäckig zu überhören schien.
Ben Raddle und er fühlten sich viel zu sehr beglückt, den beiden Cousinen nützlich sein zu können. Welch angenehme Gesellschaft für solche abscheuliche Reise! Selbst Bill Stell war darüber ganz entzückt.
Übrigens hatte der Scout vor Edith nicht verschwiegen, wie ungeduldig sie in Dawson City erwartet würde. Das dortige Krankenhaus war buchstäblich überfüllt und mehrere Wärter waren nicht verschont geblieben von den verschiedenen Epidemien, die in der Stadt recht mörderisch wüteten. Vor allem entvölkerte damals der Typhus die Hauptstadt Klondikes. Hundertweise zählte man seine Opfer unter den unglücklichen Einwandrern, die blutarm, ausgehungert und überangestrengt hier eintrafen, nachdem sie gar viele ihrer Gefährten schon unterwegs durch den Tod verloren hatten.
»Ein reizendes Land… wahrhaftig! sagte Summy Skim für sich. Wir, na, wir ziehen ja nur hin-und rückwärts hindurch. Die beiden Kleinen aber, die so vielen Gefahren zu trotzen haben werden und die vielleicht niemals zurückkehren!«
Für die Fahrt über den Chilkoot war es kaum nötig gewesen, größere Vorräte an Nahrungsmitteln mitzunehmen, deren Gewicht den Transport über die steilen Abhänge arg erschwert hätte. Der Scout kannte hier – Hotels zwar nicht, doch wenigstens – »Lodgers«, höchst einfache Herbergen, wo man etwas zu essen erhielt und im Notfall auch für die Nacht ein Unterkommen fand. Teuer war es freilich. Man bezahlte einen halben Dollar für ein »Bett«, das eigentlich nur aus einer groben Planke bestand, und einen Dollar für eine Mahlzeit, die sich unveränderlich aus Speck und kaum aufgegangnem Brot
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