Der Goldvulkan
unter diesem ›etc.‹ alles verbirgt!«
So predigte der Doktor Pilcox, ein kurzer, rundlicher Anglokanadier von vierzig Jahren, ein kräftiger, tatenfroher, nie verlegner Mann von unerschütterlicher Gesundheit und einer Konstitution, der keine Krankheit etwas anhaben konnte, so schien er gegen jede Schädlichkeit gefeit zu sein. Vor einem Jahre zum Leiter des Krankenhauses in Dawson City berufen, hatte er sich in dieser Stadt niedergelassen, die für seinen Beruf besonders günstige Aussichten bot, da sich allerlei Epidemien hier ein Stelldichein zu geben scheinen, vom endemischen Goldfieber ganz zu schweigen, gegen das er mindestens ebenso erfolgreich geimpft war wie unser Summy Skim.
Gleichzeitig Arzt für innere Krankheiten, war der Doktor Pilcox auch Chirurg, Apotheker und Zahnarzt, und da ihn alle als ebenso geschickt wie hilfsbereit kannten, strömte ihm nach seinem hübschen Hause in der Front Street, einer der Hauptstraßen von Dawson City, stets viele Kundschaft zu.
Bill Stell kannte den Doktor Pilcox schon seit langem, da er früher, als er im kanadischen Heere noch als Kundschafter diente, häufig mit ihm zusammengetroffen war. Auf Grund dieser Beziehungen pflegte er – als alter Bekannter – jenem immer die Auswandrerfamilien zu empfehlen, die er von Skagway nach Klondike geführt hatte. Diesmal beeilte er sich, kaum achtundvierzig Stunden nach der Ankunft, Ben Raddle und Summy Skim der allgemein so hochgeachteten Persönlichkeit des Arztes vorzustellen. Klondike hatte ja kaum einen Bewohner aufzuweisen, der über alles, was im Lande vorging, so gut unterrichtet war wie dieser. Und wenn irgend jemand imstande war, über allgemeine Verhältnisse Auskunft oder auf ärztliche Fragen guten Rat zu erteilen, so war es dieser vortreffliche Mann.
Summys erste Frage galt ihren liebenswürdigen Reisegefährtinnen. Was war aus ihnen geworden?… Hatte Doktor Pilcox sie gesehen?
»O, das versteht sich; sie ist geradezu wunderbar, rief der Doktor fast elegischen Tones, erweckte jedoch, als er sich weiter aussprach, in Summy Skim nur eine gewisse Beklemmung. Sie ist eine Perle, diese Kleine, eine wahre Perle, und ich bin rein entzückt über meinen Einfall, sie hierherkommen zu lassen. Jetzt ist sie vor kaum zwei Tagen ins Krankenhaus eingetreten und doch hat sie es schon gründlich umgewandelt. Als ich heute morgen einen Schrank öffnete, wurde ich buchstäblich verblüfft über die darin herrschende tadellose Ordnung, an die ich – ich muß es ja gestehen – bisher nicht gewöhnt war. Neugierig geworden, schließe ich da einen andern, drei und noch zehn andre auf: überall derselbe Anblick. Ja noch mehr: meine Instrumente liegen blitzsauber und wie zum Gebrauch aufmarschiert da, der Operationssaal glänzt in einer früher nie gekannten Reinlichkeit. Endlich, es ist fast nicht zu glauben, hat dieses Kind binnen wenigen Stunden einen erzieherischen Einfluß auf das ganze übrige Personal ausgeübt. Alles geht plötzlich wie am Schnürchen. Die Krankenwärter und -wärterinnen sind auf ihrem Posten. Die fast in künstlerischer Ordnung stehenden Betten bieten einen das Auge erfreuenden Anblick. Das reicht bis zu den Kranken die sich, Gott verzeihe es mir, dabei entschieden besser zu fühlen scheinen.«
Ben Raddle war offenbar ganz glücklich über das, was er eben hörte.
»Ich bin höchst erfreut, Herr Doktor, sagte er, über das Lob, das Sie Ihrer neuen Oberwärterin spenden, das beweist, daß ich mich in meinem Urteil über sie nicht getäuscht hatte, und ich glaube sogar, daß die Zukunft Ihnen noch andre angenehme Überraschungen bereiten wird.«
Summy Skim schien in etwas bedrückter Stimmung zu sein. Auf seinem Gesichte malte sich eine wirkliche Unruhe.
»Bitte um Verzeihung, lieber Doktor, unterbrach er das Gespräch, Sie erwähnen immer nur ein einziges junges Mädchen, es waren deren aber doch zwei, wenn ich nicht ganz irre.
– Ja ja, das stimmt, antwortete der Arzt lachend, doch abgesehen davon, daß ich die, die bei mir in Stellung getreten ist, schon lange gut kannte, die andre aber eigentlich gar nicht, hat mir diese zweite obendrein kaum Zeit gelassen, sie zu bemerken. Zwar erschien sie mit ihrer Cousine hier im Krankenhause, doch war sie schon nach zehn Minuten wieder über alle Berge, um erst gegen Mittag wieder zu erscheinen, da aber in der Ausrüstung eines Goldgräbers, die Spitzhaue über der Schulter und den Revolver im Gürtel. Als ich darauf gestern früh nach ihr fragte, wurde
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