Der Goldvulkan
mir der Bescheid, daß sie, ohne jemand ein Wort davon zu sagen, schon wieder ausgeflogen wäre. Nur von ihrer Cousine habe ich erfahren, daß sie als Prospektor wie ein Mann tätig zu sein vorhabe.
– Sie ist also fortgegangen? fragte Summy dringlich.
– Ja freilich, wie auf Nimmerwiedersehen verschwunden, erklärte Pilcox und setzte noch hinzu:
– Ich habe in meinem Leben doch schon manche eigentümliche Erscheinung kennen gelernt, einer von diesem Kaliber, das muß wahr sein, bin ich jedoch noch niemals begegnet.
– Das arme Kind! murmelte Summy. Und Sie haben sie auch nicht verhindert, sich auf ein so törichtes Unternehmen einzulassen?«
Der Arzt hörte jedoch schon gar nicht mehr auf Summy Skim, er erläuterte Ben Raddle das Kapitel über Dawson City in schwungvoller Rede. Doktor Pilcox war stolz auf seine Stadt und verheimlichte das in keiner Weise.
»Jawohl, sagte er voll Überzeugung, sie ist ihres Namens, des der Hauptstadt von Klondike, würdig, den ihr die Regierung der Dominion gegeben hat.
– Eine Hauptstadt, die kaum aufgebaut ist, Herr Doktor, bemerkte Ben Raddle.
Alles geht plötzlich wie am Schnürchen. (S. 150.)
– Und wenn das noch nicht wäre, so würde es doch bald der Fall sein, da ihre Einwohnerzahl mit jedem Tage zunimmt.
– Wie viel Bewohner hat sie denn heute? fragte Ben.
– Ungefähr zwanzigtausend, Herr Raddle.
Hauptquartier der Polizeimannschaft von Dawson City.
– Sagen Sie, zwanzigtausend Passanten, lieber Doktor, aber nicht, zwanzigtausend Einwohner. Im Winter ist Dawson City doch eine Wüstenei.
– O, erlauben Sie: zwanzigtausend Einwohner, die sich mit ihren Familien hier angesiedelt haben und ebensowenig wie ich daran denken, die Stadt zu verlassen.«
Während Ben Raddle so zum Vorteil seiner weitern Belehrung in dem lebenden Nachschlagebuche, das der Doktor Pilcox war, blätterte, verharrte Summy in düsterm Schweigen. Seine Gedanken waren mit Jane Edgerton ausgeflogen. Er sah sie im Geiste auf ihrem langen, rauhen Wege, allein, verlassen, ohne andre Hilfe als ihre unbezähmbare Willenskraft. Und doch: das ging ihn ja eigentlich gar nichts an. Der Törin stand es frei ins Elend zu rennen, ja sogar den Tod zu finden, wie und wo es ihr beliebte. Mit einem Achselzucken warf Summy die Sorge um sie weit von sich weg und beteiligte sich dafür an dem Zwiegespräch der beiden andern.
»Nun ja, bemerkte er, um den Doktor in die Enge zu treiben, ich sehe nur in Dawson City gar nicht, was eine Hauptstadt gewöhnlich charakterisiert.
– Oho, schnitt ihm Doktor Pilcox das Wort ab und blies sich dabei so auf, daß er noch rundlicher aussah, die Stadt ist doch der Sitz des Generalkommissars der Yukongebiete, des Majors James Walch, und außerdem der einer ganzen Hierarchie von Beamten, wie sie eine solche in den bedeutendsten Städten Kolumbiens oder der Dominion kaum wieder finden werden.
– Und diese großen Herren wären?…
– Ein Richter am obersten Gerichtshof, Herr Mac Guire, ein Goldkommissar, Herr Theodor Faucett Esquire, ein Kommissar für die Kronländereien, Herr Wade Esquire, ein Konsul der Vereinigten Staaten, ein Konsularvertreter Frankreichs…
– Esquires, setzte Summy scherzend hinzu; ja freilich, das sind ja hochstehende Persönlichkeiten. Und was den Handel betrifft?…
– Da haben wir bereits zwei Banken, antwortete der Doktor;
The Canadian Bank of Commerce
von Torento, deren Vorsteher der Herr H. I. Wills ist, und
The Bank of British North America.
– Das genügt. Wie steht’s mit den Kirchen?
– Dawson City zählt deren drei: eine katholisch-englische Kirche, eine protestantisch-englische und eine reformierte Kirche.
– Na, da ist ja für das Heil der Seelen reichlich gesorgt! Wenn’s nur bezüglich des Wohlergehens der Leiber ebensogut bestellt ist.
– Ei, was denken Sie, Herr Skim! Dafür gibt es einen Oberkommandanten der berittenen Polizei, den Kapitän Stearns, einen Kanadier von französischer Abkunft, und den Kapitän Harper, der gleichzeitig an der Spitze des Postwesens steht, jeder mit einer tüchtigen Mannschaft von sechzig Köpfen.
– Ich denke, bester Herr Doktor, daß diese Polizeitruppe, in Anbetracht der Zahl und der Qualität der Dawsonschen Einwohner, recht unzureichend sein wird.
– Ach, die wird verstärkt werden, sobald das nötig erscheint, versicherte Doktor Pilcox, und die Regierung der Dominion wird nichts vernachlässigen, die Sicherheit der Bevölkerung der Hauptstadt von
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