Der Golfklub Mörder Kommissar Morry
Vorhang los und wandte sich um. „Vorhin glaubte ich, ein kräftiges Abendessen und ein paar Stunden Schlaf in einem weichen Bett würden mich wieder auf die Beine bringen. Jetzt wird mir allmählich klar, daß ich keins von beiden in diesem Haus haben kann. Ich fürchte mich schon wieder! Es ist besser, ich gehe."
„Wohin wollen Sie?"
„Ich weiß es nicht."
„Lassen Sie sich nicht kopfscheu machen. Jetzt ist alles vorüber. Sehen Sie das Kaminfeuer an! Es knistert und prasselt schon ganz gemütlich. Wenn Sie Angst haben, kommen Sie am besten mit mir in die Küche. Schauen Sie zu, wie ich das Essen fertig mache!"
Sie lächelte. „Also gut. Unternehmen wir einen letzten Versuch, das Grauen zu bannen."
In der nicht sehr großen, modern eingerichteten Schwedenküche holte James allerlei Leckerbissen aus dem gewaltigen Kühlschrank. Kalten Braten, Geflügelpastete, Fisch, Wurst und Käse. Dann stellte er die Pfanne auf den Herd und schlug einige Eier hinein. „Nun muß ich noch eine Flasche Rotwein aus dem Keller holen", sagte er.
Daphne packte ihn am Unterarm. „Nein!" stieß sie hervor. „Bitte nicht in den Keller gehen..."
„Aber . . .", begann er, lenkte aber sofort ein und sagte: „Na, meinetwegen. Aber in diesem Fall müssen Sie sich mit Tee oder Bier bescheiden."
„Ich würde gern eine Flasche Bier trinken."
„Wunderbar", sagte er und nahm zwei Flaschen aus dem Kühlschrank. Sie trat ganz dicht vor ihn hin, so dicht, daß er die Wärme ihres jungen, schlanken Körpers spürte. Sie schaute zu ihm in die Höhe.
„Küssen Sie mich!"
Er schluckte überrascht und blickte in ihre weiten, ihm zugewandten Augen. Er versuchte zu ergründen, was sie dachte und sich erhoffte, aber die grünlich schimmernden Augen spiegelten keine konkret erfaßbaren Gefühle wider.
„Küssen Sie mich!“ wiederholte sie und senkte die Lider mit den langen, gewölbten Wimpern. „Ich muß das Gefühl haben, daß ich zu jemand gehöre . . . daß es einen Menschen gibt, der mich mag!"
Er stellte die Bierflaschen beiseite, verwirrt und mit unruhig klopfendem Herzen. Sie stand in der Nähe der Tür, mit zurückgelegtem Kopf und geschlossenen Augen. Er trat auf sie zu und legte seine Arme um sie. Sie drängte sich gegen ihn, mit einem leidenschaftlichen Ungestüm, der sein Blut aufrührte. Er schloß die Augen, als er sie küßte. Es war ein langer, inniger Kuß, der den Rhythmus seines Herzens beschleunigte. Als er die Augen öffnete, war es rings um ihn dunkel. Stockfinster.
Es war, als wäre er plötzlich erblindet. „Was ist los, zum Teufel?" fragte er heiser und versuchte sich von dem Mädchen zu lösen.
Daphne hielt sich an ihn geklammert. „Ich habe das Licht abgedreht", flüsterte sie. „Ich will nicht, daß du mich so forschend und zweifelnd ansiehst . . . das ertrage ich nicht! Ich will dich nur fühlen ... ich will spüren, daß du mich ein wenig gern hast!"
Er küßte sie wieder und wieder. Dann löst er sich aus ihren Armen. Er tastete nachdem Lichtschalter. Als das helle Lampenlicht aufflammte, schlossen beide geblendet die Augen.
„Hier, nimm das Tablett", sagte er. „Ich bringe die Eier und das Bier."
Daphne zog die Nase kraus und lachte. „Du bist mir ein schöner Koch!" sagte sie. „Riechst du nichts? Jetzt ist alles angebrannt."
James lächelte und blickte sie an. „Daß die Eier verbrannt sind, ist nicht schlimm. Aber was fange ich mit einem verbrannten Herzen an?"
Sie erwiderte das Lächeln. „Schenk es mir. Ich weiß, wie man damit umgeht."
Er wurde ernst. Während er den Elektroherd abstellte und die Pfanne von der Kochplatte nahm, sagte er: „Es ist frei. Du kannst es haben."
Sie schaute ihn großäugig an. „Ich nehme es."
„Weil es vergoldet ist?" fragte er leise.
Sie errötete. „Nein", meinte sie zögernd. „Aber das macht es leichter."
„Nicht für mich.“
„Du mußt Geduld mit mir haben."
„Ich will es versuchen. Aber du mußt mir entgegenkommen. Beginnen wir damit, daß du mir die Wahrheit sagst."
„Welche Wahrheit?"
„Die Wahrheit über dich."
Sie faßte nach dem Tablett. „Es wird besser sein, wenn wir uns vorher stärken."
„Ist das denn so wichtig?"
Sie blickte ihn an. „Die Henkersmahlzeit ist immer wichtig", sagte sie.
*
Nachdem sie an einem kleinen Tisch gegessen hatten, wechselten sie die Plätze. Daphne setzte sich mit untergezogenen Beinen auf die weiche, bequeme Couch! James ließ sich ihr gegenüber auf einem Polsterhocker
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