Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo
und sich erneut zu setzen. Die anderen Gorillas irritiert ihre Rastlosigkeit kaum. Sie bauen Nester für den anstehenden Mittagsschlaf, denn Berggorillas wissen nicht nur für die Nachtruhe den Komfort einer Pflanzenmatratze zu schätzen.
Schon längst haben sich die Gruppenmitglieder zu ihrer Siesta eingerollt, da rafft auch Rubiga eilig einige Zweige und Laub zusammen und legt sich in das dürftige Lager. Aber auch hier findet sie keine Ruhe. Unablässig verändert sie ihre Position. Sie sitzt, steht auf, legt sich auf die Seite und stützt den Oberkörper auf ihren angewinkelten Arm. Tief gräbt sich ihr Ellenbogen in den Boden des Nestes, aber sie bemerkt den Druck, der auf ihrem Arm lastet, kaum. Sie ringt mit anderen Schmerzen. Jetzt steht sie wieder und greift sich mit einer Hand zwischen ihre Beine. Sie kennt den Ablauf einer Geburt. Instinktiv weiß sie, was zu tun ist, und doch ist sie irritiert. Sie spürt Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen und betastet daraufhin ihre Scheide. Neugierig führt sie ihre Hand an die Nase. Sie schnuppert begierig den Duft der Flüssigkeit, die neues Leben ankündigt. Sie leckt ihre Finger ab und ist für einen kurzen Moment vom Duft und Geschmack gefangen. Kurz fesseln diese beiden Sinneseindrücke sie ganz und gar. Dann fühlt sie erneut zwischen ihre Beine. Noch mehr Feuchtigkeit klebt an ihren Schenkeln. Die Gebärende beriecht und schmeckt abermals die Flüssigkeit, die ihre Hand benetzt. Unvermittelt springt Rubiga aus dem Nest, das sie sich gerade gebaut hat. Hastig kramt sie Pflanzenmaterial zusammen, um sich ein frisches Lager zu richten. Sie hockt. Unablässig fahren ihre Hände zwischen die Beine. Jetzt legt sie sich auf die Seite. Dann hockt sie sich wieder hin und stützt sich auf dem Boden ab. Sie ächzt.
Einige Minuten vergehen. Rubigas Körper windet sich in Geburtswehen. Endlich zwängt sich der Kopf ihres Nach wuchses durch den Geburtskanal. Schon weitet sich ihre Vagina und gibt einen kleinen, behaarten Schädel frei. Schließlich greift die hockende Rubiga zwischen ihre Schenkel. Der Mutter entfährt ein letztes heftiges Stöhnen, dann hebt sie den Säugling an ihren Bauch. Der kleine Körper schmiegt sich an den beschützenden, Wärme ausstrahlenden Leib der Mutter. Ein kurzes Zittern durchfährt das Neugeborene. Noch verbindet die Nabelschnur Mutter und Kind. Reste der schimmernden Fruchtblase kleben an der feuchten Haut des Säuglings.
Die Geburt weckt nun doch das Interesse der anderen. Ruzuzi, der sein Mittagsnest nahe bei der Mutter gebaut hat, inspiziert ihr erstes Lager schon, bevor sein neues Geschwisterchen das Licht der Welt erblickt. Der Geruch von Blut und Fruchtwasser, vermischt mit dem Duft der Mutter, fasziniert ihn. Eingehend untersucht er die Blätter des Nestes und schnuppert an den Geburtsspuren. Sobald Rubiga ihr Töchterchen im Arm hält, kommen weitere Familienmitglieder heran. Sie schnüffeln. Interessiert betrachten sie Mutter und Kind. Vorsichtig strecken sie ihre Arme aus, um den Säugling zu berühren. Jetzt wird es Rubiga zu viel. Sie steht auf und zieht sich, ihr Kind im Arm, ins nächste Gebüsch zurück, während die Nabelschnur unter ihrem Bauch pendelt. Drei Gorillas folgen ihr, der Rest untersucht das Geburtslager und seine blutverschmierte Polsterung.
Aus dem Dickicht, in das Rubiga geflüchtet ist, ertönen zwei, drei barsche Grunzlaute und ein helles Quieken. Man hört den dumpfen Aufschlag eines Fausthiebs auf einem Gorillakörper. Dann wird es wieder still.
Nach einer Weile erscheint Rubiga erneut auf der kleinen Lichtung, um die herum die Sippe ihr Mittagslager aufgeschlagen hat. Der Körper ihrer kleinen Tochter ist immer noch feucht. Kopf, Rücken und Oberseiten der Arme und Beine bedecken weiche, dunkle Haare. Am Rest des Körpers glänzt die Haut nahezu makellos weiß. Die Nabelschnur und sämtliche Reste der Fruchtblase sind fort. Dank ihrer Erfahrung weiß Rubiga zu jeder Zeit, was zu tun ist. Werden Gorillaweibchen zum ersten Mal Mutter, gibt es viele Gelegenheiten für Fehler. Manches Gorillababy erstickt in der Fruchtblase, da die Mutter die undurchlässige Haut nicht rechtzeitig entfernt. Bei anderen Neugeborenen hämmern schon in der ersten Stunde ihres Lebens harte Schläge auf den zerbrechlichen Körper, da die Mutter einfach keine Übung im Transport ihres Babys hat. Anderen Gebärenden gelingt es nicht, die neugierige Affenbande auf Distanz zu halten, und der Sprössling wird allzu wild
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