Der Gott, den es nicht gibt - Westliche Religion und die Lüge von Gott
Spielzeug für Kinder?
Die Vorstellung von Gott ist nur entstanden, weil unser Verstand die Ewigkeit nicht fassen kann. Sobald man sich über den begrenzten Verstand zum unbegrenzten No-Mind erhoben hat, kann man sich alles vorstellen, was vorher unvorstellbar war. Kein Gott ist dann notwendig.
Die zweite Frage:
Wenn es keinen Gott gibt, ist dann in der Religion noch Platz
für Gebet?
Es ist kein Platz mehr für Gebet, denn Gebet ist auf Gott orientiert. Wenn es keinen Gott gibt, zu wem sollte man dann noch beten? Alle Gebete sind falsch, denn es gibt niemanden, der sie beantworten könnte, niemanden, der sie hören könnte. Alle Gebete sind eine Demütigung, eine Beleidigung, eine Erniedrigung. Alle Gebete sind widerwärtig! Ihr kniet vor einer Fiktion nieder, die nicht existiert.
Und was macht ihr in euren Gebeten? Ihr bettelt. »Gib mir dies, gib mir jenes« – absolut armselig – »Gib uns unser tägliches Brot!«
Könnt ihr nicht ein für alle Mal darum bitten? Warum müsst ihr jeden Tag darum bitten? Und fünf Milliarden Menschen bitten, während nur einer zuhört – glaubt ihr, dass er geistig gesund bleiben kann? »Gib uns unser tägliches Brot!« Warum nicht einmal fürs ganze Leben darum bitten und dann damit aufhören? Ein einziges Gebet sollte genügen.
Doch jeden Tag belästigt ihr ihn, nörgelt ihr herum wie eine zänkische Ehefrau, morgens und abends. Und die Mohammedaner beten sogar fünfmal am Tag. Sie sind die größten Nörgler.
Ich pflegte immer in Udaipur Meditationscamps abzuhalten. Es war ein weiter Weg bis dorthin von dem Ort, wo ich wohnte, in Jabalpur. Es dauerte sechsunddreißig Stunden dorthin, weil es damals zwischen diesen beiden Orten noch keine Flugverbindung gab. Es gab zwar einen Flughafen in Jabalpur, doch das war ein Militärflughafen, der für die Öffentlichkeit nicht zugänglich war.
Also musste ich mit dem Zug fahren und an vielen Stellen umsteigen. Erst musste ich in Katni umsteigen, dann in Bina und dann noch einmal in Agra. Dann musste ich zum letzten Mal in Chittaurgarh den Zug wechseln, und danach kam ich schließlich in Udaipur an. Es war immer Abend, wenn der Zug in Chittaurgarh ankam, und ganz in der Nähe von Chittaurgarh liegt Ajmer. Ajmer ist eine der Hochburgen der Mohammedaner, so dass sich immer viele Mohammedaner im Zug befanden. Und der Zug musste immer eine Stunde lang im Bahnhof auf einen anderen Zug warten, mit dem weitere Reisende nach Udaipur ankommen sollten.
Eine Stunde lang ging ich also auf dem Bahnsteig spazieren. Die Mohammedaner, die den ganzen Bahnsteig entlang da saßen, befanden sich im Gebet, und ich machte mir einen Spaß daraus, zu jemandem hinzugehen und zu sagen: »Der Zug fährt ab«, worauf derjenige aufsprang und dann ärgerlich wurde: »Du hast mein Gebet gestört!«
Darauf antwortete ich: »Ich habe niemandes Gebet gestört. Ich verrichte einfach nur mein eigenes Gebet. Es ist mein innigster Wunsch, dass der Zug endlich abfährt. Ich habe nicht mit dir gesprochen; ich kenne doch nicht einmal deinen Namen.«
Worauf der andere meinte: »Das ist doch merkwürdig ... mitten in meinem Gebet? «
Doch ich sagte zu ihm: »Es war kein wirkliches Gebet, denn ich habe dich beobachtet – wieder und wieder hast du nach dem Zug Ausschau gehalten.« Darauf musste der andere zugeben: »Nun ja, das stimmt.«
Und so war es auf dem ganzen Bahnsteig. Ich ging weiter und näherte mich ein paar anderen Leuten und flüsterte einfach nur:
»Der Zug fährt ab.« Und schon sprang jemand anderer auf und wurde daraufhin sehr zornig: »Was bist du nur für ein Mensch? Du wirkst religiös, doch du störst die Menschen in ihrem Gebet! «
Worauf ich immer erwiderte: »Ich störe niemanden. Ich bete einfach nur zu Gott, dass der Zug jetzt endlich abfährt.«
Woraus bestehen eure Gebete? Ihr bittet um dieses, ihr bittet um jenes. Eure Gebete machen euch zu Bettlern. Meditation dagegen macht euch zu Kaisern.
Es gibt niemanden, der eure Gebete hört; es gibt niemanden, der auf sie antwortet. Alle Religionen sorgen dafür, dass ihr immer nur außenorientiert seid, dass ihr euch nicht nach innen richtet. Gebete sind außenorientiert: Dort ist Gott, und ihr ruft zu diesem Gott.
Doch das führt euch weg von euch selbst.
Alle Gebete sind irreligiös. Ich habe euch schon oft eine wunderbare Geschichte erzählt, die von Leo Tolstoi stammt.
Der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche – diese Geschichte spielt vor der Revolution – begann sich große
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