Der Gott von Tarot
herauszufinden, wie sich diese Knochen bewegten. Es war kaum zu glauben, aber sie bewegten sich ohne Muskeln, Sehnen oder Drähte. Aber sie bewegten sich.
Dann begann der Tumult. Das Bild tanzte hin und her und erlosch schließlich.
„Ich weiß, daß es eine Beschränkung für persönliche Besitztümer auf ein Kilogramm gibt“, bemerkte Bruder Paul. „Wie gelangte ein so kompliziertes Gerät wie eine Filmkamera dorthin?“
„Man kann sie heutzutage recht klein herstellen“, sagte die Priesterin. „Hier haben sich zwei Emigranten das Gewicht geteilt, und drei weitere Familienmitglieder haben geholfen, kleinere Teile eines dazu passenden Projektors mitzunehmen, den man mit der Hand betreiben kann. Wie dieser hier.“ Sie tätschelte das Gerät. „Sie haben sich eher ihren Bedürfnissen als einer Philosophie ergeben, aber sie waren genial. Nun wissen wir, wie vorteilhaft das war. Sonst hätte niemand auf der Erde diese Geschichte geglaubt. Dieser Film ist ein Beweis, den man nicht aus dem Raum schaffen kann: Irgend etwas geschieht auf dem Planeten Tarot, etwas Außergewöhnliches. Und die Behörden wollen es herausfinden.“
„Aber warum kommen sie damit zu uns?“ fragte Bruder Paul. „Ich hätte gedacht, sie schicken Wissenschaftler mit hochtechnisierter Ausrüstung dorthin?“
Sie machte unbewußt eine ‚Geduld’ bedeutende Handbewegung. „Das haben sie auch. Aber es schien aufhebende Wirkung zu haben.“
Aufhebung! Die Sorge aller Reparaturkräfte und Psychoforscher. Wie war es möglich, etwas zu begreifen, das nur in Abwesenheit des Untersuchenden eintrat? „Heißt das, daß die Experten nichts herausbekamen?“ fragte er.
„Richtig. Aber sie haben die Kolonisten befragt und eine Liste von Vorfällen aufgezeichnet. Sie entdeckten, daß sich die Erscheinungen auf bestimmte Zeiten und bestimmte Orte beschränkten – normalerweise. Und sie vollzogen sich nur in Anwesenheit von Gläubigen.“
„Das hört sich vertraut an“, meinte Bruder Paul. „Der Gläubige hat die Erfahrung und der Ungläubige nicht. So ist das immer mit dem Glauben.“ Er dachte an seine Diskussion mit den Jungen und Mädchen aus dem Dorf; sein Glaube war stärker gewesen als ihr Unglaube.
„Genau. Abgesehen davon, daß die Skeptiker der Kolonie ebenfalls in der Lage waren, einige der Phänomene zu sehen. Woraufhin sie zu Gläubigen wurden.“
Wie auch Saulus von Tarsus auf der Straße nach Damaskus die Größe Gottes erfuhr und zum Christen wurde. Wie die Jungen aus dem Dorf die Macht der Kampfkunst begriffen hatten. „Gläubige von was?“
„Sie glaubten nun alles, was sie sahen. Es hatte Skeptiker gegeben, als der Danse macabre begann, aber am Ende gab es keinen mehr, weil man die Skelette sogar berühren konnte. Aber es gab noch andere Manifestationen. In einem Fall war es Gott … oder zumindest ein brennender Busch, der deutlich behauptete, er sei Gott.“
Dreister Busch! „Hört sich wie ein Fall für Priester, Rabbis und andere heilige Menschen an.“
„Die haben als nächste dort untersucht. Sie sind direkt in die heimgesuchten Gegenden vorgedrungen.“ Sie hielt inne, und Bruder Paul lockte sie nicht durch eine weitere Frage. Einige Zeit lang starrte sie auf ihren Schreibtisch, als betrachte sie jede Faser des groben Holzes, und fuhr schließlich fort: „Es war eine Katastrophe. Zwei haben ihrem Amt abgeschworen. Zwei mußte man als geistig inkompetent einsperren, und zwei starben. Es scheint, daß sie mehr Hölle als Himmel erlebt haben. Und so ist diese Aufgabe nun bei uns gelandet.“
„Und diese Erscheinungen haben wirklich getötet? Haben menschliches Leben angetastet? Es
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