Der Gott von Tarot
Mann von durchschnittlicher Größe mit kurzgeschnittenem, schwarzem Haar. Er neigte zum Dickwerden, doch seine Muskeln befanden sich in hervorragendem Zustand, was sich zeigte, als er das schwere Gerät anhob.
„Wäre es nicht besser, die Pumpe an der Oberfläche aufzubauen, um sie besser überprüfen zu können?“ fragte Bruder Jakob, als sich Bruder Paul mit dem Gewicht des herabsinkenden Zylinders abmühte.
„Doch … aber dann hätten wir kein Wasser“, erklärte Bruder Paul. „Oberflächenpumpen arbeiten mit Unterdruck, und der Druck der normalen Atmosphäre pumpt die Flüssigkeit hinauf. Er beträgt etwa 1,033 kp/cm 2 und kann Wasser wegen des Reibungswiderstandes und bestimmter anderer Besonderheiten dieses Systems nicht höher als zehn Meter anheben. Daher benutzen wir eine Druckpumpe, die in der Nähe des Wasserspiegels arbeitet; diese Art von Gerät hat keine derartigen Grenzen. Es ist in der Tat mühseliger, aber notwendig.“
„Ja, jetzt verstehe ich es. Es ist mehr, als einfach die Pumpe an der Mühle zu befestigen. Es muß auch richtig gemacht werden.“
„Vermutlich ist es mit der Macht Gottes das gleiche“, meinte Bruder Paul nachdenklich. „Sie ist vorhanden wie der Wind: ein ungeheures Potential, das oftmals durch den Menschen nicht erkannt oder wahrgenommen wird. Aber es ist real. Wir müssen uns nur die Mühe geben, es zu begreifen. Es liegt an uns, dieses Potential anzuschließen, es direkter mit den Leben der Menschen zu verbinden. Aber wenn wir auch alle Elemente besitzen, funktioniert es nur, wenn alle Einzelteile an der richtigen Stelle sitzen, und es klappt nicht, wenn ein Teil der Technik ausfällt, wenn man auch oberflächlich den Fehler nicht erkennen kann.“
„Das halte ich nicht für eine Analogie“, entgegnete Bruder Jakob. „Es ist die Wahrheit. Der Wind ist Gott und auch das Wasser. Wir können nicht abgetrennt von Ihm existieren. Nicht einen kleinen Moment lang, in keiner Weise.“
Bruder Paul hielt bei seiner Arbeit inne und hielt ergeben die Handflächen nach oben. „Du hast natürlich recht. Aber es muß einen Kommunikationsprozeß mit der Macht da oben geben …“ – er hob die Rechte zum Himmel – „… und der Substanz auf der Erde.“ Seine linke Hand wies auf den verschwundenen Zylinder.
„Und diesen Prozeß würde ich ‚beten’ nennen“, sagte Bruder Jakob.
Die reparierte Pumpe begann wieder zu arbeiten. Aus dem Rohr strömte ein voller, klarer Wasserstrahl und ergoß sich in den Vorratstank und die Zisterne. Bruder Jakob war aufgeregt.
Ohne ein weiteres Wort ging Paul zurück in sein Zimmer, wusch sich Hände, Arme und Gesicht und zog sich seinen Habit an: die schwarze Robe mit dem umgebogenen Kragen und dem Kreuz nach außen. Er hatte eine Lektion zu geben und die Zeit bereits überschritten. Wenn es um die Arbeit für Gott auf der Erde ging, war man am besten pünktlich.
Plötzlich hellte sich seine Miene auf. „Luft, Erde, Wasser, Feuer!“ rief er aus. „Wunderbar! Danke, Gott, für diese Enthüllung.“ Es bedeutete für ihn keinen Widerspruch, direkt mit Gott umzugehen. Der Heilige Orden der Vision befürwortete den Kontakt mit Gott in jeder Weise, die für beide Seiten zufriedenstellend erschien.
Dann saßen die Schüler vor ihm: fünf junge Leute aus dem nahe gelegenen Dorf. Man hielt diese Orientierungslektionen gelegentlich ab, wenn sich genügend Interesse dafür zeigte. Während die ungeheure Verringerung an Energie und Menschen auf der Erde zunahm, verstärkten sich die Bedürfnisse nach natürlicheren technologischen und sozialen Systemen, und daher waren diese Lektionen ziemlich regelmäßig geworden. Die Brüder und
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