Der Gott von Tarot
‚ganzheitlich’, ‚Vision’ die Vision des Heiligen Paulus auf der Straße nach Damaskus, die ihn Christ werden ließ. Man darf ihn nicht mit dem Heiligen Paul, dem Einsiedler, verwechseln. Wir sind keine Kirche, sondern eher eine Bruderschaft. Wir möchten alle Menschen zueinander bringen und sie das Universalgesetz der Schöpfung lehren, um die Erde auf das neue heraufziehende Zeitalter vorzubereiten. Wir versuchen, den Bedürftigen zu helfen, gleich, was ihre Bedürfnisse sein mögen, und beraten sie entweder oder bieten ihnen materielle Hilfe an. Wir legen großen Wert auf praktische Anwendung – auch bei Windmühlen – in diesen Tagen der schwindenden Zivilisation.“
„He, das ist toll“, sagte das Mädchen. „Kann jeder Mitglied werden?“
Dank sei ihr! Sie übernahm seine Aufgabe!
„Jeder, der möchte, nach einer bestimmten Lehrzeit. Man muß den Orden wirklich verstehen, ehe man wissen kann, ob man ein Teil davon werden will.“
„Warum tragt ihr Kutten und studiert die Bibel und so weiter?“ fragte einer der anderen Jungen. Er hatte dunkle Haut wie Bruder Paul: Die Gesellschaft pflegte diese Verschmelzung von verschiedenen Rassen immer noch ‚schwarz’ zu nennen. „Könnt ihr nicht einfach hinausgehen und Gutes tun ohne diese Verkleidung?“
„Eine ausgezeichnete Frage“, meinte Bruder Paul. „Ihr beginnt wirklich die Verbindung von Inhalt und Form zu begreifen. Eine gute Idee ist ohne die angemessene Form, in die man sie kleidet, Verschwendung. Zum Beispiel wäre eine exzellente Idee für ein Buch durch unbeholfene oder ungenaue Schreibweise vergeudet. Auch ist eine gute Idee, wie man Energie aus dem Wind gewinnt, umsonst, wenn man die Gerätschaften dazu nur unvollständig herstellt. Vielleicht ist der Mensch selber eine Idee, die im Kopf des Schöpfers existiert – doch auch diese Idee muß die ihr gemäße Gestalt annehmen. So ist das auch bei uns im Orden der Heiligen Vision: Wir meinen, daß Formen wichtig, ja sogar von der grundlegenden Idee untrennbar sind.“
„Aber das ist McLuhanismus“, sagte der dritte Junge. Er war ein weißer, schwarzhaariger, sauberer Junge, der etwas älter als die anderen war. Wahrscheinlich war er auch gebildeter. Er hatte ein Wort benutzt, das heutzutage nur noch wenigen bekannt war, um die Kenntnisse des Lehrers auf die Probe zu stellen.
„Nicht hundertprozentig“, entgegnete Bruder Paul, froh, auf die Herausforderung eine Antwort zu wissen. „Das Medium ist vielleicht untrennbar von der Botschaft, aber es ist nicht die Botschaft. Vielleicht würden unseren Zwecken andere Ausdrucksformen ebenso dienlich sein, aber wir haben ein System, das zu funktionieren scheint, und wir werden es beibehalten, bis es uns sinnvoll erscheint, es zu ändern.“ Einen Moment lang schloß er die Augen und schickte ein stummes Dankgebet aus, weil die Stunde so gut verlief. „Wir meinen, daß Gott, uns zu führen, kein besseres Mittel hat als die Bibel, aber eines Tages vielleicht …“
„Unsinn“, warf der griesgrämige Junge ein. „Gott existiert nicht, und die Bibel ist unwichtig. Alles Aberglaube.“
Jetzt war der Fehdehandschuh geworfen. Alle blickten auf Bruder Paul, um seine Reaktion abzuwarten.
Sie wurden enttäuscht. „Vielleicht hast du recht“, entgegnete dieser ohne Verstimmung. „Skeptizismus ist etwas Gesundes. Wenn ich jedoch für mich allein spreche, dann muß ich allerdings sagen, wenn ich auch manchmal so fühle wie du, so bin ich doch zu anderen Zeiten absolut sicher, daß Gott real und wichtig ist. Es liegt an jeder einzelnen Person, dies zu entscheiden – und innerhalb des Ordens hat er dazu die Freiheit. Wir diktieren keine Religion, und wir stoßen
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