Der Gottbettler: Roman (German Edition)
Magicus. Ich hätte Macht wie schon lange nicht mehr.
»Einverstanden.« Rudynar spuckte in seine Rechte und hielt sie ihr hin.
Terca schlug ein und schüttelte sie energisch. »Ein Jahr bist du mein. Unter allen Umständen. Wenn du meinst, mich betrügen zu können, irrst du dich. Ich kenne Mittel und Wege, mich deiner Ergebenheit zu versichern.«
»Ich bin ein Hoher Herr. Ich gehe keinen Meineid ein.«
Du lügst. Ich kann es an deiner Stimme hören. Du magst vor langer Zeit ein Mann von Ehre gewesen sein. Doch du hast deine Würde längst verloren. Vielleicht gebe ich dir die Gelegenheit, sie wiederzuerlangen. Aber nur dann, wenn du wirklich das tust, was ich von dir verlange.
»Dann lass uns deinen Freund retten. Zumindest das, was von ihm übrig ist.« Terca griff nach Nadel und Faden. Mit einem in langen Stunden präparierten Knochen und gut durchgekauter tierischer Darmhaut würde sie den Magicus zusammenflicken. Sie würde einige Zauber sprechen, während sie ihr Werk verrichtete. Denn sie ahnte, wie Pirmen reagieren würde, sobald er das Schlimmste überstanden hatte und wieder zu sich kam.
»Wir kümmern uns zuerst um den linken Arm«, wies sie Rudynar an. »Wir müssen weghacken, was da sinnlos von der Schulter hängt, und den Reststummel ordentlich vernähen. Danach kümmern wir uns um das rechte Bein. Du musst ihn ruhig halten. Verstanden?«
»Verstanden«, antwortete der Barbar. Er warf sich mit seinem ganzen Gewicht auf den kleinen Magicus, und während Terca die richtige Stelle für die Amputation bestimmte, kaute er mit Hingabe auf seinem dunkel gebratenen Stück Hasenlauf herum.
»Warum hast du das getan?«, schrie Pirmen. »Warum hast du dich ihr versprochen, du hirnverbrannter Barbar?« Er fiel zurück auf sein Lager und brabbelte sinnloses Zeugs vor sich hin.
Terca flößte ihm trotz seines Widerwillens einige Mundvoll heiße, kräftigende Kräuterbrühe ein, und schon bald glitt der kleine Magicus in unruhigen Schlaf zurück. Seine Gesichtsfarbe wirkte gesünder als noch vor zwei Tagen. Auch die Narben verheilten gut. Bloß die Naht, die sich quer über seinen Bauch zog, machte Terca Sorgen. Sie nässte noch immer. Terca hatte die Wunde sorgsam von Schmutz und Schorf gereinigt, dennoch hatte sie sich entzündet. Kein Wunder, angesichts der Umstände, unter denen sie gearbeitet hatte, stundenlang, bis weit in den Morgen hinein.
»Mit ein klein wenig Glück ist er morgen bei klarem Verstand«, sagte sie zu Rudynar.
»Die Götter mögen uns vor allem schützen, was heutzutage ein klein wenig Glück genannt wird.«
»Pirmen wird sich wieder beruhigen, keine Sorge. Wenn er ein gelehriger Schüler war, wird er die Vorteile seiner Verkrüppelung erkennen.«
»Es hat Vorteile, dass er bloß noch ein Bein mit drei Zehen und einen Arm hat, dessen Finger wie dünne blaue Würste wirken und die er kaum bewegen kann? Welche denn? Etwa, dass er das Mitleid jungfräulicher Schönheiten erwecken wird und deren Betten wärmen darf? Irgendwie habe ich so meine Zweifel daran.«
»Die Magicae sind ein eigener, ein sonderbarer Menschenschlag. Sie haben es gelernt, mit Unglücksfällen zurechtzukommen.«
»Wollen wir’s hoffen.« Rudynar sah sich um, stand auf, setzte sich wieder. Er war unruhig.
Terca erkannte die Anzeichen. Dieser Mann benötigte Beschäftigung, wollte sie nicht, dass er zum Problem wurde. Er stand kurz davor durchzudrehen. Er würde bald nicht mehr auf sie hören, Schwur hin oder her. Es verlangte ihn nach etwas zu trinken.
»Begleite mich in den Wald«, schlug sie ihm vor.
»Wir können den Kleinen unmöglich allein lassen, Frau Terca.«
»Yankela wird über ihn wachen. Nicht wahr?«
»Ich werde ihn auffressen, sobald ihr außer Sichtweite seid, auch wenn ich von dieser kleinen Portion sicherlich nicht satt werde.«
»Du wirst tun, was ich dir sage!« Terca streckte eine Hand aus und bewegte die Finger. Die Rippenknochen der ehemaligen Wildkatze zogen sich zusammen, die Wirbel des toten Tiers knirschten. »Hast du verstanden?«
»Schon gut, schon gut!« Yankela tat einige steife Sprünge und rollte sich unmittelbar neben Pirmen zusammen.
»Was willst du im Wald?«, fragte Rudynar.
»Wir sammeln Kräuter. Meine Vorräte gehen zur Neige. Und du wirst mir endlich eure Geschichte erzählen. Wie es dazu kam, dass Pirmen derart schwer verletzt wurde. Was euch beide zusammengeführt hat. Wohin ihr unterwegs seid, was ihr vorhabt.«
»Das sind viel zu viele Fragen auf einmal. Ich
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