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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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zwischen Magicae und Hexen tobte.« Sie deutete in Richtung Süden. »Die Auswirkungen dieses Kampfes waren fatal. Ein Teil des Meeres verfestigte sich. Es altert nicht oder nur kaum. Fische und andere Meerestiere, die bis zu einer Tiefe von etwa sechs Körperlängen hin zur Oberfläche zugange waren, sind seitdem in einer molasseähnlichen Substanz festgesetzt.« Sie schüttelte den Kopf. »Es gibt angeblich mehrere dieser Flächen. Sie treiben dahin, treffen aber niemals aufs Ufer. Siehst du diese weißen Streifen, die wie Arme ins Freie ragen?«
    Herr Rudynar Pole kniff die Augen zusammen. »Ja. Sieht irgendwie glitschig aus.«
    »Sie gehören einem Kraken. Sie befindet sich am Rand der Treibgierde. Sie bewegt sich unendlich langsam hin zur offenen See. Womöglich begreift sie instinktiv, wohin sie sich wenden muss. In fünfzig Jahren, wenn du längst zu Staub zerfallen bist, wird sie freikommen. Um gleich darauf zu sterben. An Altersschwäche. Denn die Zeit lässt sich nicht betrügen.«
    »Ach ja? Und was ist mit dir?«
    »Ich bin einen Pakt eingegangen, für den ich eines Tages den Preis bezahlen muss.« Er war noch immer zu aufmüpfig und stellte Fragen, die ihr ganz und gar nicht behagten. Lernte er etwa, sich ihren Kräften zu widersetzen?
    In der Ferne, im Westen, ballten sich Wolken zusammen. Vielfach verästelte Blitze zuckten ins Wasser, und es dauerte lange Sekunden, bis das Donnergrollen zu hören war. Doch das Unwetter näherte sich rasch, wie auf offener See üblich. Terca fröstelte, nicht nur aufgrund der frischen Brise, die über ihre Köpfe hinwegfuhr. Sie hielt den Blick weiterhin auf die Treibgierde gerichtet; auf überhängende Wellenkämme, die erst in zwei Tagen oder einem Jahr, wer wusste das schon zu sagen, in sich zusammenstürzen würden. Ein Stück Treibholz ragte hoch in die Luft, und sie meinte, eine Hand danach greifen zu sehen. War es die einer Hexe, die inmitten des von ihr erschaffenen Chaos gefangen war und die Jahrhunderte überlebt hatte? Jahrhunderte, die wie Minuten erschienen? Kannte Terca diese Hexe etwa? Und das Wesen, das knapp über der Masse schwebte und beide Hände weit ausgestreckt hielt, war das ein Magicus, der das Auftauchen der Hexe verhindern wollte?
    Schaudernd wandte sich Terca ab, während die Seekröte die Treibgierde allmählich umrundete, stets auf ausreichenden Abstand achtend, um dann wieder geradeaus zu schwimmen, dem Ziel Griam entgegen.
    Das Unwetter erreichte sie. Die Himmelsschleusen öffneten sich. Der Regen war bald so dicht, dass sich Terca ins Innere des Tiers zurückzog. Ein Seemann schloss das Loch über ihr mit einer behelfsmäßigen Holzluke. Terca trank weiteren Tee, aß dazu trockenes Salzgebäck. Die Bilder des eingefrorenen Untergangs, die noch spürbaren Reste von Magie wirkten sich allzu deutlich auf ihren Geist aus.
    Griam. Die mächtigste aller Oceanica. Ein Bau aus Stein und Holz inmitten der Cabrischen See. Eine künstliche Insel und ein Fanal für Freiheitsliebende aus allen Ländern des Weltenkreises. Gegenstand vieler Erzählungen und Mythen.
    Hier trafen sich Piraten und Händler, Arme und Reiche, Geistesriesen und Idioten, Starke und Schwache. Niemand missachtete den anderen, jedermann war anerkannt, ungeachtet seiner Herkunft oder sozialen Stellung.
    »So wird es zumindest erzählt«, murmelte Terca.
    »Wie bitte?« Pirmen zeigte sich mäßig interessiert. Er hatte bloß Augen für die Türme der Stadt, deren mächtigste gut zweihundert Körperlängen in die Höhe ragten.
    »Es ist nichts. Ich war bloß in Gedanken.« Terca hatte zu viel erlebt und gesehen, um noch an Märchen zu glauben. Sobald Menschen, Magicae oder Wicca im Spiel waren, so hatte sie die Erfahrung gelehrt, faulten selbst die Früchte des schönsten Paradieses.
    Einst war Griam eine Treibinsel gewesen, die den Ausgestoßenen aus allen an den Ozean angrenzenden Ländern als letztes Refugium gedient hatte. Nun war es am Meeresboden festgemacht, durch unglaubliche Leistungen der hiesigen Magicae und wagemutigen Taucher, die es mithilfe seltsamer Wassergefährte geschafft hatten, bis in mehrere hundert Meter Tiefe zu gelangen, um dort ihre Arbeiten zu verrichten.
    »Endlich wieder daheim!«, rief Pirmen aus. Er krampfte seine verbliebene Hand um die Panzerreling und atmete tief ein. »Ich hätte beinahe den Glauben verloren, es jemals zurückzuschaffen.«
    »Du solltest nicht vergessen, wer dir dabei geholfen hat.« Terca bemühte ein Lächeln, doch es wollte

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