Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
Vom Netzwerk:
diesem Kopf die Ohren befanden.
    »Dieser Name hat noch einen recht guten Klang bei uns«, sagte der Zwerg nach einer Weile. »Uns ist nicht bekannt, dass du uns jemals Leid angetan hättest.«
    O doch, das hatte sie. Aber Terca war schlau genug gewesen, damals nicht offen in Erscheinung zu treten. »Nun?«
    »Wofür benötigst du unsere Hilfe?«
    »Freunde … Ein Freund von mir läuft Gefahr, im Herrschaftsbereich der Magicae seine Freiheit oder sogar sein Leben zu verlieren.«
    »Haben Hexen denn Freunde? Das wäre uns neu.«
    »Mir auch«, gestand Terca, um dann zu ihrem eigenen Erstaunen zu ergänzen: »Aber Herr Rudynar Pole ist ein Mann voll Ehre, dem ich nahestehe.«
    »Wir kennen auch diesen Namen. Er steht für viel Schlechtes.«
    »Sagtest du nicht, dass man lediglich nach dem ersten, dem wichtigsten Namen urteilen sollte?«
    »Und der wäre?«
    »Er ist der Mann mit den goldenen Augen.«
    Der Zwerg verschwand, das Loch verbreiterte sich binnen wenigen Augenblicken. Terca zog sich erschrocken zurück, denn der Boden unter ihr bewegte und schüttelte sich, als würde ein Teil der Stadt in sich zusammenbrechen. Dann steckten etwa zwei Dutzend Zwerge ihre erdbedeckten Häupter aus dem Boden. Der Kleinste der Kleinen übernahm wie zuvor die Rolle des Sprechers: »Große Dinge geschehen, und es hat den Anschein, als würden sie auch Griam betreffen.«
    »So ist es.«
    »Wir werden unseren Pakt mit den Magicae auf diesem Oceanicum brechen. Wir helfen dir. Allerdings nur unter zwei Bedingungen.«
    »Und die wären?« Zwerge machten niemals etwas umsonst.
    »Erstens gehört uns, was in den Magischen Türmen zu finden ist. Manche dieser Dinge haben in den Händen dieser Wesen nichts verloren. Sie müssen sicher verwahrt werden, damit sie keine Gefahr darstellen.«
    »Einverstanden.« Das würde die Situation weiter verkomplizieren. »Und zweitens?«
    »Du wirst für unser Volk eintreten, sollte es in Zukunft notwendig sein. Du wirst uns beschützen, mit all deinen Kräften.«
    Terca dachte für einen Moment ernsthaft darüber nach, einfach davonzugehen und Rudynar Pole seinem Schicksal zu überlassen. Die Zwerge taten mitunter unerklärliche Dinge. Sie gingen mit unnötiger Brutalität gegen Feinde vor, stahlen, mordeten und brandschatzten. Ihre Fähigkeiten und ihre Arbeitskraft wurden allerorts geschätzt, doch vertrauen konnte man ihnen nicht. »Auch damit bin ich einverstanden«, sagte sie schweren Herzens.
    »Dann lass uns gehen.« Zwei dünne, lange Arme wurden sichtbar. Der Kleine reckte sie ihr entgegen, während das Loch, in dem er steckte, vergrößert wurde. »Wir graben dir einen Weg.«
    »Und ihr wisst wohin?«
    Was für eine dumme Frage. Diese Zwerge wussten über alles und jedermann in Griam Bescheid. Sie fühlten, was über ihren Köpfen vorging, sie hörten das Wispern an der Erdoberfläche. Sie spürten, wenn Mann und Frau Liebe machten, und wenn sie sich einen Spaß erlauben wollten, brachen sie nach vollzogenem Akt durch die Holzdielen, um der Frau weiszusagen, dass sie schwanger werden würde. Und sie behielten mit ihren Behauptungen stets recht.
    Terca holte tief Luft, beugte sich vornüber, schaufelte Erde beiseite und zwängte sich in das Loch. Die Dunkelheit war allumfassend, doch sie wusste aus früheren Erfahrungen, dass sie bloß ein wenig warten musste, bis sich ihre Augen an das matte Glimmen gewöhnten, das die Zwerge den Lichtsteinen abzwangen und mit dessen Hilfe sie sich in ihrem Reich bestens zurechtfanden.
    Sie war versucht zu fragen, ob der schmale Stollen, durch den sie sich voranschob, nicht einbrechen konnte, doch sie ließ es bleiben. Zwerge waren an derlei Unfälle gewöhnt und hielten sie für nichts Besonderes. Wurden sie verschüttet, verfielen sie in Starre, die mitunter Jahrhunderte andauern konnte, bis sie befreit wurden. Zeit hatte für die Vertreter des Kleinen Volks keine Bedeutung.
    Terca wühlte sich durch den Boden, bis er auf einmal unter ihr nachgab. Sie brach ein, klatschte in eine breiige Masse aus Schlamm und stinkenden Abfällen und trieb dahin.
    »Die Kloake Griams«, sagte ein Zwerg, der neben ihr schwamm. Mit schlängelnden Bewegungen seiner langen, scheinbar knochenlosen Gliedmaßen hielt er sich an der Oberfläche der schlammigen Brühe, die immer dünnflüssiger wurde.
    Terca trieb immer schneller dahin. Sie wagte kaum zu atmen. Nicht nur wegen des Gestanks, sondern auch, weil ihr Kopf immer wieder untergetaucht wurde und sie keinesfalls etwas von

Weitere Kostenlose Bücher