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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Mauerwerk fiel in sich zusammen, und die Wolke wurde auf einmal dichter, nahm Konturen an und wurde zum Schatten eines überdimensionierten Kraken, der in alle Ecken langte und nach Gegnern tastete, um sie mit seinen langen Armen zu umschlingen und ihnen die Luft aus der Lunge zu quetschen.
    Ein Zwerg hastete an Rudynar Pole vorbei, panisch quiekend, doch ein Arm der Wolke holte den Kleinen ein, zwängte sich in seine Körperfalten und schob sich immer weiter in sein Inneres, bis sich der Leib des Zwerges aufblähte und zerplatzte.
    Rudynar Pole war vor Schreck wie erstarrt. Hier war eine Macht am Werk, der er nichts entgegenzusetzen hatte. Gegnern, die man nicht mithilfe eines starken Schwertarms besiegen konnte, wich man tunlichst aus. Nur zu gern wäre er davongelaufen. Doch wohin? Und wie? Seine Beine wollten ihn nicht mehr tragen. Der Große Gleichmacher machte sich immer deutlicher bemerkbar. Er steckte in seinen Beinen, in seiner Brust, in seinem Kopf. Er machte, dass die Dinge rings um ihn farb- und bedeutungslos wurden.
    »Dass ich deine grässliche Visage noch einmal ertragen muss …« Eine Gestalt tauchte vor ihm auf, und sie zerteilte die vage Körperform des verärgert wirkenden Gleichmachers. »Du hast hier nichts zu suchen.« Terca machte ein paar seltsame Handbewegungen, und der Totenbote verschwand, laut heulend und dabei selbst Larex’ irres Geschrei übertönend.
    Wie war das bloß möglich? Träumte er? Glitt er allmählich in ein Delirium? Oder hatte die Hexe tatsächlich den Tod vertrieben?
    Sie beugte sich zu ihm herab. So weit, dass er jede Runzel, jedes Nasenhaar deutlich erkennen konnte. Sie war abgrundtief hässlich, alt wie ein verwitterter Stein – und hatte dennoch etwas an sich, das Rudynar Pole in diesen Momenten unglaublich attraktiv fand.
    »Du wirst leben«, sagte sie mit seltsam anmutender Zärtlichkeit. »Das sind ja allesamt bloß Fleischwunden …«
    Fleischwunden? War die Hexe völlig verblödet? Sie musste doch sehen, dass Blut und Leben aus ihm troffen und er kaum noch zu atmen vermochte.
    Wobei ich mich, ehrlich gesagt, um einiges besser fühle, seitdem die alte Schrulle aufgetaucht ist …
    »Bevor ich mich um dich kümmere, habe ich noch eine Kleinigkeit zu erledigen. Doch wenn du möchtest, kannst du mich gern begleiten.«
    Eine unsichtbare Kraft hob Rudynar Pole vom Boden. Terca lockte ihn mit einem Zeigefinger hinter sich her, und seine Beine bewegten sich, ohne dass er es ihnen befohlen hätte. Er schritt durch den Nebel, stets die alte Frau vor sich, die gemächlich dahinschlurfte und ganz genau zu wissen schien, wohin sie sich wenden musste.
    Plötzlich tauchte vor ihnen eine weitere Gestalt auf. Es war Pae Loriander, das Schwert in der Hand. Das spöttische Lächeln war aus ihrem Gesicht gewichen, die Kiefer mahlten vor Zorn.
    »Du also«, sagte sie leise zu Terca. »Ich hätte es wissen müssen.«
    »Ihr beide kennt euch?«, keuchte Rudynar Pole erstaunt.
    Die Hexe nickte. »Woher, glaubtest du wohl, hat Metcairn Nifes Linke ihre Kampfkraft, ihren Nimbus der Unbesiegbarkeit? Wir beide haben vor einigen Jahren einen Handel abgeschlossen.«
    »Und ich habe einen Teil meiner Abmachungen erfüllt«, sagte Pae Loriander. »Du hast bekommen, was du wolltest. Also lass mich gefälligst in Ruhe. Dies hier ist nichts zwischen dir und mir. Ich erledige bloß meine Arbeit.«
    »Da irrst du dich, Pae. Herr Rudynar Pole stand schon lange vor dir auf meiner Liste. Aber er war zu eigenwillig und vielleicht auch ein klein wenig zu blöde, um damals meinen Lockungen nachzugeben.«
    Die Linke schüttelte den Kopf. »Na und? Wichtig ist einzig und allein der Vertrag zwischen uns beiden. Du hast mir körperliche Unversehrtheit zugesichert.«
    »Du glaubst doch wohl nicht, dass dieser Zauber auch wirksam ist, wenn du gegen mich antrittst?«
    Pae Loriander wurde schlagartig blass. Sie trat vorsichtig näher und ließ Terca nicht aus den Augen. »Ich verstehe«, sagte sie heiser. »Mein Zauber versagte also, sobald du in meine Nähe kamst. Deshalb war dieser Holzkopf in der Lage, mich zu verletzen!«
    »Ganz richtig. Allerdings hätte ich deine Präsenz spüren müssen, sobald ich den Fuß auf Griams Boden setzte. Dann hätte ich diese Auseinandersetzung vielleicht vermeiden können.«
    Pae Loriander stürmte los, auf ihr Gegenüber zu, und hielt das Schwert, als wollte sie Tercas Leib der Breite nach durchtrennen. Doch die Alte wich aus, mit Schritten, die langsam und zögerlich

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