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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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aufnehmen? Mit den beiden geheimnisvollen Frauen eines Duumvirats, die angeblich seit mehr als vierzig Jahren die Geschicke des Oceanicum lenkten, aber kaum einmal persönlich in Erscheinung traten?
    Nein. Das erschien ihr als zu umständlich, vor allem nicht zu nachtschlafender Zeit, und würde nicht zum Ziel führen. Sie benötigte dennoch dringend Unterstützung. Doch woher und wie? Den Malekuften konnte sie nicht vertrauen. Diese Geschöpfe mischten sich höchst selten in die Angelegenheiten anderer ein.
    Terca sah sich in den Schatten um. Sie entdeckten krude Gestalten, die sie ihrerseits beobachteten und darauf warteten, dass sie sich zu weit auf ihr Terrain vorwagte. Diebe und Halsabschneider, die Kinder der Nacht. Sie waren auf leichte Beute aus. Vermutlich würde Terca ein paar der Totschläger für ihre Pläne gewinnen können, doch auch solche Kerle waren unzuverlässig. Sie würden beim geringsten Widerstand das Weite suchen und sie im Stich lassen. Nein, sie benötigte Hilfe von Wesen, auf deren gegebenes Wort sie sich verlassen konnte.
    Eine Wache grüßte sie mit einem Kopfnicken. Der Mann hielt sich an einer lächerlich anmutenden Hellebarde fest, die ihm hier, in diesem verwinkelten Gassenwerk rings um das Gelände der Magicae, bestenfalls als Stütze für seinen Schlummer dienen konnte. Terca erwiderte den Gruß und ging davon, Richtung Hafen. Ihr war eine Lösung für ihr Problem eingefallen. Doch es würde sie viel kosten. Mehr, als sie eigentlich zu zahlen bereit war.
    Die gepflasterten Wege wurden von solchen aus festgetretenem Erdreich abgelöst, hier und dort zeigten sich ärmliche Hütten und umgedrehte Fischerboote, die während der Nacht den Ärmsten des Oceanicum als Unterschlupf und Schlafstelle dienten. Kleine Feuer brannten entlang der Straßen; die meisten waren bis auf eine schwache Glut heruntergebrannt. Diese Menschen würden bereits in wenigen Stunden wieder auf die See hinausfahren und ihrem Tagwerk nachgehen.
    Zwischen den Booten fand sie, wonach sie gesucht hatte: Erdlöcher, so schmal, dass Terca gerade mal Kopf und Schultern ins Innere quetschen konnte. Vor einem waren sonderbare Zeichen in die Erde gekratzt worden. Terca hatte vor langer Zeit gelernt, die Symbole, die Sigilen, zu deuten. Wollte sie mit einem Mitglied des Kleinen Volkes Kontakt aufnehmen, durfte sie dies auf gar keinen Fall versuchen. Die Zeichen wiesen ihr den Weg woandershin. Zu einem Zugang auf neutralem Boden, wo man Verhandlungen führen konnte. Gewiss befand sich dort ein hoher Anteil an Silikaten, und die wirkten beruhigend auf die Mitglieder des Kleinen Volks.
    Weitere wertvolle Zeit verging, während sie nach den Sigilen suchte. Endlich wurden ihre Mühen belohnt. Sie entdeckte ein Loch, das hinter einem Gebüsch verborgen war.
    Sie beugte sich tief hinab, holte tief Luft und brüllte einige alte, kaum noch bekannte Zwergenworte in die Tiefe. Dreimal wiederholte Terca sie, dann wartete sie. Um Pläne zu schmieden, deren Gelingen von der Hilfsbereitschaft dieser seltsamen Wesen abhing.
    Ein Raunen riss sie aus ihrer Konzentration. Mit einem Mal fühlte sie die Präsenz eines Zwerges, nein, von zweien der kleinen Wesen.
    Ein Kopf ohne erkennbare Wesensmerkmale, der eher an eine Kartoffel erinnerte, schob sich aus dem Loch. Zwei wurzelähnliche Anhängsel rieben gegeneinander und erzeugten Töne, die man mit ein wenig Fantasie für Sprache halten konnte. »Was willst du, junge Frau?«, fragte der Vertreter des Kleinen Volks.
    »Ich benötige Hilfe.«
    »Du möchtest handeln, oder hast du Besseres anzubieten?«
    »Ich bitte um eure Unterstützung in einem Fall höchster Not.«
    »Du bist eine Hexe.« Das Wesen rieb seinen Kartoffelkopf am Saum ihres Kleids. »Wir hatten einstmals Abmachungen, aber die sind längst hinfällig. Ihr habt uns übervorteilt.«
    »Ich weiß. Wir haben euch großes Leid zugefügt.«
    »Und dennoch wagst du es, uns um einen Gefallen zu bitten?«
    »Um der alten Zeiten willen …«
    »Was du die alten Zeiten nennst, ist für uns, als wäre es gestern gewesen, junge Hexe.«
    »Ich bitte euch inständig um Hilfe.«
    »Wie heißt du, Frau?«
    »Terca. Aber ich hatte früher andere Namen.«
    »Jedermann hat nur einen einzigen Namen. Alles weitere ist bloß Tand und Schaumschlägerei. Also nochmals, wie heißt du?«
    Sie beugte sich weit vor zu diesem Wesen, das etwa die Größe eines neugeborenen Menschenkinds hatte, und flüsterte ihm die Antwort zu, ohne zu wissen, wo sich bei

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