Der Gotteswahn
Standardverfahrens, der Sieben-Punkte-Skala nach Likert. Befragt wurden alle 1074 Fellows der Royal Society, die eine E-Mail-Adresse besaßen (die große Mehrheit), und von diesen antworteten ungefähr 23 Prozent (was für eine solche Untersuchung eine gute Quote ist). Zur Auswahl standen verschiedene Aussagen, wie zum Beispiel: »Ich glaube an einen persönlichen Gott, der sich für einzelne Menschen interessiert, Gebete erhört, sich um Sünden und Fehltritte kümmert und darüber urteilt.« Zu jeder dieser Aussagen sollten sich die Teilnehmer mit einer Zahl zwischen 1 (»stimme überhaupt nicht zu«) und 7 (»stimme völlig zu«) äußern. Die Ergebnisse mit denen der Studie von Larson und Witham zu vergleichen ist nicht ganz einfach, weil diese ihren Befragten keine siebenstufige, sondern nur eine dreistufige Skala vorlegten, aber der Trend ist insgesamt der Gleiche. In ihrer großen Mehrzahl sind die FRS genau wie die US-Akademiker Atheisten. Nur 3,3 Prozent der Fellows äußerten zu der Aussage, es gebe einen persönlichen Gott, starke Zustimmung (das heißt, sie wählten auf der Skala die 7), 78,8 Prozent dagegen lehnten sie völlig ab (1 auf der Skala). Definiert man als »Gläubige« diejenigen, die eine 6 oder 7 wählen, und als »Ungläubige« jene, die sich für 1 oder 2 entscheiden, so stehen einem Übergewicht von 213 Ungläubigen nur 12 Gläubige gegenüber. Außerdem bemerkten Cornwell und Stirrat einen schwachen, aber signifikanten Trend, den auch Larson und Witham festgestellt hatten und der von Beit-Hallahmi und Argyle ebenfalls erwähnt wird: Biologen sind in sogar noch höherem Maße Atheisten als Physiker. Einzelheiten und alle übrigen sehr interessanten Befunde sind dem Artikel selbst nach dessen Erscheinen zu entnehmen. 59
Lassen wir die naturwissenschaftlichen Eliten der National Academy of Sciences und der Royal Society jetzt beiseite, und fragen wir uns ganz allgemein: Gibt es Anhaltspunkte, dass Atheisten auch in der Gesamtbevölkerung eher unter den gebildeten und intelligenteren Menschen zu finden sind? Mit dem statistischen Zusammenhang zwischen Religiosität und Bildungsniveau oder Religiosität und Intelligenzquotient beschäftigen sich mehrere Untersuchungen. Michael Shermer beschreibt in How We Believe: The Search for God in an Age of Science (»Wie wir glauben: Die Suche nach Gott im Zeitalter der Wissenschaft«) eine Umfrage, die er zusammen mit seinem Kollegen Frank Sulloway unter zufällig ausgewählten US-Amerikanern durchführte. Neben vielen anderen interessanten Ergebnissen entdeckten sie, dass zwischen Religiosität und Bildung tatsächlich eine negative Korrelation besteht: Besser gebildete Menschen sind seltener religiös. Ebenso besteht ein negativer Zusammenhang zwischen Religiosität und dem Interesse an Naturwissenschaft und (deutlich) liberalen politischen Einstellungen. Das alles ist ebenso wenig verwunderlich wie die Tatsache, dass zwischen der eigenen Religiosität und der der Eltern eine positive Korrelation besteht. In soziologischen Untersuchungen an britischen Kindern stellte sich heraus, dass nur jeder Zwölfte sich von den religiösen Überzeugungen der Eltern abwendet.
Wie vielleicht nicht anders zu erwarten, wenden die einzelnen Wissenschaftler unterschiedliche Messmethoden an, und das macht es schwierig, ihre Untersuchungen zu vergleichen. Zu diesem Zweck gibt es das Verfahren der Meta-Analyse: Ein Wissenschaftler betrachtet alle veröffentlichten Forschungsarbeiten zu einem Thema und stellt zusammen, wie viele Aufsätze zu der einen oder anderen Schlussfolgerung gelangen. Zum Thema Religion und Intelligenzquotient kenne ich nur eine einzige Meta-Analyse. Sie stammt von Paul Bell und erschien 2002 im Mensa Magazine (Mensa ist eine Vereinigung von Menschen mit hohem Intelligenzquotienten, und deshalb ist es nicht verwunderlich, dass ihre Zeitschrift auch Artikel zu dem Thema enthält, das ihre Gemeinsamkeit darstellt). Bell gelangt zu dem Schluss:
Von den 43 Untersuchungen, die seit 1927 zum Zusammenhang zwischen religiöser Überzeugung auf der einen Seite und Intelligenz und/oder Bildungsniveau auf der anderen durchgeführt wurden, fanden alle außer vier einen umgekehrten Zusammenhang. Das heißt, je höher die Intelligenz oder das Bildungsniveau ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand religiös ist oder irgendeine Form von »Glaubensüberzeugungen« hat. 60
Eine Meta-Analyse ist fast immer zwangsläufig weniger detailliert
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