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Der Gotteswahn

Der Gotteswahn

Titel: Der Gotteswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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anderes ist mit Unwahrscheinlichkeit gemeint. Aber die denkbaren Lösungen für das Rätsel sind nicht, wie fälschlich nahegelegt wird, Gestaltung und Zufall. Es sind vielmehr Gestaltung und natürliche Selektion. Zufall ist angesichts der großen Unwahrscheinlichkeit, die wir bei den Lebewesen beobachten, keine Lösung, und kein geistig gesunder Biologe hat dies jemals angenommen. Gestaltung ist, wie wir noch genauer erfahren werden, ebenfalls keine realistische Lösung.
    Doch zunächst möchte ich noch genauer deutlich machen, welches zentrale Problem jede Theorie des Lebendigen lösen muss: das Problem, wie man dem Zufall entkommt.
    Blättern wir in dem Wachtturm-Buch weiter, so stoßen wir auf die Pfeifenwinde (Aristolochia trilobata) , eine wunderschöne Pflanze, deren elegante Teile so aussehen, als seien sie absichtlich zu dem Zweck konstruiert, Insekten einzufangen, mit Pollen zu bepudern und sie dann auf die Reise zu einer anderen Pfeifenwinde zu entlassen. Die raffinierte Eleganz der Blüte veranlasst die Wachtturm-Autoren zu der Frage, ob dies alles wohl durch Zufall oder durch intelligente Gestaltung entstanden sei. Noch einmal: Natürlich ist es nicht durch Zufall entstanden. Und noch einmal: Auch intelligente Gestaltung ist keine angemessene Alternative. Die natürliche Selektion ist nicht nur eine sparsame, plausible und elegante Lösung, sie ist auch die einzige jemals vorgeschlagene Alternative zum Zufall, die wirklich funktioniert.
    Die intelligente Gestaltung unterliegt dagegen genau dem gleichen Einwand wie der Zufall: Sie ist für das Rätsel der statistischen Unwahrscheinlichkeit keine Lösung. Und je größer die Unwahrscheinlichkeit ist, desto unplausibler wird die intelligente Gestaltung. Bei genauer Betrachtung führt die These von der intelligenten Gestaltung nur zu einer Verdoppelung des Problems, denn, um es noch einmal zu sagen, der Gestalter (die Gestalterin/das Gestaltende) wirft sofort die weitergehende Frage nach seiner eigenen Entstehung auf. Ein Etwas, das etwas so Unwahrscheinliches wie die Pfeifenwinde (oder ein Universum) intelligent gestalten kann, muss noch unwahrscheinlicher sein als die Pfeifenwinde. Die Lösung »Gott« beendet also nicht die unendliche Regression, sondern verstärkt sie ganz gewaltig.
    Blättern wir im Wachtturm-Buch nochmals um, so lesen wir eine wortreiche Beschreibung des Mammutbaumes (Sequoiadendron giganteum) , einer Pflanze, zu der ich eine besondere Zuneigung hege, weil ein Exemplar in meinem Garten steht. Es ist noch ein Baby, knapp über hundert Jahre alt, und doch ist es der höchste Baum im weiten Umkreis. »Der winzige Mensch, der vor dem Baum steht, kann nur in stiller Ehrfurcht staunend an diesem Riesen unter den Bäumen emporschauen. Ist es vernünftig, anzunehmen, dass dieser majestätische Riese und das winzige Samenkorn, dem er entspringt, ohne Planung zustande gekommen sind?« Ich kann mich nur wiederholen: Wenn man glaubt, Zufall sei die einzige Alternative zur Gestaltung – nein, dann ist es nicht vernünftig. Aber auch hier erwähnen die Autoren mit keinem Wort die wirkliche Alternative, die natürliche Selektion. Entweder begreifen sie es tatsächlich nicht, oder sie wollen es nicht begreifen.
    Alle Pflanzen, von der winzigen Pimpernelle bis zum Mammutbaum, beziehen die Energie zu ihrem Aufbau aus der Photosynthese. Dazu wieder das Wachtturm-Buch:

    »An der Photosynthese sind rund siebzig verschiedene chemische Reaktionen beteiligt«, sagte ein Biologe. »Die Photosynthese ist wahrhaftig etwas Wunderbares.« Die Pflanzen sind die »Fabriken« der Natur genannt worden – schöne, ruhige, saubere Sauerstoffproduktionsstätten, Wasserrückgewinnungsanlagen und Nahrungsmittelfabriken für die ganze Welt. Sind sie einfach durch Zufall ins Dasein gekommen? Kann man das wirklich glauben?
    Nein, man kann es nicht glauben; aber ein Beispiel nach dem anderen wiederzukäuen bringt uns nicht weiter. Die »Logik« der Kreationisten ist immer die Gleiche: Irgendein Naturphänomen ist statistisch so unwahrscheinlich, so komplex, so schön, so ehrfurchtgebietend, dass es nicht durch Zufall entstanden sein kann. Und die Autoren können sich zum Zufall keine andere Alternative vorstellen als die absichtliche Gestaltung. Also muss es ein Gestalter getan haben.
    Auch die Antwort der Wissenschaft auf diese falsche Logik ist immer die gleiche: Gestaltung ist nicht die einzige Alternative zum Zufall. Eine viel bessere Alternative ist die natürliche

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