Der Graben: Thriller (German Edition)
schien sich nach einem Taxi umzusehen, blieb jedoch abrupt stehen und schaute sich um, als suchte er jemanden. Schließlich blieb sein Blick an Saeko hängen, und er musterte sie eindringlich.
Saeko merkte, wie sie sich verkrampfte – warum gaffte er sie so an? Sie begegnete seinem Blick, doch dann fiel ihr ein, dass sie Hashiba noch am Telefon hatte. »Wie geht’s sonst so?«, fragte sie.
Sie konnte sich auf kaum etwas anderes konzentrieren als auf den Mann, der sie anstarrte. Er hatte ein markantes Gesicht, aber war von durchschnittlicher Statur. Trotzdem sah Saeko ihm an, dass er Sport trieb, und sie konnte sich vorstellen, dass unter der Lederjacke ein kraftvoller, schlanker Körper steckte. Irgendetwas an ihm wirkte vollk ommen unjapanisch; er hatte tief liegende Augen, eine hoc h sitzende Nase und einen dunklen Teint. Interessanterweise trug er einen Kinnbart, hatte jedoch einen komplett rasierten Schädel. Sein Alter war schwer zu schätzen, doch Saeko vermutete, dass er Anfang dreißig war. Jetzt sah sie, dass er auf sie zukam, mit festen, rhythmischen Schritten. Vor ihr blieb er so abrupt stehen, dass sie einen Schritt zurückwich.
Der Mann sprach, ohne zu lächeln und offenbar ohne sich darum zu scheren, dass sie telefonierte. »Die Nummer, die Sie gerade genannt haben, ist meine Telefonnummer.«
Saeko spürte, wie sich ihr die Kehle zuschnürte, doch als sie endlich begriff, nickte sie ihm rasch zu. »Sieht so aus, als hätte er mich gerade gefunden«, brachte sie heraus. »Wir kommen zum Park.« Sie legte auf und steckte ihr Telefon ein. Dabei starrte der Mann sie weiterhin an.
»Wer sind Sie?«, wollte er wissen.
Saekos Stimme zitterte leicht, als sie versuchte, es ihm zu erklären. »Dr. Isogai? Mein Name ist Saeko, ich arbeite mit Hashiba zusammen.«
Sofort entspannten sich die Gesichtszüge des Mannes. »Ach so, natürlich!« Er lächelte sie an. »Danke, dass Sie extra meinetwegen hergekommen sind.«
Saeko war erleichtert, wunderte sich aber dennoch, warum er so gereizt darauf reagiert hatte, dass jemand seine Handynummer wiederholte. Zusammen gingen sie zum Taxistand. Saeko öffnete die Tür des ersten wartenden Wagens und gab Isogai mit einer Handbewegung zu verstehen, er solle zuerst einsteigen. Er trat jedoch einen Schritt zurück und schüttelte den Kopf, um ihr den Vortritt zu lassen. Saeko erinnerte sich, dass er eine Zeit lang in Amerika gelebt hatte; von dort schien er das Ladys first mitgebracht zu haben. Sie gab nach, rutschte auf den Rücksitz des Taxis und nannte dem Fahrer ihren Zielort. Sie wollten sich vor dem Eingang der Kräutergärten mit Hashiba und dem übrigen Team treffen.
39
Hashiba ging mit Kagayama den Hang der Gärten hinauf und hielt Ausschau nach Plätzen, die er für die Filmaufnahmen vormerken wollte. Am Eingang hatte die Sonne vom Himmel gebrannt – man konnte kaum glauben, dass Winter war, so warm war es gewesen – doch der Westhang lag im Schatten, sodass es hier plötzlich bedeutend kälter war. Hashiba wollte für die Aufnahmen am nächsten Tag einen genauen Plan erstellen und alle Szenen im Kopf ausarbeiten. Er hoffte, damit schnell fertig zu werden, da ihm nur noch der heutige Tag blieb, um das Drehbuch fertigzustellen. Die Arbeit als Regisseur war immer ein Wettlauf gegen die Uhr. Saeko und Isogai waren schon mit dem Taxi unterwegs zu den Gärten. Die Fernsehansagerin Shoko Akagi sollte am nächsten Morgen erscheinen. Falls möglich wollte Hashiba, dass Isogai sich das Gelände anschaute, bevor sie eintraf. Der Wissenschaftler konnte ihnen die Kernaussagen seines Kommentars nennen, sodass die Dialoge im Wesentlichen ausgearbeitet werden konnten.
Hashiba merkte, dass er sich auf Isogais Analyse der Ereignisse freute, und er eilte mit neuer Entschlossenheit bergan. Nun, da der Schwerpunkt auf der Wissenschaft lag und nicht mehr auf dem Okkulten, engagierte er sich auch innerlich viel stärker für die Sendung. Endlich konnte er das Hochgefühl auskosten, dass alles nach seinen Vorstellungen lief.
Kagayama folgte fast lethargisch ein paar Schritte hinter ihm. Um die Mittagszeit war er voller Energie gewesen, doch jetzt wirkte er gebeugt und erschlafft.
»Alles klar bei dir? Du siehst ziemlich müde aus«, sagte Hashiba und fragte sich, woher dieser plötzliche Wandel kam.
Kagayama blieb stehen und schaute auf. Selbst das schien ihn anzustrengen. »Ich hasse diesen Ort. Mir wird jedes Mal übel, wenn wir herkommen.«
Hashiba verstand genau, was er
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