Der Grabritter (German Edition)
sich fast überschlagender Stimme, was vorgefallen war, und bat ihn inständig um Hilfe. Die Antwort des Conte war eisig. Deutlich zeigte sie die Verachtung, die er gegenüber dem pädophilen Kriminalrat empfand. Außerdem, … worin sollte jetzt seine Nützlichkeit noch bestehen?
Er war verbrannt und allenfalls eine Gefahr für ihre Unternehmungen. »Dr. Marquart, warum sollte ich Ihnen helfen? Sie sind für Ihre Dienste bezahlt worden. Wenn Sie uns nun nichts mehr anbieten können, dann fürchte ich, ist unsere geschäftliche Verbindung ohne einen Nutzen für uns. Sie ist somit beendet, und es ist ihr Problem, aus der Sache heraus zu kommen.« Marquart knöpfte sich sein Hemd auf und zog die Krawatte vom Hals. »Hören Sie Conte, ich kann Ihnen sogar noch sehr nützlich sein. Ich weiß, dass Sie die Rebellen im Kongo mit Waffen versorgen. Ich weiß auch, dass diese Waffen aus Ägypten kommen. Ich habe seit dem Zerfall der Sowjetunion beste Kontakte zu einem der Waffenhändler dort. Es ist ein ehemaliger Oberst der Roten Armee. Vielleicht mögen Sie die Leute nicht, aber die Waffen, die ich von dort beschaffen könnte, sind gut, und um mindestens die Hälfte billiger als bei Ihrem jetzigen Lieferanten. Bei der Menge, die in den Kongo geschafft wird, und ich kenne sehr wohl die Größenordnung, würden sich daraus Millionenbeträge ergeben, die sich für Sie einsparen ließen. Ich will dafür nichts weiter, als von einem für mich sicheren Ort aus, diese Geschäfte für Sie abzuwickeln. Einen sicheren Ort und ein paar kleine Annehmlichkeiten vielleicht, mehr erwarte ich nicht.« Der Conte überlegte. »Also schön, Marquart. Sie hängen an einem hauchdünnen Faden. Sie wissen ... was man mit Fäden macht, die nur noch nutzlos herum hängen!? Sie sollten es nicht vergessen.«
Zwanzig Minuten später saß Marquart zusammengekauert auf der Ladefläche eines kleinen Lieferwagens. Giovanni raste mit ihm über Kopfsteinpflaster und durch Schlaglöcher. Marquart wurde durchgerüttelt und flog von einer Ecke in die andere. Seine Waffe hatte er dem Mann aushändigen müssen. Sein Handy war vernichtet worden. Jetzt war er schutzlos ausgeliefert. Er hatte keine Ahnung, wohin er gebracht werden sollte. Langsam fühlte er, wie die nackte Angst um sein Leben in ihm hochstieg. Was, wenn der Conte nur zum Schein auf seinen Vorschlag eingegangen war?
Über eine halbe Stunde lang waren sie schon unterwegs. Die Straßen wurden immer holpriger, bis sie nur noch über Feldwege fuhren. Marquarts Kehle schnürte sich zusammen. Dann hielt der Wagen plötzlich an. Giovanni klopfte von außen auf das Blech des Kastenwagens und befahl ihm auszusteigen. Marquart atmete noch einmal tief durch und machte sich bereit, den Mann im Notfall niederzuschlagen und sich seine Waffe zurückzuholen. Er öffnete die hintere Tür und stieg vorsichtig aus. Als er neben dem Wagen stand, sah er sich um. Ein Stück weiter weg stand ein Helikopter auf einer Wiese neben dem Weg. Der Pilot lehnte daran und schien bereits auf ihn zu warten. Mit einer Handbewegung winkte er Marquart zu sich herüber. Unsicher sah Marquart zu Giovanni.
»Na machen Sie schon«, blaffte der ihn an. »Der Pilot hat nicht ewig Zeit.« In Marquart keimte Hoffnung auf. Wenn sie ihn kaltmachen wollten, würde es diese Aktion mit dem Hubschrauber nicht geben. Man hätte ihn einfach über den Haufen geschossen und irgendwo verbuddelt. Er begann zu lachen. So schnell er konnte, lief er hinüber zu dem Piloten und stieg in den Helikopter. Mit lautem Brummen startete der Rotor. Der Pilot gab Marquart ein Zeichen, sich anzuschnallen. Die Halme der Wiese unter ihnen wurden vom Luftdruck der Rotorblätter fest an den Boden gepresst. Dann hoben sie ab. Kurz darauf war der Hubschrauber schon fast außer Sichtweite und Giovanni stieg wieder in seinen Wagen. Marquart saß im Hubschrauber und beim Blick nach unten rebellierte sein Magen. Fortan starrte er nur noch auf die Instrumente vor sich und ein böses Grinsen legte sich auf sein Gesicht. Hier würde bald die Jagd auf ihn beginnen. Nur finden würde man ihn nicht. Niemand würde ihn mehr finden.
51
Zusammen mit Bice und Ferruccio saß Kerner in dem kleinen Salon beim Abendessen. Die Stimmung des Conte hatte sich merklich gebessert. Auf die Frage nach dem Grund seiner guten Laune, gab er Bice zur Antwort, dass sich seine Geschäfte gerade überaus positiv entwickelten. Morgen Abend sollte im alten Jagdhaus eine wichtige
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