Der Graf und die Diebin
verbarg sich hinter den dicken Stämmen der Eichen. Doch er hatte schon so manchem Wild nachgesetzt und war nicht so leicht abzuhängen. In einer Mulde, die mit vorjährigem Laub und trockenem Gezweig angefüllt war, stürzte sie, und es gelang ihr nicht, sich rechtzeitig wieder aufzuraffen. Er warf sich über sie und presste sie mit dem Gewicht seines Körpers an den Boden.
Wütend und kreischend wand sie sich unter ihm, doch er war zu stark. „Still, du kleine Raubkatze“, keuchte er, packte ihre Handgelenke und drehte sie auf den Rücken. „Jetzt hat das Spiel ein Ende.“
Sie schrie vor Schmerz, und ihm fiel erschrocken ein, dass sie eine Verwundung hatte. Dennoch ließ er ihre Handgelenke nicht los.
„Steh auf“, befahl er und erhob sich langsam. Wohl oder übel musste sie folgen. Als sie schwer atmend vor ihm stand, sah er, dass sich ihre Miederschnur bei dem Sturz gelöst hatte. Ihre heftig atmenden Brüste schwollen aus dem gelockerten Mieder, und er war nahe daran, endgültig den Kopf zu verlieren. Blitzschnell packte er sie, hob sie empor und trug sie auf seinen Armen aus der Mulde.
„Lasst mich sofort runter“, wehrte sie sich und strampelte mit den Füßen wie ein ungezogenes Kind.
Er lachte grimmig und störte sich wenig daran. Sie hatte ihre Schuhe bei dem raschen Lauf verloren und die Schnur, die ihr Mieder verschloss, war zerrissen, wie er jetzt erkannte. Das Mieder war fast bis zum Bauch hinunter auseinandergerutscht, und er genoss den Anblick ihrer halb entblößten Brüste. Es war ein berauschendes Gefühl, sie so fest in seinem Besitz zu haben, mochte sie sich wehren, wie sie wollte. Sie war seine süße Beute, die er ganz sicher so schnell nicht wieder freigeben würde.
Erst auf einer kleinen Lichtung ließ er sie aus seinen Armen, und sie stolperte einige Schritte rückwärts, bis sie mit dem Rücken gegen einen Baumstamm stieß. „Was soll das alles?“, fragte er finster. „Was habe ich dir getan?“
Sie presste die Lippen zusammen und wischte sich die Tränen von den Wangen. Trotzig versuchte sie, das offene Mieder zusammenzuziehen und blitzte ihn unter halbgesenkten Lidern an. Der Blick, von dichten schwarzen Wimpern beschattet, drang ihm tief ins Herz. Noch nie zuvor war er so sehr von dem Wunsch besessen gewesen, ihren Widerstand zu brechen und sie zu besitzen.
„Das Leben ist so einfach, wenn man ein Mann ist“, schimpfte sie. „Man nimmt die Frauen nach Lust und Laune. Man tut ihnen Gewalt an und findet gar nichts dabei. Und ich habe geglaubt, dass Ihr anders seid. Wie dumm ich war!“
Er starrte sie atemlos an. Wie schön, wie aufreizend war sie in ihrem Zorn. Das wilde Haar war ihr in die Stirn gefallen, die Wangen glühten und die Augen, in denen eben noch Tränen gestanden hatten, funkelten schon wieder wütend. „Warum hast du geglaubt, dass ich anders sei?“, fragte er lächelnd.
Sie trat mit dem bloßen Fuß gegen einen kleinen Stein, der über den Weg auf ihn zu rollte und in einer Mulde liegen blieb. „Vergesst, was ich gesagt habe“, gab sie trotzig zurück.
„Oh nein, Jeanne. Ich will es hören. Habe ich etwas getan, das dir gefallen hat? Sag es mir. Beschreibe es mir ganz genau.“
Ihre Lippen zuckten, und sie senkte den Blick. Wie konnte sie ihm erklären, dass sie unsagbare, nie gekannte Wonnen verspürt hatte, als er sie verwöhnt und gestreichelt hatte? Sie schämte sich, darüber zu sprechen, und er begriff ihr Zögern sofort. Vorsichtig trat er einige Schritte auf sie zu und blieb dicht vor ihr stehen.
„War es vorgestern Nacht in der Bibliothek? Waren es meine Hände, die etwas taten, was dir gefiel?“ Sie wandte den Kopf zur Seite und schwieg. „Meine Hände und meine Lippen, die dich so überaus zärtlich berührten, dass du allen Widerstand aufgabst? Was es das, meine kleine Jeanne?“
Er hatte mit leiser, schmeichelnder Stimme gesprochen, und Jeanne erzitterte bei der Erinnerung an das, was geschehen war. Wie kam es nur, dass er so genau wusste, was sie empfunden hatte? Sie wurde mutiger.
„Ich habe gewartet“, sagte sie vorwurfsvoll und sah ihm offen in die Augen. „Ich habe den ganzen Tag und noch bis spät in die Nacht auf Euch gewartet. Ich hatte sogar die Kleider angezogen, die Ihr für mich bestimmt hattet. Ich habe alles getan, um Euch zu gefallen. Aber Ihr seid nicht gekommen.“
Er hielt es nicht mehr aus. Voller Rührung zog er sie in seine Arme und küsste sie auf den Mund.
„Wie glücklich du mich machst“,
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