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Der Graf und die Diebin

Der Graf und die Diebin

Titel: Der Graf und die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Amber
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Jeanne und die kleine Nadine sei. Daraufhin hatte der Comte ihn fast mit den Blicken erdolcht.
    „Was für ein Brocken“, stöhnte Claude, während er mit René den Waldweg weiter hinaufritt. „Wenn der sich entschließt uns anzugreifen, haben wir schlechte Karten. Ich kenne einen Mann, der ist von einem angeschossenen Schwein zum Krüppel gebissen worden.“
    René warf ihm einen verachtungsvollen Blick zu und bedeutete ihm zu schweigen. Ganz Unrecht hatte Claude nicht – der Keiler war zu stark, um beim ersten Treffer schon tot zu sein. Und er, René, hatte berechtigte Zweifel daran, ob Christian heute überhaupt in der Lage war, einen guten Schuss abzugeben. Während sie langsam weiter ritten, schaute er immer wieder durch die Zweige auf das Wiesengrün, wo der dunkle, bucklige Rücken sich langsam in Christians Richtung bewegte. Er zog die Jagdbüchse aus dem Köcher und kontrollierte das Radschloss. Er wollte auf jeden Fall zur Stelle sein, falls Christian in Schwierigkeiten kam.
    Christian war wie vom Fieber gepackt. Was für ein Prachtkerl! Er würde nicht ruhen, bis er ihn hätte – auch wenn er ihn mit bloßen Händen packen müsste. Ungeduldig knirschte er mit den Zähnen und zügelte sein Pferd, das auf der Stelle tänzelte. Wie lange brauchten die beiden denn noch?
    Da leuchtete Renés Rotschopf zwischen den Bäumen, gleich darauf brachen die beiden Reiter aus dem Wald heraus und stürmten in die Wiese. Der Keiler hob den Kopf, und Christian konnte seine spitzen buschigen Ohren und die gekrümmten Hauer erkennen.
    Dann galoppierte das Tier auf ihn zu.
    Christian wartete, bis die Beute in Schussweite war. Der Knall der Büchse peitschte durch den Wald, Pulverdampf stieg auf und nahm dem Schützen für einen Augenblick die Sicht. Der Keiler war in wilder Panik, er brach seitlich aus und jagte dicht an Christians Pferd vorbei in den Wald hinein.
    „Lasst ihn mir!“, brüllte Christian den Gefährten zu, denn er hatte gesehen, dass René die Büchse im Anschlag hatte.
    Er wendete das Pferd und setzte der Beute nach in den Wald hinein. „Lass den Unsinn“, brüllte René hinter ihm her.
    Christian trieb sein Pferd unentwegt an. Das Unterholz war so dicht, dass das Tier Mühe hatte, sich einen Weg zu bahnen. Christian ritt weit vornüber gebeugt, fast auf dem Pferdehals hängend, um den Ästen auszuweichen, die rechts und links an ihm vorüberpeitschten. Er keuchte, das Pferdemaul verspritzte weißen Schaum.
    Da – ein großer Schatten bewegte sich im Unterholz. Der Keiler musste in einer Mulde Schutz gesucht haben und kam jetzt wieder daraus hervor. Christian ergriff die Armbrust, während er sein Pferd erneut zu einer letzten Kraftanstrengung antrieb. Das Tier sprengte voraus, und Christian setzte zum Schuss an.
    Da traf ihn ein gewaltiger Schlag am Kopf und riss ihn aus dem Sattel. Den Sturz auf den Waldboden bekam er schon nicht mehr mit. Längst war es Nacht um ihn geworden.
     
    Der Duc Roger de Gironde stammte aus einem alten provinzialischen Adelsgeschlecht, das zwar wenig begütert, dafür aber durch eine geschickte Heiratspolitik zu Macht und Ansehen gekommen war. Er hatte in seiner Kindheit monatelang wegen einer unerklärlichen Wachstumsstörung zu Bett liegen müssen und während dieser Zeit gelernt, mit sich allein zurechtzukommen. Später hatten seine Eltern sich getrennt, und er verbrachte seine Jugend abwechselnd auf dem Schloss seines Vaters und im Pariser Stadthaus seiner Mutter, die dort ihre ständig wechselnden Liebhaber empfing. Roger de Gironde begriff sehr schnell, dass er in der Lage war, Menschen zu durchschauen, ihre Schwächen zu erkennen und sie für sein Fortkommen zu nutzen. Hatte er dem eher scheuen, zurückhaltenden Ludwig XIII. vor allem als Berater in Sachen Kunst zur Seite gestanden, so hatte er sich unter dem neuen König in einem Feld bewährt, das seinen Fähigkeiten von jeher am meisten entgegenkam: Er durchschaute das komplizierte Intrigengeflecht des Hofs und hielt den König darüber auf dem Laufenden.
    Als Liebhaber war Roger äußerst klug und erfinderisch. Er war in der Lage, einer Frau unvergessliche Liebeserlebnisse zu vermitteln – er selbst war dabei jedoch immer gefühllos geblieben; denn im Grunde seines Herzens verachtete er die Frauen. Nur sehr selten gelang es ihm, für eine seiner Liebschaften Sympathie oder gar Respekt zu empfinden.
    Eine dieser Ausnahmen war Marguerite de Fador. Roger de Gironde war seit vielen Jahren ihr Liebhaber und kehrte

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