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Der Graf und die Diebin

Der Graf und die Diebin

Titel: Der Graf und die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Amber
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jedoch froh, wenigstens einen Schemel in Sichtweite des Monarchen zu ergattern. Nach dem Mahl pflegte Ludwig sich für weitere zwei Stunden zu Beratungen zurückzuziehen, danach begannen die Vergnügungen, die bis in den Abend währten.
    „Womit vergnügt sich der König?“
    „Er liebt die Jagd und die Spaziergänge. Außerdem ist er ein großer Freund der Künste. Musik, Tanz, Theater – und dann natürlich....“
    „… seine Maitressen, ich weiß. Die La Vallière, nicht wahr?“
    „Nur noch offiziell. Die Marquise de Montespan hat längst ihre Stelle eingenommen. Es gibt jedoch immer wieder andere Damen, denen es gelingt, das Herz des Königs zu erobern.“
    „Und was sagt die Königin dazu?“
    „Die arme Königin ist hoffnungslos in ihren Gatten verliebt und leidet.“
    „Und das ist ihm ganz gleich? Was ist das nur für ein Mensch!“
    „Oh, niemals lässt er es der Königin gegenüber an Respekt fehlen. Liebe jedoch hat ihre eigenen Gesetze....“
    „Und was sagt die Kirche dazu?“
    Roger de Gironde seufzte leise. „Nun, der König hat hin und wieder Verdruss, da der Beichtvater der Königin seinen Gegnern in die Hände arbeitet und die Unmoral bei Hofe beklagt.“
    „Der König hat auch Gegner?“
    „Wie jeder große Mann. Er hat jedoch auch Freunde, die für seinen Ruf Sorge tragen und seinen Gegnern die Waffen aus den Händen nehmen.“
    Jeanne sah ihn aufmerksam an. „Ist das eine Eurer Aufgaben am Hof des Königs, Duc?“
    Er lächelte. Sie war ein kluges Mädchen. „Allerdings, Jeanne. Es ist eine meiner wichtigsten Aufgaben.“
    Sie zog die Nase kraus. „Ihr spioniert die Höflinge aus und meldet es dem König, wenn sie gegen ihn arbeiten?“
    Er hob abwehrend die Hände. „Nicht doch, Jeanne. Ich halte Augen und Ohren offen und sorge dafür, dass mein König von unliebsamen Intrigen und boshaften Anschlägen verschont bleibt.“
    „Und wie macht Ihr das?“
    „Menschen sind beeinflussbar, Jeanne. Jeder von uns hat seine schwache Stelle. Oft genügen nur ein paar Worte, um einen Menschen in eine andere Richtung zu lenken.“
    Sie runzelte die Stirn. „Es geht um Macht, nicht wahr?“
    „Richtig erkannt, Jeanne.“
    Sie fand, dass sein Lächeln ziemlich kühl war. Fast bekam sie eine Gänsehaut davon. „Ihr mögt die Menschen nicht, stimmt’s? Ihr benutzt sie nur als Schachfiguren.“
    Er war ein wenig besorgt über ihre Reaktion. „Höflinge sind keine Menschen, liebe Jeanne.“
     
    Eines Tages erschien de Gironde wie üblich zu seinem kurzen Vormittagsbesuch und überreichte Jeanne eine große Schachtel.
    „Was ist das?“, fragte sie neugierig, als er das Geschenk auf einem Tisch abstellte.
    „Eine Überraschung. Hebt den Deckel ab und seht nach.“
    Schmunzelnd sah er zu, wie sie sich an der Schachtel zu schaffen machte. Es gefiel ihm, dass sie vor Freude über ein gelungenes Geschenk in die Hände klatschen konnte wie ein Kind. Dieses Mal stand sie allerdings etwas ratlos vor seiner Gabe und sah ihn fragend an. „Das ist ein Rock für einen Mann. Und ein Hut. Sogar die culotte....“ Sie begann zu lachen. „Soll ich das vielleicht anziehen?“
    „Allerdings. Und es wird Euch ausgezeichnet stehen. Wir werden heute Nachmittag einen Ausflug zu Pferde unternehmen.“
    Ihre Augen leuchteten vor Begeisterung, genau wie er erwartet hatte. „Wohin reiten wir?“
    „In den Bois de Boulogne.“
    Er kam zur verabredeten Stunde ebenfalls zum Ausritt gekleidet und begutachtete Jeannes Aufzug. Sie trug das lange Haar offen, den Hut mit der wallenden Feder keck aufgesetzt, Rock und Weste passten wie für sie gemacht, ebenso wie die hohen Stulpenstiefel aus weichem Leder. Er hatte ein gutes Augenmaß, darauf war er immer stolz gewesen.
    „Perfekt, meine Liebe. Gehen wir, die Pferde sind unten.“
    Er hatte eine brave Stute für die hübsche Amazone ausgewählt und stellte erstaunt fest, dass Jeanne nicht zufrieden war.
    „Was soll ich mit diesem albernen Sattel?“
    „Liebe Jeanne, auch wenn Ihr Männerkleider tragt, so ist es doch angebracht, einen Damensattel zu benutzen. Ihr könntet sonst leicht Unmut erregen.“
    Sie rollte die Augen und schob enttäuscht die Lippen vor, doch sie fügte sich. Neugierig sah er zu, wie sie aufs Pferd stieg. Jeanne zeigte sich geschickt und beweglich, die Hilfe des bereitstehenden Dieners benötigt sie nicht.
    Der Ritt führte ein kurzes Stück durch die Stadt, wobei er vorausritt, um den Weg für sie frei zu machen. Später folgten sie dem

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