Der Graf von Castelfino
Zweifel, dass sie mit seinen Spielregeln einverstanden war. Hatte sie nicht gleich am ersten Tag betont, sie sei nur an ihrer Entlohnung interessiert? Ihre direkte Art verdiente Respekt. Gianni wusste genau, wie er mit solchen Frauen umzugehen hatte. Seine Mutter war ihm eine gute Lehrmeisterin gewesen.
Meg würde nicht mehr von ihm lassen, sobald er erst einmal den ersten Schritt getan hatte. Alle Frauen waren so, obwohl die göttliche Miss Imsey doch ein wenig anders beschaffen schien. Er beobachtete sie, wie sie sich auf ihren Espresso konzentrierte. Wäre er nicht so sachkundig in der Kunst des Verführens, hätte er sie für schüchtern gehalten. Doch sie konnte ihn nicht täuschen. Er hielt sie für ein raffiniertes Exemplar aus der Oberliga erfahrener Verführerinnen.
Gianni seufzte. Die Frauen gönnten ihm einfach keine Ruhepause. Der einzige Aufschub, an den er sich in Gegenwart einer schönen Frau erinnern konnte, war Megs Begeisterung gewesen, als sie ihm diese verdammten Gewächshäuser erklärt hatte, und er dadurch abgelenkt worden war. In dieser Beziehung war sie wie sein Vater. Ebenso lästig.
Gianni fühlte sich hin und her gerissen zwischen den unterschiedlichsten Empfindungen, wenn es um seinen verstorbenen Vater ging. Mitleid war das Einzige, das er in Worte fassen konnte. Er hatte darum gekämpft, nicht dasselbe Schicksal wie sein Vater zu erleiden. Niemals wollte er sich in eine Frau verlieben. Die Liebe hatte den alten Herrn in fast dreißig Jahre Einsiedlerleben getrieben. So wollte Gianni nicht enden.
Er pflückte eine Erdbeere von einer der Dekorationen, die entlang des Tisches aufgebaut waren. Eine winzige Knospe schmiegte sich an die rote Wange einer reifen Frucht. Wie ein Webfaden dünn war sein Stängelchen. Gianni untersuchte das Gebilde wie ein Experte. Sein Urteil: eine perfekte Miniaturfrucht, vorzeitig von den Eltern getrennt. Nie würde es die Chance bekommen, erwachsen zu werden und zu halten, was es versprach. Er hielt Meg die kleine Beere hin.
Sie schüttelte den Kopf. „Es gab nicht viele reife Früchte. Behalten Sie sie.“
„Nein. Diese Erdbeere schmeckt vielleicht genauso gut, wie sie aussieht. Doch das ist nicht immer so“, gab er zur Antwort. Er dachte an sein eigenes Leben. „Sie gehört Ihnen.“
Er führte die Beere an Megs Lippen. Gehorsam biss sie hinein und war sofort verzaubert. Die Frucht war weich, süß, duftend. Wie eine Erdbeere sein sollte. Sie seufzte.
„Ich kann mir nichts Besseres vorstellen als das.“
Ein herausforderndes Lächeln legte sich um seine Lippen. „Wirklich? Aber ich habe noch einen zweiten Leckerbissen für Sie, cara. Sagen Sie bloß nicht, Sie hätten es vergessen!“
Sein Ton machte deutlich, dass er nicht mehr über Erdbeeren sprach. Voller Vorfreude blieb Meg stehen. Gianni schlenderte auf den Ausgang zu. Über die Schulter rief er zurück: „Kommen Sie, Eva. Lassen Sie uns gehen und Ihren Garten Eden suchen.“
Zur Nachtzeit waren die Gärten um die Villa Castelfino ein magischer Ort. Duftlaternen hingen an jedem Baum. In ihrem sanften Licht strahlten die Blumen, die Meg hochgepäppelt hatte, fast überirdisch schön. Als Gianni Meg in den neuen Gewächshauskomplex begleitete, tanzten ihre Schatten im Schein unzähliger Lichterketten, die sich um die Pflanzen wanden. Automatisch drückte Meg einen Knopf, der das Ventilationssystem zum Schweigen brachte und Frischluft hereinließ.
„Ich habe Sie nicht zum Arbeiten hergebracht“, sagte Gianni ernst. „Der Plan meines Vaters sieht ein komplett automatisches Belüftungssystem vor.“
„Es gibt nach meiner Auffassung keinen Ersatz für das menschliche Fingerspitzengefühl.“
Sie hatte das so dahergesagt, ohne darüber nachzudenken. Doch nun war sie neugierig, ob er die Bedeutung ihrer Worte erfasste. Als er schwieg, begann sie zu plaudern, um die Stille zu überbrücken. „Sie müssen die richtige Beleuchtung haben, damit die Pflanzen zur Geltung kommen. Ich schalte sie an und mache die bunten Lichter aus …“
„Nein. Halt. Die Wirkung ist für das, was ich zu sagen habe, perfekt, Megan.“
Gianni trat so dicht hinter sie, dass sie seinen Atem auf ihrer Haut spürte.
„Ich möchte Ihnen ein Angebot machen“, sagte er sanft.
Meg wirbelte herum. Sein Lächeln war Antwort auf all die Fragen, die sie niemals stellen würde.
„Was für ein Angebot?“, fragte Meg, als sie ihre Stimme wiedergefunden hatte.
„Ein einmaliges und ausgezeichnetes Angebot.“ Er
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