Der Graf von Castelfino
wandte sich ab und ließ den Blick kritisch durch das hohe, luftige Innere des Treibhauses wandern. Meg hatte es so perfekt konzipiert, dass es wie eine Waldwiese im tropischen Urwald wirkte. Zweige mit Orchideen und Bromelien hingen von einem Moosbett herab, das übersät war mit kleinen hellen Blümchen in allen Schattierungen von Bernsteinfarben über Rubinrot bis Opalrosa. Das Plätschern von Wasser, das als schmales Rinnsal von einer Felswand in einen seichten Teich sickerte, rundete das opulente Bild ab.
Meg und Gianni verharrten im Schatten der Wände in diesem irdischen Paradies.
„Ist Ihnen auch so heiß?“ Er strich sich mit der Hand über die Stirn.
Meg wagte nicht, daran zu denken, dass dunkle Schweißflecke ihr neues Kleid ruinieren könnten. Sie schlüpfte aus ihrer Jacke und hängte sie an einen Zweig.
„Vor dem Bankett wollten Sie mir weismachen, Sie seien nervös“, sagte Gianni in spöttischem Ton. „Und nun lassen Sie die Hüllen fallen! Wollen Sie damit andeuten, dass sich meine liebliche englische Rose zur Femme fatale entwickelt?“
„So schön es hier auch ist, das ist immer noch mein Arbeitsplatz.“ Seine Bemerkung machte sie verlegen. „Ich bin einfach zu warm angezogen.“
„Dann darf ich mein Jackett ablegen?“
„Selbstverständlich.“
Er zog das Jackett aus und lockerte den Knoten seiner Krawatte.
„Ich muss mich noch einmal entschuldigen für die Art, wie Signora Ricci heute Abend mit Ihnen umgesprungen ist, Megan. Es war unverzeihlich, selbst wenn man berücksichtigt, dass sie gute Gründe hat, verbittert zu sein. Sie begehrt mich“, erklärte er ohne eine Spur Verlegenheit.
Jede Frau begehrt dich , dachte Meg, besonders ich …
„Es war klar ersichtlich an der Art, wie sie Sie den gesamten Abend mit Blicken verschlang“, sagte sie. „Natürlich ist mir ebenfalls nicht entgangen, dass sie von mir nicht allzu viel hielt.“
„Deswegen habe ich bei Ihnen einiges gutzumachen, Megan. Sie haben sich zu einer idealen Angestellten entwickelt. Fleißig, verschwiegen, mit perfekten Manieren. Heute Abend haben Sie eine exzellente Figur abgegeben, sowohl was Ihre Blumenarrangements angeht wie auch Ihre souveräne Art, unter Druck zu arbeiten. Ich möchte Ihnen deshalb eine – sagen wir mal – herausgehobene Position anbieten.“
Er klang ernsthaft, doch in seinen Augen tanzte ein Lachen. „Tatsache ist, ich möchte, dass Sie eine eher, nun ja, praktische Rolle in meinem Haushalt übernehmen, carissima … “
Sein letztes Wort war ebenso verführerisch wie seine Berührung. Gianni hatte seine Hände federleicht auf ihre Schultern gelegt. Als sie nicht zurückwich, erlaubte er sich, mit der Fingerspitze unter ihr ärmelloses Kleid zu fahren.
„Ich bin mir nicht sicher, was Sie damit andeuten wollen …“, sagte sie leise. Mit einem Scherz versuchte sie, die Situation zu retten. „Ich meine, es ist ja wohl nicht so, dass Sie jetzt einen Verlobungsring hervorzaubern, nicht wahr?“ Als sie wieder zu ihm hochsah, war ihr Blick direkt und sicher und passte ganz und gar nicht zu dem ungestümen Pochen ihres Herzens.
„Natürlich nicht – aber Sie befinden sich auf der richtigen Fährte. Eigentlich müssten Sie doch ein Gespür dafür haben, was ich Ihnen anbieten möchte?“ Gianni trat näher an sie heran. Sein Blick umwölkte sich, als er merkte, dass sie tatsächlich ahnungslos war. „Das heißt … Sie wissen es wirklich nicht?“
Meg schüttelte den Kopf. Sie merkte, dass seine guten Manieren sich im Kampf mit etwas Wildem, Unzähmbarem befanden. Er presste die Lippen aufeinander, offensichtlich in dem Versuch, nichts Falsches zu sagen.
Meg sah ihn leiden und konnte sich nicht länger zurückhalten.
„Worum geht es, Gianni?“, fragte sie sanft.
„Ich möchte, dass Sie sich genau darüber im Klaren sind, Meg, was ich mit Ihnen vorhabe. Keine Ehe. Das ist eine vollkommen andere Geschichte. Und bitte verschwenden Sie keinen einzigen Gedanken an Liebe. Ich bin nicht fähig zur Liebe.“
Megs Puls pochte ihr in den Ohren. Am besten wäre es, wegzulaufen. Alles zu tun, um nicht weiter mit einem Mann allein sein zu müssen, der sie so unerträglich in Versuchung führte. Was immer Gianni sagen würde, es war ihr egal: Sie war ihm verfallen. Würde sie auch kapitulieren?
Mit leiser, tiefer Stimme fuhr er fort: „In meiner Welt ist die Eheschließung ein staubtrockener juristischer Vorgang. Es geht ausschließlich um Geld und Nachfahren, hat nichts mit
Weitere Kostenlose Bücher