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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Bruder, zu denen sie ihre Zufl ucht nahm, sondern sie eilte zu Emanuel.
    Sie erzählte ihm, was sich an dem Tag, da der Beauftragte des Hauses Th
    omson und French bei ihrem Vater gewesen war, ereignet hatte, berichtete von der Szene auf der Treppe, wiederholte ihm das Versprechen, das sie gegeben hatte, und zeigte ihm den Brief.
    »Sie müssen hingehen, Fräulein«, sagte Emanuel.
    »Hingehen?« murmelte Julie.
    »Ja, ich begleite Sie.«
    »Haben Sie denn nicht gelesen, daß ich allein sein soll?« fragte Julie.
    »Sie werden auch allein sein«, antwortete der junge Mann; »ich werde an der Ecke der Rue du Musée auf Sie warten, und wenn Sie so lange ausbleiben, daß ich unruhig werde, so komme ich nach, und ich sage Ihnen, wehe denjenigen, über die Sie sich beklagen sollten!«
    »Sie meinen also, Emanuel«, fragte das junge Mädchen nochmals zögernd, »daß ich dieser Einladung folgen soll?«
    »Ja; hat Ihnen der Bote nicht gesagt, daß es sich um das Wohl Ihres Vaters handle?«
    »Aber welche Gefahr läuft er denn eigentlich, Emanuel?« fragte das Mädchen.
    Emanuel zögerte einen Augenblick, aber der Wunsch, das junge Mädchen schnell zu bestimmen, trug den Sieg davon.
    »Hören Sie«, sagte er, »Ihr Vater hat heute um elf Uhr fast drei-hunderttausend Franken zu bezahlen.«
    »Ja, das wissen wir.«
    »Nun wohl, er hat keine fünfzehntausend in der Kasse«, fuhr Emanuel fort.
    »Und was wird dann werden?«
    »Wenn Ihr Vater nicht vor elf Uhr jemand gefunden hat, der ihm zu Hilfe kommt, so muß er sich um Mittag für bankrott er-klären.«
    »Oh, kommen Sie, kommen Sie!« rief das Mädchen, den jungen Mann mit sich ziehend.
    Während dieser Zeit hatte Frau Morrel ihrem Sohn alles er-zählt. Der junge Mann wußte wohl, daß infolge der geschäftlichen Schwierigkeiten seines Vaters die Ausgaben des Hauses sehr eingeschränkt worden waren, aber er wußte nicht, daß es so weit gekommen war.
    Er war wie vernichtet.
    Plötzlich eilte er aus dem Zimmer und stieg rasch die Treppe hinauf, denn er glaubte seinen Vater in seinem Arbeitszimmer; aber er klopfte vergeblich.
    Vor der Tür des Arbeitszimmers stehend, hörte er unten die Wohnungstür sich öff nen; er wandte sich um und sah seinen Vater.
    Herr Morrel war, anstatt sich sofort in sein Arbeitszimmer zu begeben, wieder in sein Schlafzimmer gegangen, aus dem er jetzt zu-rückkehrte.
    Er stieß einen Ruf der Überraschung aus, als er Maximilian bemerkte, von dessen Ankunft er nichts wußte. Unbeweglich blieb er auf dem Platz stehen und preßte mit der linken Hand einen Gegenstand an sich, den er unter dem Rock verborgen hielt.
    Maximilian eilte die Treppe hinab und warf sich seinem Vater an die Brust; plötzlich aber fuhr er zurück, ließ jedoch seine rechte Hand auf der Brust seines Vaters.
    »Vater«, sagte er bleich wie der Tod, »warum hast du ein Paar Pistolen unter deinem Rock?«
    »Oh, da haben wir’s, was ich fürchtete!« sagte Morrel.
    »Vater, Vater, um Gottes willen!« rief der junge Mann, »wozu diese Waff en?«
    »Maximilian«, antwortete Morrel, seinen Sohn fest ansehend, »du bist ein Mann, und ein Mann von Ehre; ich werde es dir sagen.«
    Und Morrel stieg sicheren Schrittes zu seinem Arbeitszimmer hinauf, während Maximilian ihm taumelnd folgte. Morrel öff nete die Tür und schloß sie hinter seinem Sohn, dann durchschritt er das Vorzimmer, trat an seinen Arbeitstisch, legte die Pistolen auf die Ecke des Tisches und zeigte seinem Sohn mit dem Finger ein off enes Geschäftsbuch. In diesem Geschäftsbuch war die Situation des Hauses Morrel genau dargelegt.
    Morrel hatte in einer halben Stunde zweihundertsiebenundachtzigtausendfünfhundert Franken zu bezahlen und besaß im ganzen fünfzehntausendzweihundertsiebenundfünfzig Franken.
    »Lies!« sagte Morrel.
    Der junge Mann las und schien einen Augenblick wie vernichtet. Morrel sagte kein Wort. Was hätte er auch der unerbittlichen Sprache dieser Ziff ern noch hinzufügen sollen!
    »Und du hast alles getan, um diesem Unglück vorzubeugen?«
    »Jawohl«, antwortete Morrel.
    »Du rechnest auf keinen Eingang mehr?«
    »Auf keinen.«
    »Du hast alle deine Mittel erschöpft?«
    »Alle.«
    »Und in einer halben Stunde ist unser Name entehrt!« sagte Maximilian fi nster.
    »Das Blut wäscht die Schande ab«, entgegnete Morrel.
    »Du hast recht, Vater, ich verstehe dich.« Dann, die Hand nach den Pistolen ausstreckend: »Da ist eine für dich und eine für mich; ich danke dir.«
    Morrel hielt ihm die Hand

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