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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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kein Auge geschlossen habe; seit vier Nächten wache ich über Sie und beschütze Sie, um Sie unserm Freund Maximilian zu erhalten.«
    Eine Blutwelle stieg in das Gesicht der Kranken. Der Name, den der Graf ausgesprochen hatte, nahm ihr den Rest des Mißtrauens.
    »Maximilian …!« wiederholte Valentine, »Maximilian! Er hat Ihnen also alles erzählt?«
    »Alles. Er hat mir gesagt, daß Ihr Leben das seine sei, und ich habe ihm versprochen, daß Sie leben sollen.«
    »Sie haben ihm versprochen, daß ich leben soll?«
    »Ja.«
    »Sie haben soeben von Wachen und Beschützen gesprochen, Herr Graf, sind Sie denn Arzt?«
    »Ja, und der beste, den Sie in diesem Augenblick fi nden konnten, glauben Sie mir.«
    »Sie sagen, Sie haben gewacht?« fragte Valentine unruhig. »Wo denn? Ich habe Sie nicht gesehen.«
    Der Graf zeigte zu der Wandöff nung.
    »Ich war hinter dieser Tür verborgen; sie führt ins Nachbarhaus, das ich gemietet habe.«
    Valentine wandte mit einer Bewegung schamhaften Stolzes die Augen ab und sagte: »Mein Herr, was Sie da getan haben, ist bei-spielloser Wahnwitz, und der Schutz, den Sie mir gewährt haben, gleicht sehr einer Beleidigung.«
    »Valentine«, antwortete er, »ich habe während dieses langen Wachens weiter nichts gesehen, als welche Leute zu Ihnen kamen, welche Nahrung man Ihnen bereitete, welche Getränke man Ihnen hinstellte, und wenn diese Getränke mir gefährlich erschienen, bin ich eingetreten wie jetzt, habe Ihr Glas ausgegossen und das Gift durch ein Getränk ersetzt, das statt des Todes, der Ihnen bereitet war, das Leben in Ihren Adern kreisen ließ.«
    »Gift! Tod!« rief Valentine, die sich von neuem unter der Herrschaft einer fi eberhaften Halluzination wähnte. »Was sagen Sie da, Herr Graf?«
    »Still, mein Kind«, sagte Monte Christo, indem er wieder den Finger an die Lippen legte; »ich habe gesagt Gift, ich habe gesagt Tod und wiederhole es, aber trinken Sie zuerst das hier.« Er zog ein Fläschchen aus der Tasche, das eine rote Flüssigkeit enthielt, von der er einige Tropfen in das Glas goß. »Und wenn Sie getrunken haben, so nehmen Sie diese Nacht nichts mehr.«
    Valentine streckte die Hand aus, aber kaum hatte sie das Glas be-rührt, so zog sie sie voll Schrecken zurück. Monte Christo nahm das Glas, trank die Hälfte und reichte es Valentine, die nun lächelnd den Rest des Inhalts austrank.
    »O ja«, sagte sie, »ich erkenne den Geschmack meiner nächtlichen Getränke, des Wassers, das mir etwas Erquickung und Ruhe gab. Ich danke Ihnen.«
    »So haben Sie vier Nächte zugebracht, Valentine«, sagte der Graf.
    »Aber ich, wie lebte ich? O die grausamen Stunden, die ich hinter mir habe, die schrecklichen Qualen, die ich erduldet habe, wenn ich das tödliche Gift in Ihr Glas gießen sah und zitterte, daß Sie es trinken möchten, ehe ich Zeit gehabt hätte, es in den Kamin zu schütten!«
    »Sie sagen«, entgegnete Valentine in höchstem Schrecken, »daß Sie tausend Qualen erlitten haben, als Sie das tödliche Gift in mein Glas gießen sahen? Aber wenn Sie das gesehen haben, so haben Sie auch die Person sehen müssen, die es eingoß.«
    »Ja.«
    Valentine richtete sich auf, indem sie den gestickten Batist über ihre bleiche Brust zog, und wiederholte:
    »Sie haben sie gesehen?«
    »Ja«, sagte der Graf zum zweitenmal.
    »Was Sie mir sagen, ist entsetzlich; was Sie mich da glauben machen wollen, ist fürchterlich. Wie, im Haus meines Vaters, in meinem Zimmer, auf meinem Schmerzenslager fährt man fort, mich ermorden zu wollen? O gehen Sie, Sie versuchen mein Gewissen!
    Es ist unmöglich, unmöglich.«
    »Sind Sie denn die erste, die von dieser Hand getroff en wird, Valentine? Haben Sie nicht Herrn von Saint-Méran, Frau von Saint-Méran, Barrois fallen sehen? Und so wäre auch Herr Noirtier ums Leben gekommen, wenn die Behandlung, die er seit drei Jahren befolgt, ihn nicht durch die Gewöhnung an Gift gegen das Gift geschützt hätte.«
    »O mein Gott«, sagte Valentine, »deshalb verlangt Großpapa seit mehr als einem Monat, daß ich von allen seinen Medizinen einnehme!«
    »Und diese Medizinen haben einen bitteren Geschmack wie halb getrocknete Orangenschalen, nicht wahr?« fragte Monte Christo.
    »Ja, mein Gott, ja.«
    »Oh, das erklärt mir alles«, entgegnete Monte Christo; »auch er weiß, daß es hier einen Giftmörder gibt, und vielleicht auch, wer es ist. Er hat Sie, sein geliebtes Kind, gegen den todbringenden Stoff gefeit; deshalb leben Sie noch, was ich mir

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