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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Sie verstehen endlich.«
    »Aber mein Großvater, man hat also darauf verzichtet, ihn zu tö-
    ten?«
    »Man hat sich gesagt, daß, wenn Sie tot sind, das Vermögen an Ihren Bruder fällt, und da das Verbrechen also überfl üssig geworden ist, hat man es für doppelt gefährlich gehalten, es zu begehen.«
    »Und diese Berechnung ist in der Seele einer Frau entstanden! O
    mein Gott!«
    »Denken Sie an Perusa, an die Laube im Gasthof zur Post, an den Mann im braunen Mantel, den Ihre Stiefmutter wegen der Aqua Toff ana befragte; nun, seit jener Zeit ist dieser höllische Plan in ihrem Gehirn herangereift.«
    »Oh«, rief das sanfte junge Mädchen, indem es in Tränen ausbrach,
    »ich sehe ein, ich bin also zum Sterben verdammt.«
    »Nein, Valentine, Sie werden nicht sterben, denn ich habe alle diese Anschläge vorausgesehen, unsre Feindin ist besiegt, da sie erkannt ist; nein, Sie werden leben, Valentine, leben, um zu lieben und geliebt zu werden, leben, um glücklich zu sein und ein edles Herz glücklich zu machen; aber um zu leben, müssen Sie Vertrauen zu mir haben.«
    »Befehlen Sie; was soll ich tun?«
    »Sie müssen blindlings einnehmen, was ich Ihnen geben werde.«
    »Oh, Gott ist mein Zeuge«, rief Valentine, »daß, wenn ich allein wäre, ich mich lieber töten lassen würde!«
    »Sie dürfen sich niemand anvertrauen, selbst nicht Ihrem Vater.«
    »Mein Vater ist nicht an diesem abscheulichen Verbrechen beteiligt, nicht wahr?« sagte Valentine, die Hände faltend.
    »Nein, und dennoch muß Ihr Vater ahnen, daß alle diese Todesfälle in seinem Haus nicht natürlich sind. Ihr Vater hätte über Sie wachen müssen, er hätte um diese Stunde an meiner Stelle sein, er hät-te dieses Glas ausschütten, er hätte sich schon gegen den Mörder erhoben haben müssen.«
    »Herr Graf«, sagte Valentine, »ich werde alles tun, um am Leben zu bleiben, denn es gibt zwei Wesen auf der Welt, die mich lieben und es nicht überleben würden, wenn ich stürbe: es sind mein Großvater und Maximilian.«
    »Ich werde über Sie wachen, wie ich bisher über Sie gewacht habe.«
    »Wohlan denn, verfügen Sie über mich«, sagte Valentine. Dann setzte sie leise hinzu: »Was wird mit mir geschehen?«
    »Was auch mit Ihnen geschehe, Valentine, erschrecken Sie nicht; wenn Sie leiden, wenn Sie Gesicht, Gehör, Gefühl verlieren, fürchten Sie nichts; wenn Sie aufwachen, ohne zu wissen, wo Sie sind, haben Sie keine Furcht, sollten Sie sich beim Erwachen selbst in einem Grabgewölbe oder einem Sarg befi nden; rufen Sie Ihre Erinnerung zurück und sagen Sie sich: In diesem Augenblick wacht ein Vater über mich, ein Mann, der mein Glück und das Glück Maximilians will.«
    »Ach, welch schreckliche Lage!«
    »Valentine, wollen Sie lieber Ihre Stiefmutter anzeigen?«
    »Ich würde lieber hundertmal sterben! O ja, sterben!«
    »Nein, Sie werden nicht sterben, und was Ihnen auch zustoße, Sie versprechen mir, nicht zu klagen, sondern zu hoff en?«
    »Ich werde an Maximilian denken.«
    »Sie sind meine geliebte Tochter, Valentine; ich allein kann Sie retten und werde Sie retten.«
    Valentine, deren Schrecken auf das höchste gestiegen war, faltete die Hände, denn sie fühlte, daß der Augenblick gekommen sei, Gott um Mut zu bitten; sie richtete sich auf, um zu beten, und murmelte Worte ohne Zusammenhang, dabei vergessend, daß ihre weißen Schultern keine andere Decke hatten als ihr langes Haar und daß man ihr Herz unter der feinen Spitze ihres Nachtkleides klopfen sah.
    Der Graf legte leicht seine Hand auf den Arm des jungen Mädchens, zog die samtne Bettdecke bis zu ihrem Hals empor und sagte mit väterlichem Lächeln: »Meine Tochter, glauben Sie an meine Ergebenheit wie an die Liebe Maximilians.«
    Valentine sah ihn dankbar an. Der Graf zog eine kleine, aus einem Smaragd gefertigte Büchse mit goldenem Deckel aus der Westen-tasche und schüttete eine kleine erbsengroße Pastille in die rechte Hand des Mädchens. Valentine nahm die Pastille mit der andern Hand und sah den Grafen fragend an.
    »Ja«, antwortete der Graf.
    Valentine schluckte die Pastille hinunter.
    »Und jetzt auf Wiedersehen, mein Kind«, sagte er; »ich will versuchen zu schlafen, denn Sie sind gerettet.«
    »Gehen Sie«, antwortete Valentine, »was mit mir auch geschehen möge, ich verspreche Ihnen, keine Furcht zu haben.«
    Monte Christo sah das junge Mädchen so lange an, bis es durch die Wirkung des narkotischen Mittels, das ihr der Graf gegeben hatte, allmählich

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