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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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irren sich, mein Herr«, rief Morrel, indem er sich auf ein Knie erhob. »Sie irren! Valentine, die so gestorben ist, bedarf nicht nur eines Priesters, sondern auch eines Rächers, Herr von Villefort, lassen Sie den Priester holen, ich werde der Rächer sein.«
    »Was wollen Sie damit sagen?« fragte Villefort erbebend.
    »Ich will damit sagen«, fuhr Morrel fort, »daß zwei Menschen in Ihnen stecken. Der Vater hat genug geweint; lassen Sie den Staatsanwalt sein Amt beginnen.«
    Die Augen Noirtiers funkelten; d’Avrigny näherte sich.
    »Mein Herr«, fuhr der junge Mann fort, dessen Augen die Gefühle verfolgten, die sich auf den Gesichtern der Anwesenden ausdrückten, »ich weiß, was ich sage, und Sie wissen alle ebensogut wie ich, was ich sagen will. Valentine ist ermordet worden!«
    Villefort senkte den Kopf; d’Avrigny trat noch einen Schritt nä-
    her; Noirtier stimmte mit den Augen zu.
    »Nun, mein Herr«, fuhr Morrel fort, »heute verschwindet nicht ein Wesen, und wäre es nicht jung, nicht schön, nicht anbetungswürdig, wie Valentine war, gewaltsam aus der Welt, ohne daß man über sein Verschwinden Rechenschaft fordert! Nun, Herr Staatsanwalt«, setzte Morrel mit wachsender Heftigkeit hinzu, »kein Mitleid! Ich zeige Ihnen das Verbrechen an, suchen Sie den Mörder!«
    Und seine unerbittlichen Augen sahen fragend Villefort an, der seinerseits bald Noirtier, bald d’Avrigny mit dem Blick befragte.
    Aber statt Hilfe bei seinem Vater und dem Arzt zu fi nden, begegnete Villefort bei ihnen nur einem ebenso unerbittlichen Blick, wie der Blick Morrels war.
    »Ja«, bekundete der Greis.
    »Gewiß!« sagte d’Avrigny.
    »Mein Herr«, entgegnete Villefort, indem er gegen diesen dreifachen Willen und seine eigene Bewegung ankämpfte. »Sie irren sich, in meinem Haus wird kein Verbrechen begangen; das Verhängnis triff t mich, Gott prüft mich; es ist schrecklich zu denken, aber man ermordet niemand!«
    Die Augen Noirtiers fl ammten; d’Avrigny öff nete den Mund, um zu sprechen, aber Morrel streckte den Arm aus und gebot Schweigen.
    »Und ich sage Ihnen, daß man hier mordet!« rief er mit leiserer Stimme, die aber nichts von ihrem schrecklichen Klang verloren hatte. »Ich sage Ihnen, daß dies seit vier Monaten das vierte Opfer ist; ich sage Ihnen, daß man schon vor vier Tagen versucht hat, Valentine zu vergiften, daß es aber dank den Vorsichtsmaßregeln, die Herr Noirtier getroff en, nicht gelungen ist. Ich sage Ihnen, daß Sie dies alles ebensogut wissen wie ich, da Herr d’Avrigny hier Sie als Arzt und Freund gewarnt hat.«
    »Oh, Sie sprechen im Fieber!« entgegnete Villefort, der vergeblich versuchte, sich aus dem Netz, in dem er sich gefangen fühlte, zu befreien.
    »Ich spreche im Fieber!« rief Morrel. »Nun wohl, ich berufe mich auf Herrn d’Avrigny selbst. Fragen Sie ihn, ob er sich noch der Worte erinnert, die er in Ihrem Garten am Abend nach dem Tode der Frau von Saint-Méran, damals, als Sie beide sich allein glaubten und sich von diesem tragischen Todesfall unterhielten, gesprochen hat.«
    Villefort und d’Avrigny sahen einander an.
    »Ja, erinnern Sie sich«, sagte Morrel; »denn was Sie da gesprochen haben, ist an mein Ohr gedrungen. Gewiß hätte ich schon an demselben Abend, da ich die Nachsicht des Herrn von Villefort den Seinen gegenüber sah, von allem Anzeige machen sollen; ich wäre dann nicht wie jetzt mitschuldig an deinem Tod, Valentine, meine geliebte Valentine! Aber der Mitschuldige wird der Rächer werden; dieser vierte Mord ist off enbar vor aller Augen, und wenn dein Vater dich verläßt, Valentine, so werde ich, das schwöre ich dir, den Mörder verfolgen!«
    Und diesmal, als ob die Natur endlich Mitleid hätte, erstickten die letzten Worte Morrels in seiner Kehle, aus seiner Brust rang sich ein Schluchzen hervor, und die Tränen brachen ihm aus den Augen; weinend sank er neben dem Bett Valentines von neuem in die Knie.
    Da nahm d’Avrigny, das Wort. »Auch ich«, sagte er mit fester Stimme, »auch ich schließe mich Herrn Morrel an, um Sühne für das Verbrechen zu verlangen; denn mein Herz empört sich bei dem Gedanken, daß meine feige Rücksicht den Mörder ermun-tert hat!«
    »O mein Gott, mein Gott!« murmelte Villefort vernichtet.
    Morrel hob den Kopf und sagte, als er in den Augen des Greises ein übernatürliches Licht sah: »Herr Noirtier will sprechen.«
    »Ja«, bekundete Noirtier mit einem Ausdruck, der um so schrecklicher war, als alle Fähigkeiten dieses

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