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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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armen, machtlosen Greises sich in seinem Blick vereinten.
    »Sie kennen den Mörder?« fragte Morrel.
    »Ja«, gab Noirtier zurück.
    »Und Sie wollen uns auf die Spur leiten?« rief der junge Mann.
    »Lassen Sie uns hören, Herr d’Avrigny!«
    Noirtier lächelte dem unglücklichen Morrel melancholisch zu; es war jenes milde Lächeln der Augen, das Valentine so oft beglückt hatte. Nachdem er so den jungen Mann aufmerksam gemacht hatte, sah er zur Tür des Gemachs.
    »Sie wollen sagen, ich solle fortgehen?« rief Morrel schmerzlich.
    »Ja«, bekundete Noirtier.
    »Oh, Herr Noirtier, haben Sie doch Mitleid mit mir!«
    Die Augen des Greises blieben unerbittlich zur Tür gerichtet.
    »Kann ich wenigstens wiederkommen?« fragte Morrel.
    »Ja.«
    »Soll ich allein gehen?«
    »Nein.«
    »Wen soll ich mitnehmen? Den Herrn Staatsanwalt?«
    »Nein.«
    »Den Arzt?«
    »Ja.«
    »Sie wollen mit Herrn von Villefort allein bleiben?«
    »Ja.«
    »Aber wird er Sie verstehen?«
    »Ja.«
    »Oh«, sagte Villefort, erfreut darüber, daß die Sache zwischen ihm und seinem Vater bleiben sollte, »seien Sie unbesorgt, ich verstehe meinen Vater sehr gut.« Aber während er dies mit dem Ausdruck der Freude sagte, klapperten ihm die Zähne.
    D’Avrigny nahm den jungen Mann am Arm und zog ihn mit ins Nebenzimmer. Eine Totenstille entstand im Hause.
    Nach einer Viertelstunde ließ sich endlich ein taumelnder Schritt hören, und Villefort erschien auf der Schwelle des Zimmers, in dem sich d’Avrigny und Morrel befanden.
    »Kommen Sie«, sagte er und führte sie an den Stuhl Noirtiers.
    Morrel sah Villefort aufmerksam an. Das Gesicht des Staatsanwalts war fahl; er zerquetschte eine Feder zwischen seinen Fingern.
    »Meine Herren«, sagte er mit erstickter Stimme zu d’Avrigny und Morrel, »Ihr Ehrenwort, daß das entsetzliche Geheimnis zwischen uns begraben sein wird!«
    Beide Männer machten eine Bewegung.
    »Ich beschwöre Sie darum«, fuhr Villefort fort.
    »Aber der Schuldige …! Der Mörder!« sagte Morrel.
    »Seien Sie beruhigt, mein Herr, der Gerechtigkeit wird Genüge geschehen«, entgegnete Villefort. »Mein Vater hat mir den Namen des Schuldigen mitgeteilt; mein Vater dürstet gleich Ihnen nach Rache, und doch beschwört er Sie, wie ich, das Geheimnis über das Verbrechen zu bewahren. Nicht wahr, Vater?«
    »Ja«, bekundete Noirtier entschlossen.
    Morrel ließ sich eine Bewegung des Abscheus und des Mißtrauens entschlüpfen.
    »Oh«, rief Villefort, indem er ihn am Arm zurückhielt, »wenn mein Vater, der unbeugsame Mann, diese Bitte an Sie richtet, so geschieht das, weil er weiß, daß Valentine fürchterlich gerächt werden wird. Nicht wahr, Vater?«
    Der Greis bejahte. Villefort fuhr fort: »Er kennt mich, und ich habe ihm mein Wort verpfändet. Beruhigen Sie sich also, meine Herren; drei Tage, ich bitte Sie um drei Tage, das ist weniger, als das Gericht verlangen würde, und in diesen drei Tagen wird die Rache, die ich an dem Mörder meines Kindes nehmen werde, auch die Gleichgültigsten bis ins tiefste Herz erschauern machen. Nicht wahr, Vater?« Und indem er diese Worte sagte, knirschte er mit den Zähnen und schüttelte die erstarrte Hand des Greises.
    »Wird alles, was eben versprochen worden ist, gehalten werden, Herr Noirtier?« fragte Morrel, während d’Avrigny mit den Augen forschte.
    »Ja«, erwiderte Noirtier mit einem Blick fi nsterer Freude.
    »Schwören Sie also, meine Herren«, sagte Villefort, indem er die Hände d’Avrignys und Morrels ineinanderlegte, »schwören Sie, daß Sie mit der Ehre meines Hauses Erbarmen haben und die Sorge, sie zu rächen, mir überlassen wollen.«
    D’Avrigny wandte sich ab und murmelte ein ganz schwaches Ja, aber Morrel riß seine Hand aus der des Staatsanwalts, stürzte an das Bett, drückte die Lippen auf die eisigen Lippen Valentines und eilte mit verzweifl ungsvollem Stöhnen aus dem Zimmer.
    Da kein Diener mehr im Hause war, sah sich Villefort genötigt, Herrn d’Avrigny zu bitten, alle jene zahlreichen Schritte zu tun, die ein Todesfall in einer großen Stadt nach sich zieht und die bei einem Todesfall unter so verdächtigen Umständen besonders unangenehm sind.
    Villefort kehrte in sein Arbeitszimmer zurück; d’Avrigny holte den Totenarzt; Noirtier wollte seine Enkelin nicht verlassen.
    Nach einer halben Stunde kam Herr d’Avrigny mit seinem Kollegen zurück; man hatte die Straßentüren verschlossen, und da der Hausmeister mit der übrigen Dienerschaft verschwunden

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