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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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sein. Ihnen sage ich: Nicht wahr, Sie haben einige Tropfen Ihres mildesten und schnellsten Giftes aufbewahrt?«
    »Verzeihen Sie mir; lassen Sie mich leben!«
    »Sie sind feig!« sagte Villefort.
    »Denken Sie daran, daß ich Ihre Frau bin!«
    »Sie sind eine Giftmischerin!«
    »Um des Himmels willen …!«
    »Nein!«
    »Um der Liebe willen, die Sie für mich empfunden haben …«
    »Nein! Nein!«
    »Um unsres Kindes willen! Oh, um unsres Kindes willen lassen Sie mich leben!«
    »Nein, nein, nein! sage ich Ihnen; ließe ich Sie leben, Sie würden es vielleicht eines Tages gleich den andern töten.«
    »Ich meinen Sohn töten!« schrie die Mutter wild, indem sie auf Villefort zustürzte. »Ich meinen Eduard töten … ha, ha!« Und ein schreckliches Lachen, das Lachen einer Wahnsinnigen, endete den Satz und verlor sich in ein Röcheln. Sie sank ihrem Mann zu Füßen.
    Villefort trat an sie heran.
    »Denken Sie daran«, sagte er, »daß, wenn bei meiner Rückkehr das Strafgericht nicht vollzogen ist, ich Sie mit eignem Mund anzeigen und mit meinen eignen Händen verhaften werde.«
    Sie hörte ihn an, keuchend, vernichtet; ihr Auge allein lebte und glühte in schrecklichem Feuer.
    »Sie verstehen mich«, sagte Villefort; »ich gehe, um die Todesstrafe gegen einen Mörder zu beantragen … Finde ich Sie lebend wieder, so schlafen Sie heute abend im Gefängnis.«
    Frau von Villefort stieß einen Seufzer aus, die Spannung ihrer Nerven löste sich, sie sank auf dem Teppich zusammen.
    Der Staatsanwalt schien eine Regung des Mitleids zu empfi nden, er sah sie weniger streng an und sagte langsam: »Leben Sie wohl!«
    Dieses Lebewohl fi el wie das todbringende Messer auf Frau von Villefort. Sie wurde ohnmächtig.
    Der Staatsanwalt ging und schloß die Tür zweimal hinter sich ab.
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    Die Aff äre Benedetto hatte in Paris gewaltiges Aufsehen erregt. Als ständiger Besucher des Café de Paris, des Boulevard de Gand und des Bois de Boulogne hatte der falsche Cavalcanti während der zwei oder drei Monate, die sein Glanz gedauert hatte, eine Menge Bekanntschaften geschlossen. Die Zeitungen hatten die verschiedenen Wechselfälle seines Lebens als eleganter Lebemann und als Sträfl ing im Bagno erzählt; infolgedessen wurden besonders die neugierig, die den Prinzen Andrea Cavalcanti persönlich gekannt hatten, und diese waren entschlossen, alles daranzusetzen, um Benedetto, den Mörder seines Kettengenossen, auf der Anklagebank zu sehen.
    Für viele war Benedetto, wenn nicht ein Opfer, so doch wenigstens ein Irrtum der Justiz; man hatte den Vater Cavalcanti in Paris gesehen und erwartete, ihn von neuem erscheinen zu sehen, um seinen erlauchten Sprößling von den Behörden zu verlangen. Alles eilte also zu der Schwurgerichtssitzung, um das Schauspiel zu genießen. Von sieben Uhr morgens an bildete man eine Schlange vor der Tür, und eine Stunde vor Eröff nung der Verhandlung war der Saal schon voll von denen, die so bevorzugt gewesen waren, eine Einlaßkarte zu erhalten.
    Es war ein prächtiger Septembertag; die Wolken, die am Morgen die aufgehende Sonne verdeckt hatten, waren wie durch Zauber zerstoben; einer der mildesten Herbsttage erstrahlte in seiner ganzen Reinheit.
    Die Richter und die Geschworenen traten endlich ein und nahmen unter tiefster Stille im Saal Platz; Herr von Villefort, der Gegenstand der allgemeinen Aufmerksamkeit, ja fast sogar der allgemeinen Bewunderung, setzte sich in seinen Stuhl und ließ seinen ruhigen Blick durch den Saal schweifen.
    Jeder betrachtete voll Staunen dieses ernste und strenge Gesicht, über dessen Ruhe die Schmerzen des Vaters keine Macht zu haben schienen, und man sah mit einer Art Schrecken diesen Mann an, dem menschliche Gefühle fremd zu sein schienen.
    »Gendarmen«, sagte der Präsident, »führen Sie den Angeklagten Benedetto herein!«
    Bei diesen Worten wurde die Aufmerksamkeit des Publikums lebhafter, und aller Augen richteten sich zur Tür, durch die Benedetto eintreten sollte.
    Bald öff nete sich diese Tür, und der Angeklagte erschien.
    Der Eindruck war auf jedermann derselbe, und keiner täuschte sich über den Ausdruck seines Gesichts. Seine Züge trugen nicht den Stempel jener tiefen Bewegung, die das Blut zum Herzen treibt und Stirn und Wange bleich macht. Seine Hände, deren eine auf seinem Hut lag, während die andre in dem Ausschnitt seiner weißen Piquéweste steckte, zitterten nicht; sein Auge war ruhig, es glänzte

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