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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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deren Geld verwenden wollte; da er dann an nichts mehr zu denken hatte, schloß er die Augen und schlief sanft ein.
    Gelegentlich öff nete Danglars bei einem heftigeren Stoß des Wagens für einen Augenblick die Augen; dann fühlte er sich noch immer mit derselben Schnelligkeit durch diese Gegend mit zerfal-lenen Aquädukten dahingezogen, die Granitriesen glichen, welche mitten im Lauf versteinert waren. Aber die Nacht war kalt, fi nster und regnerisch, und es tat einem halb schlafenden Mann viel wohler, mit geschlossenen Augen im Innern seines Wagens zu bleiben, als den Kopf aus dem Schlag zu stecken, um einen Postillion, der nichts weiter zu antworten wußte als »Non capisco!«, zu fragen, wo er sich befi nde.
    Danglars schlief also weiter, indem er sich sagte, daß es immer noch Zeit sei, auf der Station zu erwachen.
    Der Wagen hielt; Danglars glaubte, daß er endlich am ersehnten Ziel angelangt sei.
    Er öff nete die Augen und sah durch das Fenster, indem er erwartete, sich in einer Stadt oder mindestens in einem Dorf zu befi nden; aber er sah nichts als ein einzelnstehendes verfallenes Gemäuer und drei oder vier Männer, die wie Schatten gingen und kamen.
    Danglars erwartete einen Augenblick, daß der Postillion, der seine Tour beendet hatte, ihm das Fahrgeld abfordere; er gedachte diese Gelegenheit zu benutzen, um seinen neuen Führer zu befragen; aber die Pferde wurden gewechselt, ohne daß jemand kam, um Geld von ihm zu verlangen. Erstaunt öff nete Danglars den Schlag; aber eine kräftige Hand stieß ihn sofort wieder zu, und der Wagen fuhr weiter.
    Der Baron wurde vollständig munter.
    »He!« sagte er zu dem Postillion. »He! Mio caro!«
    Das war wiederum Romanzen-Italienisch, das Danglars aufge-fangen hatte, als seine Tochter mit dem Prinzen Cavalcanti Duette sang.
    Aber mio caro antwortete nicht.
    Danglars öff nete dann nur das Fenster.
    »He, Freund! Wohin fahren wir denn?« fragte er, indem er den Kopf durch die Öff nung steckte.
    »Dentro la testa!« rief eine ernste und befehlende Stimme, die von einer drohenden Bewegung begleitet wurde.
    Danglars begriff , daß dentro la testa besagen wollte: Steck den Kopf hinein! Man sieht, er machte reißende Fortschritte im Italienischen.
    Er gehorchte nicht ohne Unruhe, und da diese Unruhe mit jeder Minute zunahm, so war nach einigen Augenblicken sein Geist statt der Leere, die den Schlummer herbeigeführt hatte, mit einer Menge Gedanken angefüllt, die sehr geeignet waren, die Aufmerksamkeit eines Reisenden, namentlich in der Lage Danglars’, wach zu erhalten.
    Seine Augen nahmen in der Dunkelheit jenen Grad der Schärfe an, den heftige Erregungen im ersten Augenblick verleihen.
    Er sah einen in einen Mantel gehüllten Reiter an der rechten Seite des Wagens galoppieren.
    Ein Gendarm! sagte er sich. Sollte ich durch die französischen Telegrafen den päpstlichen Behörden signalisiert worden sein?
    Er beschloß, diese Ungewißheit zu beseitigen.
    »Wohin führen Sie mich?« fragte er.
    »Dentro la testa!« wiederholte dieselbe Stimme mit demselben drohenden Ton.
    Danglars wandte sich nach dem linken Schlag.
    Ein andrer Reiter galoppierte an der linken Seite.
    Sie haben mich gefaßt! sagte sich Danglars, dem der Schweiß auf der Stirn stand.
    Er warf sich in den Wagen zurück, aber diesmal nicht, um zu schlafen, sondern um nachzudenken.
    Einen Augenblick später ging der Mond auf.
    Aus dem Hintergrund des Wagens warf Danglars einen Blick in die Campagna; er sah wieder die großen Aquädukte, jene Steingespen-ster, die er schon vorher bemerkt hatte; nur befanden sie sich jetzt nicht an der linken, sondern an der rechten Seite.
    Er erkannte, daß der Wagen gewendet hatte und ihn nach Rom zurückführte.
    »Oh, ich Unglücklicher!« murmelte er. »Man wird mich auslie-fern!«
    Der Wagen setzte seinen Weg mit erschreckender Schnelligkeit fort. Eine bange Stunde verging; an jedem neuen Merkmal erkannte der Flüchtling, daß man ihn zurückbrachte. Endlich sah er eine dunkle Masse, gegen die der Wagen anrennen zu wollen schien.
    Aber der Wagen fuhr um eine Ecke und bewegte sich längs dieser dunklen Masse hin, die nichts andres war als der die Stadt Rom umgebende Wall.
    »Oh, oh«, murmelte Danglars, »wir fahren nicht in die Stadt zu-rück, also ist es nicht das Gericht, das mich anhält. Mein Gott, wä-
    ren es etwa …«
    Seine Haare sträubten sich.
    Er erinnerte sich jener interessanten Geschichten von römischen Banditen, denen in Paris sowenig Glauben

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