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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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für ihn, wenn er vernähme, daß ich nicht an seinem Dolchstoß gestorben war? Es mußte also jede Spur der Vergangenheit vernichtet werden.
    Deshalb hatte ich den Mietskontrakt rückgängig gemacht, deshalb war ich gekommen, deshalb wartete ich.
    Es wurde Abend, aber ich wartete, bis es ganz fi nster war; ich war ohne Licht in dem Zimmer, wo der Zugwind die Vorhänge bewegte, hinter denen ich immer einen Spion versteckt glaubte; von Zeit zu Zeit fuhr ich zusammen, es war mir, als ob ich hinter mir in dem Bett Ihr Jammern hörte, und ich wagte nicht, mich umzusehen. Mein Herz klopfte in der Stille so heftig, daß ich glaubte, meine Wunde werde sich wieder öff nen. Endlich war draußen kein Geräusch mehr zu vernehmen; ich hatte nichts mehr zu fürchten und beschloß hinunterzugehen.
    Glauben Sie mir, Hermine, ich habe nicht weniger Mut als andre, aber als ich den kleinen Schlüssel zur Treppe, der uns beiden so teuer war und den Sie an einem goldnen Ring befestigt hatten, von der Brust nahm, als ich die Tür öff nete und einen langen, weißen gespenstischen Lichtstreifen vor mir sah, den der blasse Mond durch die Fenster auf die Stufen der Wendeltreppe warf, hielt ich mich an der Mauer fest und war nahe daran, um Hilfe zu rufen; mir war, als ob ich wahnsinnig werden würde.
    Endlich wurde ich meiner Herr und stieg die Treppe hinunter; das einzige, was ich nicht hatte überwinden können, war ein seltsames Zittern in den Knien. Ich hielt mich am Geländer fest; hätte ich es einen Augenblick losgelassen, so wäre ich hinabgestürzt.
    Ich erreichte die Tür, die ins Freie führte; draußen stand ein Spaten an der Mauer. Ich hatte mich mit einer Blendlaterne versehen; auf dem Rasen zündete ich sie an und ging weiter.
    Es war Ende November, im Garten war nichts Grünes mehr zu sehen, die Bäume waren nur noch Skelette mit langen fl eischlosen Armen, und die trocknen Blätter raschelten unter meinen Füßen.
    Der Schrecken schnürte mir das Herz zusammen, daß ich, als ich mich der Baumgruppe näherte, eine Pistole aus der Tasche zog und lud. Jeden Augenblick glaubte ich durch die Zweige das Gesicht des Korsen auftauchen zu sehen.
    Ich leuchtete das Gebüsch mit der Laterne ab, es war leer. Ich sah mich um; ich war ganz allein; kein Geräusch störte die Stille der Nacht, nur eine Nachteule ließ ihren gellenden, unheimlichen Schrei ertönen.
    Ich befestigte meine Laterne an einem gabelförmigen Zweig, den ich schon ein Jahr vorher an derselben Stelle bemerkt hatte, als ich haltmachte, um das Loch zu graben.
    Das Gras war während des Sommers dicht aufgeschossen; eine weniger stark bewachsene Stelle zog meine Aufmerksamkeit auf sich; dort hatte ich augenscheinlich das Loch gemacht. Ich begann zu graben; bei jedem Spatenstich erwartete ich, Widerstand zu fi nden; aber ich hatte schon ein zweimal so großes Loch gemacht, als das erste gewesen war, ohne auf irgend etwas zu stoßen. Ich glaubte, mich in der Stelle geirrt zu haben, und sah aufmerksam um mich her. Ein kalter, scharfer Wind pfi ff durch die kahlen Äste, und mir rann der Schweiß von der Stirn. Die Stelle war dieselbe; ich vergrößerte die Grube, fand aber nichts, der Koff er war nicht mehr da.«
    »Der Koff er war nicht mehr da?« murmelte Frau Danglars, von Schreck überwältigt.
    »Ich grub das ganze Dickicht um«, fuhr Villefort fort. »Vielleicht hatte der Mörder einen Schatz in dem Koff er vermutet, ihn ausgegraben und, nachdem er seinen Irrtum erkannt hatte, seinerseits den Koff er wieder vergraben. Aber ich fand nichts. Dann kam mir der Gedanke, daß er den Koff er einfach in einen Winkel geworfen haben könne. Um nachzusuchen, mußte ich den Tag abwarten. Ich ging wieder in das Zimmer hinauf und wartete.«
    »O mein Gott!«
    »Als es Tag geworden war, ging ich von neuem nach unten. Mein erster Gang galt dem Dickicht; ich hoff te, dort Spuren zu fi nden, die mir in der Dunkelheit entgangen waren. Ich hatte die Erde auf einem Raum von mehr als zwanzig Quadratfuß und über zwei Fuß tief aufgegraben. Ein Tagelöhner hätte das, was ich in einer Stunde getan hatte, kaum in einem Tag geleistet. Ich sah nicht das geringste.
    Jetzt suchte ich im Garten nach dem Koff er; aber auch diese Suche war vergeblich.«
    »Oh«, rief Frau Danglars, »das muß gewesen sein, um wahnsinnig zu werden!«
    »Ich hoff te es einen Augenblick« fuhr Villefort fort, »aber ich war nicht so glücklich; indessen suchte ich mich zu sammeln. –
    Warum sollte der Mensch die

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