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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Frau«, antwortete er. »Warum sollten wir es übrigens nicht sein?«
    Dieser Ton war nicht der, den die Gräfi n erwartet hatte. Sie wandte sich seufzend ab.
    »Ich danke«, sagte sie und ging weiter.
    So machten sie die Runde durch den Garten, ohne ein einziges Wort zu sprechen.
    »Ist es wahr«, fragte die Gräfi n plötzlich, nachdem sie zehn Minuten umhergegangen waren, »daß Sie so viel gereist sind, so viel gesehen und so viel gelitten haben?«
    »Ich habe viel gelitten, ja, gnädige Frau«, antwortete Monte Christo.
    »Aber Sie sind jetzt glücklich?«
    »Jedenfalls«, entgegnete der Graf, »denn es hört mich niemand klagen.«
    »Und Ihr gegenwärtiges Glück macht Ihr Herz milder?«
    »Mein gegenwärtiges Glück kommt meinem früheren Elend gleich«, antwortete der Graf.
    »Sind Sie nicht verheiratet?« fragte die Gräfi n.
    »Ich, verheiratet«, erwiderte Monte Christo zusammenfahrend,
    »wer hat Ihnen das gesagt?«
    »Man hat es mir nicht gesagt, aber man hat Sie mehrere Male eine junge schöne Dame in die Oper führen sehen.«
    »Das ist eine Sklavin, die ich einst in Konstantinopel kaufte, eine Prinzessin, die ich zu meiner Tochter machte, da ich sonst niemand auf der Welt habe.«
    »Sie leben allein?«
    »Ich lebe allein.«
    »Sie haben keine Schwester … keinen Sohn … keinen Vater?«
    »Ich habe niemand.«
    »Wie können Sie so leben ohne etwas, das Sie an das Leben bindet?«
    »Es ist nicht meine Schuld, gnädige Frau. Ich habe in Malta ein Mädchen geliebt und wollte sie heiraten, als der Krieg ausbrach und mich von ihr riß. Ich glaubte, sie liebe mich genug, um auf mich zu warten und mir treu zu bleiben, selbst wenn ich im Grabe läge.
    Als ich zurückkam, war sie verheiratet. Das ist die Geschichte jedes Mannes, der über zwanzig ist. Ich hatte vielleicht ein schwächeres Herz als die andern und habe mehr gelitten, als andre an meiner Stelle gelitten hätten, das ist alles.«
    Die Gräfi n machte einen Augenblick halt, als ob sie Atem schöpfen müßte.
    »Ja«, sagte sie, »diese Liebe ist Ihnen im Herzen geblieben. Man liebt nur einmal … Und haben Sie dieses Mädchen je wiedergesehen?«
    »Nie.«
    »Nie!«
    »Ich bin nicht wieder in das Land zurückgekehrt, wo sie lebte.«
    »Nach Malta?«
    »Ja, nach Malta.«
    »Sie ist also in Malta?«
    »Ich glaube.«
    »Und haben Sie ihr verziehen, was Sie durch sie gelitten haben?«
    »Ihr, ja.«
    »Aber nur ihr; Sie hassen noch immer diejenigen, die Sie von ihr getrennt haben?«
    Die Gräfi n trat vor Monte Christo; sie hielt noch ein Stück der duftenden Traube in der Hand.
    »Nehmen Sie«, sagte sie.
    »Ich esse nie Muskatwein, gnädige Frau«, antwortete Monte Christo.
    Die Gräfi n schleuderte die Traube mit einer Bewegung der Verzweifl ung in das nächste Dickicht.
    »Unerbittlich!« murmelte sie.
    Monte Christo blieb so gelassen, als ob der Vorwurf nicht ihm gegolten hätte.
    In diesem Augenblick eilte Albert herbei.
    »Ach, Mutter«, sagte er, »ein großes Unglück!«
    »Was ist vorgefallen?« fragte die Gräfi n, indem sie sich aufrichtete, als ob sie aus einem Traum in die Wirklichkeit zurückgerufen wurde. »Ein Unglück, sagst du? In der Tat, es muß ein Unglück kommen.«
    »Herr von Villefort ist hier, um seine Frau und Tochter zu holen.
    Die Marquise von Saint-Méran ist in Paris angekommen und hat die Nachricht mitgebracht, daß ihr Gatte auf der Reise hierher auf der ersten Station gestorben ist. Frau von Villefort, die sehr heiter war, wollte das Unglück nicht begreifen und nicht glauben; aber Fräulein Valentine erriet trotz der Vorsicht ihres Vaters alles bei den ersten Worten. Dieser Schlag hat sie wie ein Blitz niedergeschmettert, und sie brach ohnmächtig zusammen.«
    »In welchem Verhältnis steht denn Herr Saint-Méran zu Fräulein von Villefort?« fragte der Graf.
    »Er ist ihr Großvater mütterlicherseits. Er wollte hierher kommen, um die Heirat mit Franz zu beschleunigen.«
    »Ah, so!«
    »Da hat Franz Aufschub. Warum ist Herr von Saint-Méran nicht auch ein Großvater des Fräulein Danglars!«
    »Albert, Albert!« sagte die Gräfi n im Ton sanften Vorwurfs, »was sagst du da? Ach, Herr Graf, vor Ihnen hat er so viel Respekt, sagen Sie ihm doch, daß er etwas Schlechtes gesagt hat.«
    Sie ging einige Schritte. Monte Christo betrachtete sie mit so träu-merischem Ausdruck, der zugleich eine so warme Bewunderung enthielt, daß sie zurückkam. Sie nahm die Hand des Grafen und die ihres Sohnes und legte beide

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