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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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antwortete Maximilian.
    »Gnädiges Fräulein!« rief Valentine. »Oh, der Egoist! Er sieht mich in Verzweifl ung und tut, als ob er mich nicht verstehe.«
    »Sie irren sich, ich verstehe Sie ganz und gar. Sie wollen Ihrem Vater und Ihrer Großmutter nicht ungehorsam sein und werden morgen den Vertrag unterzeichnen.«
    »Aber mein Gott! Kann ich denn anders?«
    »Das müssen Sie mich nicht fragen, denn ich bin ein schlechter Richter in dieser Sache«, antwortete Morrel.
    »Was hätten Sie mir denn vorgeschlagen, wenn Sie mich geneigt gefunden hätten, Ihren Vorschlag anzunehmen? Antworten Sie; man muß nicht nur sagen: Du handelst falsch, sondern einen Rat geben.«
    »Ist das Ihr Ernst, Valentine, und darf ich Ihnen den Rat geben?«
    »Gewiß, lieber Maximilian, denn wenn er gut ist, werde ich ihn befolgen; Sie wissen ja, daß ich von Ihrer Liebe überzeugt bin.«
    »Valentine«, sagte Morrel, indem er ein loses Brett beiseite schob,
    »geben Sie mir Ihre Hand zum Beweis, daß Sie mir meinen Zorn verzeihen. Mein Kopf ist wirr, und ich bin seit einer Stunde eine Beute der wahnsinnigsten Gedanken. Oh, wenn Sie meinen Rat ausschlügen!«
    »Sprechen Sie!«
    »Ich bin frei«, fuhr Maximilian fort, »und reich genug für uns beide; ich schwöre Ihnen, daß Sie meine Frau werden sollen, ehe meine Lippen Ihre Stirn berühren.«
    »Sie machen mich zittern«, sagte das junge Mädchen.
    »Folgen Sie mir«, fuhr Morrel fort; »ich führe Sie zu meiner Schwester; wir gehen nach Algier, England oder Amerika, wenn Sie nicht lieber wollen, daß wir uns in die Provinz zurückziehen und abwarten, bis unsere Freunde den Widerstand Ihrer Familie besiegt haben.«
    Valentine schüttelte den Kopf.
    »Das hatte ich erwartet, Maximilian«, sagte sie; »das ist ein wahnsinniger Rat, und ich wäre noch wahnsinniger als Sie, wenn ich nicht sofort sagte: Unmöglich, unmöglich!«
    »Sie wollen also alles dem Schicksal überlassen und nicht einmal zu kämpfen versuchen?« sagte Morrel düster.
    »Ja, und müßte ich darüber sterben!«
    »Nun, Valentine«, fuhr Morrel fort, »ich wiederhole, daß Sie recht haben, während ich von Leidenschaft verblendet bin. Sei’s denn, morgen werden Sie unwiderrufl ich dem Herrn von Epinay aus freiem Willen verlobt sein. Ich habe die Ehre, Ihnen Lebewohl zu sagen, gnädiges Fräulein, und rufe Gott zum Zeugen an, daß ich Ihnen ein so ruhiges und glückliches Leben wünsche, daß für die Erinnerung an mich kein Platz mehr darin ist.«
    »Oh«, murmelte Valentine.
    »Adieu, Valentine, adieu!« sagte Morrel, sich verneigend.
    »Wohin gehen Sie?« rief das junge Mädchen, das erkannte, daß die Ruhe ihres Geliebten nur äußerlich war; dabei streckte sie die Hand durch das Gitter und hielt ihn am Rock fest. »Wohin gehen Sie?«
    »Ich will nicht neue Unruhe in Ihre Familie bringen.«
    »Aber sagen Sie mir, was Sie tun werden, Maximilian.«
    Der junge Mann lächelte traurig.
    »Oh, sprechen Sie, sprechen Sie«, fuhr Valentine fort, »ich bitte Sie.«
    »Haben Sie Ihren Entschluß geändert, Valentine?«
    »Ich kann ihn nicht ändern, Unglücklicher, das wissen Sie wohl!«
    rief das Mädchen.
    »Dann leben Sie wohl, Valentine!«
    Valentine rüttelte das Gitter mit einer Kraft, die man ihr nicht zugetraut hätte, und da Morrel sich entfernte, streckte sie beide Hände hindurch und sagte, indem sie sie beschwörend faltete: »Was wollen Sie tun? Ich will es wissen; wohin gehen Sie?«
    »Oh, seien Sie unbesorgt«, entgegnete Maximilian, indem er stehenblieb; »ich habe nicht die Absicht, einen andern für die Härte des Schicksals verantwortlich zu machen; das wäre Wahnsinn.«
    »Maximilian«, sagte Valentine, »kommen Sie her, ich will es.«
    Maximilian näherte sich mit seinem ruhigen Lächeln, und wäre seine Blässe nicht gewesen, man hätte nichts Ungewöhnliches an ihm vermutet.
    »Hören Sie, meine teure, meine angebetete Valentine«, sagte er mit seiner melodischen und ernsten Stimme, »Leute wie wir, die nie einen Gedanken gehabt haben, über den sie vor der Welt oder vor Gott hätten erröten müssen, können einander im Herzen lesen.
    Ich habe mein Leben auf Sie gesetzt; Sie gehen mir verloren, und damit ist mein Leben verloren. Ich werde warten bis zu dem Tag Ihrer Heirat. Denn ich hoff e bis zum letzten Augenblick, daß mir das Schicksal noch günstig sein könne. In dem Augenblick, da Sie mir hoff nungslos verloren sind, bin ich allein auf der Welt. Meine Schwester ist glücklich mit ihrem Mann, mein

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