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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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Platane; sehen Sie, der Mond tritt eben hervor und will jene Stelle beleuchten, und dort, wo Sie stehen, in den Mantel gehüllt, der mir Ihre Gestalt verbirgt und ganz dem des Herrn von Villefort gleicht ...
    Wie! rief Monte Christo, Herrn von Villefort? ...
    Eure Exzellenz kannte ihn? – Ja, wenn es der ehemalige Staatsanwalt von Nimes ist, der den Ruf eines der ehrlichsten und gerechtesten Beamten hatte? – Jawohl, gnädiger Herr, rief Bertuccio, dieser Mann ... – Nun? – War ein Schurke! –
    Bah, unmöglich! – Es ist dennoch, wie ich Ihnen sage. – Oh! und Sie haben den Beweis dafür? – Ich hatte ihn wenigstens. – Und Sie waren so ungeschickt, ihn zu verlieren? – Ja, doch wenn man gut sucht, kann man ihn wohl wieder finden. – Wahrhaftig, erzählen Sie mir das, Bertuccio, denn es fängt wirklich an, mich zu interessieren!
    Und eine Arie aus der Oper Lucia trällernd, setzte sich der Graf auf eine Bank, während ihm Bertuccio, seine Erinnerungen sammelnd, folgte. Bertuccio blieb vor Monte Christo stehen.

Die Vendetta.
     
    Wo soll ich anfangen, Herr Graf? fragte Bertuccio.
    Wo Sie wollen, erwiderte Monte Christo, denn ich weiß von nichts.
    Die Sache geht in das Jahr 1815 zurück.
    Ah! ah! rief Monte Christo, 1815 ist lange her.
    Ja, gnädiger Herr, aber dennoch sind die geringsten Umstände meinem Gedächtnis so gegenwärtig, als wäre nur ein Tag vergangen. Ich hatte einen älteren Bruder, der dem Kaiser diente und Leutnant in einem ganz aus Korsen bestehenden Regiment war. Dieser Bruder war mein einziger Freund; wir waren, ich mit fünf, er mit achtzehn Jahren, Waisen; er zog mich auf, als wäre ich sein Sohn. Im Jahre 1814, unter den Bourbonen, verheiratete er sich; der Kaiser kam von der Insel Elba zurück, mein Bruder nahm sogleich wieder Dienste und zog sich, bei Waterloo leicht verwundet, mit der Armee hinter die Loire zurück. Eines Tages empfingen wir einen Brief von meinem Bruder. Er teilte uns mit, die Armee sei entlassen, und er werde über Clermont-Ferrand und Nimes zurückkommen; er bat mich, wenn ich etwas Geld hätte, es ihm durch einen Wirt in Nimes, mit dem ich in Verbindung stand, zukommen zu lassen. Ich liebte, wie gesagt, meinen Bruder zärtlich und war entschlossen, ihm das Geld selbst zu bringen. Ich besaß etwa tausend Franken, ließ fünfhundert davon Assunta, meiner Schwägerin, nahm die andern fünfhundert und begab mich auf den Weg nach Nimes. Dies bot keine Schwierigkeit; ich hatte meine Barke, auch einen Seetransport zu besorgen; alles begünstigte mein Vorhaben. Als aber die Ladung fertig war, wurde der Wind konträr, so daß wir vier oder fünf Tage nicht in die Rhone einlaufen konnten. Endlich gelang es uns; wir fuhren bis Arles hinaus, ließen die Barke zwischen Bellegarde und Beaucaire und schlugen den Weg nach Nimes ein. Es war die Zeit, wo die berüchtigten Metzeleien im Süden stattfanden. Wer des Bonapartismus verdächtig war, wurde von den Blutknechten des Royalismus erwürgt. In Nimes watete man buchstäblich im Blute, bei jedem Schritt stieß man auf Leichen; zu förmlichen Banden organisierte Mörder töteten, plünderten, sengten und brannten. Bei dem Anblicke dieser Schlächterei erfaßte mich ein Schauder, nicht für mich, den einfachen, korsischen Fischer, – denn ich hatte nicht viel zu befürchten, im Gegenteil, das war für uns Schmuggler eine gute Zeit, – sondern für meinen Bruder, der von der Loire-Armee mit seiner Uniform und seinen Epauletten zurückkam und folglich alles zu befürchten hatte. Ich lief zu unserm Wirte, meine Ahnungen hatten mich nicht getäuscht; mein Bruder war am Abend zuvor in Nimes angekommen und vor der Tür des Mannes, von dem er Gastfreundschaft forderte, ermordet worden. Ich tat alles in der Welt, um die Mörder in Erfahrung zu bringen, aber niemand wagte es, mir ihre Namen zu sagen, so sehr waren sie gefürchtet. Ich dachte nun an die französische Justiz, von der man mir so viel gesprochen hatte, und begab mich zum ersten Staatsanwalt.
    Und dieser Staatsanwalt hieß Villefort? fragte Monte Christo scheinbar gleichgültig.
    Ja, Exzellenz; er kam von Marseille, wo er Staatsanwaltsgehilfe gewesen war. Sein Eifer hatte seine Beförderung zur Folge gehabt. Er hatte, heißt es, als einer der ersten der Regierung die Landung von der Insel Elba angezeigt. Mein Herr, sagte ich zu ihm, mein Bruder ist in den Straßen von Nimes ermordet worden, ich weiß nicht von wem, aber das ist Ihre Sache. Sie sind hier der Chef der

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