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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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sie stahlen mir eine von den vieren. Ich hatte einen Blutpfirsich, einen einzigen, es ist gewiß eine seltene Frucht; nun, mein Herr, sie fraßen mir die Hälfte weg, auf der Mauerseite; es war ein herrlicher vortrefflicher Blutpfirsich; ich habe nie einen besseren gegessen.
    Sie haben ihn gegessen? fragte der Graf.
    Das heißt, Sie verstehen, die übrig gebliebene Hälfte. Ah! verdammt, diese Spitzbuben wählen sich nicht die schlechtesten Stücke. Doch in diesem Jahr, fuhr der Gartenfreund fort, wird mir das nicht wieder begegnen, und sollte ich die Früchte, bis sie vollends reif sind, die ganze Nacht hindurch hüten müssen.
    Monte Christo hatte genug gesehen. Jeder Mensch hat seine Leidenschaft, die sich in seinem Herzen festsetzt, wie der Wurm in der Frucht; die des Telegraphisten war die Gärtnerei.
    Er fing an, die Weinblätter abzupflücken, welche die Trauben vor der Sonne verbargen, und gewann sich dadurch das Herz des Gärtners.
    Der Herr ist wohl gekommen, um den Telegraphen zu sehen? fragte dieser.
    Ja, mein Herr, wenn es nicht durch die Vorschriften verboten ist?
    Oh! nicht im geringsten, da ja keine Gefahr dabei ist und auch niemand weiß oder wissen kann, was wir telegraphieren. Ist es Ihnen gefällig, mit mir hinaufzugehen?
    Ich folge Ihnen.
    Monte Christo trat in den in drei Stockwerke abgeteilten Turm; der unterste enthielt einiges Gartengerät, wie Spaten, Rechen, Gießkannen. Der zweite diente dem Angestellten als Wohn- und Schlafraum; er enthielt einen armseligen Hausrat, ein Bett, einen Tisch, zwei Stühle, ein steinernes Waschbecken und an der Decke getrocknete Kräuter, in denen der Graf spanische Bohnen und wohlriechende Erbsen erkannte. Es war alles so sorgfältig mit Etiketten versehen, wie im Pariser Botanischen Garten.
    Braucht man viel Zeit, um telegraphieren zu lernen? fragte Monte Christo.
    Das Studium dauert nicht lange, wohl aber die Zeit, die man als überzählig zu dienen hat.
    Und wieviel erhält man Gehalt?
    Tausend Franken, mein Herr.
    Das ist nicht viel.
    Nein, aber man hat freie Wohnung, wie Sie sehen.
    Monte Christo betrachtete sich das Zimmer.
    Wenn er nur nicht zu große Stücke auf seine Wohnung hält, murmelte er.
    Sie gingen in den dritten Stock, wo sich das Telegraphenzimmer befand. Monte Christo schaute den zierlichen Apparat an. Das ist sehr interessant, sagte er, aber in der Länge der Zeit muß Ihnen ein solches Leben etwas einförmig erscheinen.
    Ja, am Anfang, doch nach Verlauf von ein paar Jahren ist man daran gewöhnt, und während meiner freien Zeit gehe ich meiner Lieblingsbeschäftigung, der Gärtnerei, nach, pflanze, schneide, raupe, und so bleibe ich vor Langeweile bewahrt.
    Seit wie lange sind Sie hier?
    Seit zehn Jahren, und fünf Jahre als Überzähliger, das macht fünfzehn.
    Wie lange müssen Sie dienen, um Ruhegehalt zu bekommen?
    Oh! Herr, fünfundzwanzig Jahre.
    Und wieviel beträgt dieser Ruhegehalt?
    Hundert Taler.
    Arme Menschheit! murmelte Monte Christo.
    Was sagen Sie, mein Herr? fragte der Mann.
    Ich sage, es sei alles sehr interessant, was Sie mir zeigen ... setzt sich nicht soeben die Mechanik Ihres Apparates in Bewegung?
    Ah! es ist wahr, mein Herr.
    Und was sagt Ihnen Ihr Korrespondent?
    Er fragt mich, ob ich bereit sei, und wird sogleich eine Nachricht telegraphieren, die ich an die nächste Station weiterzubefördern habe.
    Mein lieber Herr, sagte Monte Christo, Sie lieben die Gärtnerei?
    Leidenschaftlich.
    Und Sie wären glücklich, wenn Sie statt einer Terrasse von zwanzig Fuß ein Grundstück von zwei Morgen hätten?
    Mein Herr, ich würde ein irdisches Paradies daraus machen.
    Mit Ihren tausend Franken leben Sie schlecht?
    Ziemlich schlecht; doch ich lebe.
    Ja; aber Sie haben einen elenden Garten.
    Es ist wahr, der Garten ist nicht groß.
    Und dabei noch voll von Murmeltieren, die alles auffressen. – Sagen Sie mir, wenn Sie das Unglück hätten, ein Telegramm zu übersehen, was geschähe dann?
    Ich würde wegen Nachlässigkeit um Geld gestraft.
    Um wieviel?
    Um hundert Franken, den zehnten Teil meines Einkommens.
    Ist Ihnen das schon begegnet? fragte Monte Christo.
    Einmal, mein Herr, während ich einen Rosenstock pfropfte.
    Gut. Wenn es Ihnen nun einfiele, etwas an dem Texte zu ändern oder ein anderes Telegramm dafür einzusetzen?
    Dann würde ich entlassen und verlöre mein Ruhegehalt. Sie begreifen daher, mein Herr, daß ich nie etwas dergleichen tun würde.
    Nicht einmal für fünfzehn Jahre Ihres Gehaltes?
    Für 15 000

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