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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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werde dir schreiben. Mein Gott! Maximilian, diese Heirat ist mir so verhaßt, wie dir.
    Gut! Gut! ich danke, meine angebetete Valentine. Nun ist alles abgemacht. Sobald ich die Stunde weiß, eile ich hierher, du springst über diese Mauer in meine Arme, es wird dir und mir nicht schwer fallen; ein Wagen erwartet uns an der Tür des Geheges, du steigst mit mir ein, ich führe dich zu meiner Schwester. Dort bleiben wir still oder schlagen Lärm, wie du es wünschest, und werden das Bewußtsein unserer Kraft und unseres Willens haben und uns nicht erwürgen lassen wie das Lamm, das sich nur durch einen Seufzer verteidigt.
    Es sei so, ich sage dir ebenfalls: Was du tust, das ist wohl getan. Bist du zufrieden mit deiner Frau? sagte das junge Mädchen traurig.
    Meine angebetete Valentine, ja sagen, heißt sehr wenig sagen.
    Sage es immerhin!
    Valentine hatte sich, oder vielmehr ihre Lippen dem Gitter genähert, und ihre Worte schlüpften mit ihrem duftenden Hauch auf Morels Lippen, der seinen Mund fest auf die andere Seite der kalten, unerbittlichen Scheidewand drückte.
    Auf Wiedersehen, flüsterte Valentine, sich diesem Glücke entreißend, auf Wiedersehen.
    Ich bekomme einen Brief von dir?
    Ja.
    Ich danke dir, Teure, auf Wiedersehen.
    Das Geräusch eines unschuldigen und verlorenen Kusses erscholl, und Valentine entfloh unter die Linden. Morel horchte auf die letzten Töne ihres an den Hecken streifenden Kleides und ihrer Füße, die den Sand knirschen ließen, schlug dann die Augen mit einem unaussprechlichen Lächeln zum Himmel auf, der es gestattete, daß er so geliebt wurde, und verschwand ebenfalls.
    Der junge Mann kehrte nach Hause zurück und wartete den ganzen Tag hindurch und den nächsten Tag, ohne etwas zu erhalten. Erst am zweiten Tage, gegen zehn Uhr morgens, als er eben zu Herrn Deschamps, dem Notar, gehen wollte, empfing er durch die Post ein Briefchen, das er sogleich als von Valentine herrührend, erkannte, obgleich er ihre Handschrift nie gesehen hatte.
    Es lautete folgendermaßen:
     
    Tränen, Bitten und Flehen, nichts hat gefruchtet. Gestern bin ich zwei Stunden lang in der Kirche Saint-Philippe du Roule gewesen und habe zwei Stunden aus dem Grunde meiner Seele zu Gott gebetet? Gott scheint mich nicht erhören zu wollen; die Unterzeichnung des Vertrags ist auf neun Uhr heute abend festgesetzt.
    Ich habe nur ein Wort, Morel, wie ich nur ein Herz habe, und dieses Wort ist dir verpfändet, dieses Herz gehört dir. Heute abend also, um drei Viertel auf neun Uhr, am Gitter.
     
    Deine Braut Valentine von Villefort.
     
    P. S.
    Mit meiner Großmutter geht es immer schlechter, gestern ist ihr gereizter Zustand in Delirium übergegangen, heute ist das Delirium beinahe Wahnsinn.
    Nicht wahr, du wirst mich sehr lieb haben, Morel, damit ich vergessen kann, daß ich sie in diesem Zustande verlassen habe?
    Ich glaube, man verhehlt vor Großpapa, daß die Unterzeichnung des Vertrags heute stattfinden soll.
     
    Morel begnügte sich nicht mit den Nachrichten von Valentine, er ging zum Notar, und dieser bestätigte ihm, die Unterzeichnung des Vertrags sei auf neun Uhr abends bestimmt. Dann begab er sich zu Monte Christo. Hier erfuhr er wieder am meisten. Franz war bei dem Grafen gewesen, um ihm die Feierlichkeit anzukündigen; Frau von Villefort hatte ihn in einem Briefe um Entschuldigung gebeten, daß sie ihn nicht einlade; doch es werde durch den Tod des Herrn von Saint-Meran und durch den Zustand, in dem sich seine Witwe befinde, über ihr Haus ein Schleier der Traurigkeit geworfen, der die Stirn des Grafen, dem sie jegliches Glück wünsche, nicht verdüstern solle. Am Abend war Franz der Frau von Saint-Meran vorgestellt worden, die aus Anlaß dieser Vorstellung das Bett verließ, sich dann aber sogleich wieder niederlegte.
    Morel befand sich, wie sich dies leicht begreifen läßt, in einem so aufgeregten Zustande, daß es dem durchdringenden Auge des Grafen nicht entgehen konnte; Monte Christo war auch freundlicher und liebevoller gegen ihn, als je, so liebevoll, daß Maximilian wiederholt auf dem Punkte war, ihm alles zu sagen. Doch er erinnerte sich des förmlichen Versprechens, das er Valentine gegeben hatte, und sein Geheimnis blieb im Grunde seines Herzens.
    Der junge Mann las an diesem Tag zwanzigmal Valentines Brief. Es war das erste Mal, daß sie ihm schrieb, und aus welcher Veranlassung! So oft er ihre Worte wieder las, erneuerte er bei sich den Schwur, Valentine glücklich zu machen. Welche Macht

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