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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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gewöhnlichen Zustande. Die Läden des Erdgeschosses werden geschlossen, das genügt.
    Baptistin verbeugte sich und ging.
    Der Graf ließ sagen, er werde allein speisen und wolle nur von Ali bedient werden. Er aß mit seiner gewöhnlichen Ruhe und Mäßigkeit, bedeutete darauf Ali durch ein Zeichen, er solle ihm folgen, entfernte sich durch die kleine Tür, wandte sich zum Bois de Boulogne, als wolle er spazieren gehen, schlug den Weg nach Paris ein, und befand sich mit Einbruch der Nacht vor seinem dortigen Hause.
    Monte Christo lehnte sich an einen Baum und übersah die doppelte Allee, betrachtete die Vorübergehenden und tauchte seinen Blick in die nächsten Straßen, um zu sehen, ob nicht irgend jemand im Hinterhalt liege. Nach Verlauf von zehn Minuten hatte er sich völlig überzeugt, daß ihn niemand belauere. Er lief sogleich mit Ali nach der kleinen Tür, trat rasch ein und erreichte auf der Gesindetreppe, zu der er den Schlüssel hatte, sein Schlafzimmer, ohne einen einzigen Vorhang zu öffnen oder zu verschieben, ohne daß der Portier im Dienerhause seine Rückkehr vermuten konnte.
    In seinem Schlafzimmer hieß er Ali still stehen, dann ging er in das Kabinett, verschloß den Sekretär doppelt, nahm den Schlüssel an sich, kehrte zur Tür des Schlafzimmers zurück, riß die doppelte Schließkappe des Riegels ab und ging hinein.
    Währenddessen legte Ali auf einen Tisch die Waffen, die der Graf befohlen hatte, nämlich einen kurzen Karabiner und ein Paar Doppelpistolen, deren übereinanderliegende Läufe auf das sicherste zu zielen gestatteten. So bewaffnet, hielt der Graf das Leben von fünf Personen in seinen Händen.
    Es war halb zehn Uhr. Der Graf und Ali aßen eilig ein Stück Brot und tranken ein Glas spanischen Wein; dann schob Monte Christo ein bewegliches Stück Wand beiseite, eine Vorrichtung, wie er sie in verschiedenen Zimmern hatte anbringen lassen, so daß er das ganze Nebenzimmer übersehen konnte. Pistolen und Karabiner lagen im Bereich seiner Hand, und Ali stand neben ihm, mit einer kleinen arabischen Axt bewaffnet.
    Durch ein Fenster des Schlafzimmers, das parallel mit dem des Kabinetts lag, konnte der Graf auf die Straße sehen. So vergingen zwei Stunden. Es herrschte die tiefste Finsternis, und dennoch unterschied Ali vermöge seiner natürlichen Anlage und der Graf, vermöge der auf If erfolgten Anpassung das schwächste Zittern der Bäume im Hofe. Das Licht in der Portierloge war schon seit lange erloschen.
    Es war anzunehmen, daß der Angriff, wenn überhaupt, durch die Treppe des Erdgeschosses und nicht durch ein Fenster erfolgen würde. Nach der Ansicht des Grafen wollten die Mörder sein Leben und nicht sein Geld. Daher wollten sie wahrscheinlich in sein Schlafzimmer dringen und dahin entweder auf der Geheimtreppe oder durch das Fenster des Kabinetts gelangen.
    Er stellte Ali an die Tür der Treppe und überwachte fortwährend das Kabinett. Es schlug drei Viertel auf zwölf Uhr im Invalidenhause; der Westwind brachte auf seinen feuchten Schwingen den düstern Ton der drei Schläge. Als der letzte Schlag erstarb, glaubte der Graf ein leichtes Geräusch auf der Seite des Kabinetts zu hören. Auf dieses erste Geräusch folgte ein zweites, dann ein drittes; bei dem vierten wußte er, woran er war. Eine feste und geübte Hand war beschäftigt, die vier Seiten einer Scheibe mit einem Diamanten zu durchschneiden.
    Der Graf fühlte, wie sein Herz rascher schlug; er machte jedoch nur ein Zeichen, um Ali in Kenntnis zu setzen. Dieser trat einen Schritt näher zu seinem Herrn.
    Monte Christo war begierig, zu erfahren, mit welchen und mit wieviel Feinden er es zu tun habe. Das Fenster, an dem gearbeitet wurde, lag der Öffnung gegenüber, durch die der Graf das Kabinett überblickte. Seine Augen richteten sich nach diesem Fenster; er sah einen dichteren Schatten von der Finsternis sich abheben, dann wurde eine Scheibe völlig undurchsichtig, als ob man von außen ein Blatt Papier daran klebte, und endlich krachte die Scheibe, ohne zu fallen. Durch die im Fenster bewerkstelligte Öffnung streckte sich ein Arm herein, der den inneren Riegel suchte. Eine Sekunde nachher drehte sich das Fenster auf seinen Angeln, und ein Mensch kam herein. Dieser Mensch war allein.
    Das ist ein kecker Bursche, murmelte der Graf.
    In diesem Augenblicke fühlte er, daß ihn Ali leicht an der Schulter berührte; er wandte sich um. Ali deutete auf das nach der Straße gehende Fenster des Zimmers. Monte Christo machte

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